Ostdeutschland – innovative Werkstatt für die Modernisierung des Berufsbildungssystems in Deutschland?

Ausbildungsbetriebe, außerbetriebliche Bildungszentren und beruflichen Schulen in Ostdeutschland haben in den vergangenen Jahren vielfältige kooperative Ausbildungsformen entwickelt, um der schwierigen Ausbildungsplatzsituation mit innovativen Lösungen zu begegnen. Im Rahmen des vom Bund und den ostdeutschen Ländern zu gleichen Teilen finanzierten Ausbildungsprogramms Ost wurden u.a. außerbetriebliche und betriebliche Ausbildungswege zu einer betriebsnahen Ausbildung verzahnt und die schulische Berufsausbildung z.B. in gewerblichen Berufen in Lernortkooperation mit außerbetrieblichen Ausbildungsstätten ermöglicht. 1,1 Mrd. € stellte allein der Bund im Zeitraum von 1993 bis 2004 dafür bereit. Trotz sich verändernder finanzieller und demografischer Bedingungen sollten diese kooperativen Ausbildungsformen auch zukünftig unterstützt werden: Sie sind weiterhin notwendig, um ausreichende Ausbildungsmöglichkeiten zu bieten, sie haben ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt und sie beinhalten innovative Ansätze für die Entwicklung der Berufsbildung in Deutschland.

Zu dieser gemeinsamen Einschätzung gelangten Vertreter/innen aus Wissenschaft, Politik und von Bildungsträgern auf dem vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) gemeinsam mit dem Zentrum für Sozialforschung Halle an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (zsh) veranstalteten Workshop „Zwischen Markt und Förderung – Wirksamkeit und Zukunft von Ausbildungsstrukturen in Ostdeutschland“. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die von beiden Institutionen zu unterschiedlichen Fragen durchgeführten Forschungsvorhaben.

So hat eine aktuelle BIBB-Befragung u.a. ergeben, dass Ausbildungsteilnehmer/innen ebenso wie Bildungsträger die von außerbetrieblichen Berufsbildungsstätten und Betrieben im Verbund durchgeführte Ausbildung mit ihrem hohen betriebspraktischen Anteil überwiegend positiv beurteilen (s. dazu BIBB-Pressemitteilung 37/2005 vom 15.09.2005). Bestätigt wird diese positive Bewertung durch die Erfolgsquote bei den Abschlussprüfungen – mit 80% liegt sie über dem Durchschnitt der neuen Länder insgesamt. Und es hat sich gezeigt, dass im Rahmen des Ausbildungsprogramms Osts überproportional häufig in neuen, modernen Berufen ausgebildet wurde.

Die Teilnehmer/innen des Workshops betonten in diesem Zusammenhang, dass die überwiegend kleinen und oft hoch spezialisierten Betriebe Ostdeutschlands, die sich bei der Ausbildung besonders qualifizierter Fachkräfte engagieren, vielfach auf die Dienstleistungen von Bildungsträgern angewiesen sind.

Die aktuelle Untersuchung des zsh zu den Zukunftsperspektiven der Berufsausbildung in den neuen Ländern und der Rolle der Bildungsträger hat hier einen hohen Veränderungsdruck festgestellt: Vier von fünf Trägern gehen für die nächsten Jahre davon aus, dass die Nachfrage nach Dienstleistungen bei der Erstausbildung deutlich zurückgehen wird, und 70 % rechnen damit, dass in diesem Bereich auch die öffentliche Förderung reduziert werden wird. Dies mögen Gründe sein, warum sich bereits jetzt mehr als jeder dritte Bildungsträger (35 %) auf Angebote rund um die berufliche Ausbildung ohne öffentliche Förderung einrichtet. Ihre Zukunft sehen sie als ’Moderne Bildungsdienstleister’ mit einer engen Verzahnung von Qualifizierungs- und Beratungsangeboten auf dem Gebiet der beruflichen Aus- und Weiterbildung und Personalentwicklung.

Fazit des Workshops:

· Die in den letzten Jahren in Ostdeutschland realisierten neuen kooperativen Ausbildungsmodelle enthalten wichtige Ansätze, deren Eignung für die Modernisierung der Berufsausbildung zu untersuchen ist.

· Öffentliches Engagement in der Berufsausbildung wird auch künftig unerlässlich sein. Dabei muss es – gegründet auf einem breiten Konsens – schrittweise zu einer neuen Balance zwischen staatlicher und betrieblicher Finanzierung kommen.

Die auf dem Workshop präsentierten Vortragsfolien stehen im Internet zur Verfügung und sind abrufbar unter www.bibb.de/de/22097.htm

Weitere Ergebnisse des BIBB und des zsh zu diesem Thema im Internet unter www.bibb.de/de/wlk8305.htm

Zum Projekt des zsh „Zukunftsperspektiven der Berufsausbildung in den neuen Ländern und die Rolle der Bildungsträger“ s. im Internet unter www.zsh-online.de/projekte.html

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