Frühzeitige Ansätze zur Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit

Institut Arbeit und Technik begleitete Modellprojekte der Krupp-Stiftung

„Null Bock“ auf Schule? Kein Ausbildungsplatz, kein Job in Sicht? Keine Perspektive für die Zukunft? Der Weg in die Jugendarbeitslosigkeit lässt sich trotzdem vermeiden. „Die Mehrzahl der Jugendlichen, die als benachteiligt, gescheitert und problematisch gelten, lässt sich motivieren, wenn ihnen eine realistische Perspektive aufgezeigt wird, wenn sie gefordert werden und ihnen Verantwortung übertragen wird“, stellen die IAT-Arbeitsmarktforscher Dr. Sirikit Krone und Josef Muth fest. Förderprojekte müssen deshalb schon in der Schule starten und Jugendliche frühzeitiger, umfassender und gezielter als bisher auf den Lehrstellen- und Arbeitsmarkt vorbereiten.

Das Institut Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) hat das von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung 1998 mit einem Volumen von 15 Millionen Euro aufgelegte Förderprogramm „Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit“ wissenschaftlich begleitet. Im Rahmen des Programms sollten wie in einer „Modellwerkstatt“ neue Initiativen und Konzepte entwickelt werden, die zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit beitragen. Ein Schwerpunkt waren schulbezogene Projekte, die präventiv ansetzen. Der Abschluss-Projektbericht ist jetzt erschienen.

Die Quote der arbeitslosen Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren ist in den letzten Jahren von 4,4 Prozent 1990 auf über zehn Prozent gestiegen. Folgen der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt sind zunehmend Ausbildungsabbrüche, „unproduktive Warteschleifen“ in Fördermaßnahmen sowie eine kontinuierlich und stark wachsende Gruppe von Schulverweigerern, die sich mangels Perspektiven für die Zukunft völlig aus dem Bildungs- und Beschäftigungssystem ausgeklinkt haben. Nach Einschätzung von Experten sind bereits in der 5. Klasse etwa 10 bis 15 Prozent der Schüler als „schulmüde“ einzustufen. Problemgruppen sind zudem Sonderschüler und Jugendliche ohne Schulabschluss. Der Ungelerntenanteil in dieser Gruppe liegt bei 58 Prozent. Weitere Problemgruppe sind Jugendliche nichtdeutscher Herkunft zwischen 15 und 20 Jahren. Sie sind lediglich zu 64 Prozent in das Bildungssystem einbezogen, bei den gleichaltrigen deutschen Jugendlichen dagegen 93 Prozent – die Benachteiligung setzt sich in Ausbildung und Beruf fort.

Die vom IAT begleiteten Projekte zeigen beispielhaft, wie die Chancen von benachteiligten Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt bereits frühzeitig gezielt verbessert werden können. Beim Modellprojekt „Jobcoaching“ wurden Sonderschüler beim Übergang von der Schule in eine Ausbildung oder Berufstätigkeit begleitet. Studenten sozialpädagogischer Studiengänge, die dabei gleichzeitig Praxis erfahren, betreuen die Schüler intensiv, helfen bei der Berufsorientierung, bei Kontakten mit dem Arbeitsamt und Betrieben, vermitteln Praktika, machen Bewerbungstraining und üben grundlegende Sozialkompetenzen ein. Die Initiatoren hoffen, dass das erfolgreiche Projekt in die Regelausbildung für Sonderpädagogen aufgenommen wird.

Das Projekt „Statt-Schule“ in Essen wendet sich an Schulverweigerer zwischen 13 und 16 Jahren. Über die Erfahrungen, die die Jugendlichen hier im mehr arbeitsweltbezogenen Unterricht machen, bauen sie neues Selbstbewusstsein auf, eine unabdingbare Voraussetzung für eine aktive, eigenverantwortliche Zukunft. Die Mehrzahl der „Statt-Schüler“ konnte in die Regelschule reintegriert werden oder ging in Förderlehrgänge über.

Mit dem Projekt „Sprachförderung für junge Migrant/innen“ sollen zum einen die Lernpotentiale von Schülern nichtdeutscher Herkunft besser ausgeschöpft und Lehramtsstudenten für ihre spätere Arbeit mit Ausländerkindern zusätzlich qualifiziert werden. Die Schüler werden gefördert und ermuntert, einen möglichst hohen Bildungsabschluss anzustreben. Im langjährigen Projekt „Förderunterricht für Kinder und Jugendliche ausländischer Herkunft“ an der Universität Essen werden inzwischen ca. 700 Jugendliche aus unterschiedlichen Herkunftsländern betreut. Als Projekte gegen den Lehrstellenmangel wurden zudem die Essener Initiative „Ausbildung meistern“ und die „Aktion Courage“ gefördert, die beide das Ziel verfolgten, ausländische Unternehmen als Ausbildungsbetriebe zu gewinnen.

Mit Förderangeboten an den Schulen überschreitet die aktive Arbeitsmarktpolitik die traditionellen Grenzen ihres bisherigen Aktionsfeldes. „Die Abstimmung und Kooperation mit anderen Politikfeldern – insbesondere der Bildungspolitik – wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen“, vermuten Sirikit Krone und Josef Muth. Das NRW-Programm „Betrieb und Schule“ wie auch das „Job-Aqtiv-Gesetz“ erweitern die Instrumentenpalette. Die Projekte aus dem Programm „Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit“ der Krupp-Stiftung sind dabei ein Ideenpool, aus dem einige Förderkonzepte in die Regelförderung übernommen werden sollten.

Für weitere Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:
Dr. Sirikit Krone, Tel.: 0209/1707-248
Josef Muth, Tel.: 0209/1707-123

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Claudia Braczko idw

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