Studiengebühren könnten soziale Selektion verschärfen

„Die Studiengebührenfreiheit und die Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sichern jungen Menschen aus einkommensschwachen Familien den Zugang ins Studium. Sie realisieren ein Stück Chancengerechtigkeit. Studiengebühren dagegen verteuern das Studium und schaffen für viele Studierwillige neue Hürden, weil es in Deutschland kein ausgebautes Stipendiensystem gibt“, erklärte der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW), Achim Meyer auf der Heyde, vor der heutigen mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts zum Hochschulrahmengesetz.

Nach der aktuellen Sozialerhebung des DSW finanzierten sich gerade einmal 2% der rund 2 Millionen Studierenden unter anderem mit Stipendien. „Die Einführung von Studiengebühren könnte die im deutschen Bildungssystem ausgeprägte soziale Selektion noch verschärfen“, befürchtet Meyer auf der Heyde. Zudem dürften unterschiedliche Gebühren in Abhängigkeit von Hochschule und Studiengang die Freiheit der Berufswahl einschränken.

In der heutigen mündliche Anhörung zur sechsten Novelle des Hochschulrahmengesetzes geht es in Karlsruhe um die Frage, ob die Bundesregierung in dem Gesetz weiterhin die Studiengebührenfreiheit bundesweit vorschreiben darf. Sechs Bundesländer haben dagegen im Mai 2003 Klage eingereicht. Das Deutsche Studentenwerk als Dachverband der 61 örtlichen Studentenwerke gibt darüber hinaus grundsätzlich zu bedenken:

Studiengebühren könnten die soziale Selektion verschärfen

Die soziale Herkunft und der Geldbeutel der Eltern entscheiden darüber, wer in Deutschland ein Studium aufnimmt. Die soziale Zusammensetzung der Studierenden hat sich seit 1982 deutlich verändert, wie die Sozialerhebungen des DSW belegen: Die Quote der Studierenden aus einkommensschwachen Elternhäusern ist von 23% auf 13% gesunken, während der Anteil der Studierenden aus einkommensstarken Familien von 17% auf 33% angewachsen ist. Nur 8 von 100 Kindern aus ärmeren Haushalten nehmen heute ein Studium auf. Studiengebühren könnten diese soziale Selektion noch verschärfen.

Studiengebühren belasten die Eltern

Eltern sind gegenüber ihren studierenden Kindern unterhaltspflichtig, auch wenn diese volljährig sind. Würden nun Studiengebühren eingeführt, erhöhte sich automatisch auch die elterliche Unterhaltspflicht. Mit anderen Worten: Studiengebühren müssen nicht die Studierenden selbst zahlen, sondern ihre Eltern. Auch das würde gerade die einkommensschwachen Familien zusätzlich belasten.

Studiengebühren lassen sich derzeit nicht sozial verträglich einführen

Von einzelnen Bundesländern, Hochschulen und Parteien liegen zahlreiche Modelle für Studiengebühren vor. Sie alle behaupten, Studiengebühren könnten über Stipendien sozial verträglich gestaltet werden. Tatsache ist: Von einem wirklich ausgebauten Stipendiensystem ist Deutschland weit entfernt. Zwar gibt es in Deutschland circa 150 Stipendiengeber sowie die zwölf Begabtenförderungswerke, aber sie erreichen mit 2% nur einen verschwindend geringen Anteil der Studierenden.

Media Contact

Stefan Grob idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Bildung Wissenschaft

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer