Agieren im stagnierenden Forschungsmarkt

Die Entwicklung der Fraunhofer-Gesellschaft im Jahr 2003 ist geprägt von den verschärften Rahmenbedingungen auf allen drei Säulen der Finanzierung: Nullrunde und Zuwendungskürzung bei der Grundfinanzierung, Rückgang bei der öffentlichen Projektförderung und Stagnation auf dem Vertragsforschungsmarkt mit der Wirtschaft. Diesen Herausforderungen begegnet die Fraunhofer-Gesellschaft durch eine Doppelstrategie: Sie reduziert die Aufwendungen und versucht, die Erträge zu stabilisieren und sogar noch zu steigern. Gleichzeitig werden konsequente Effizienzsteigerungen in Forschung und in Verwaltung durchgeführt und die Forschungsplanung zur Ausrichtung auf künftige innovative Felder intensiviert.

Im Jahre 2003 wird die Fraunhofer-Gesellschaft zwar nominell ein wenig wachsen – um etwa 10 Mio Euro auf 1 085 Mio Euro Forschungsvolumen, real aber schrumpfen, weil dieser Anstieg unterhalb der Lohn- und Preissteigerung liegt. Das bedeutet, dass ein geringfügiger Kapazitätsabbau stattfindet. Dennoch ist Fraunhofer-Präsident Prof. Hans-Jörg Bullinger mit dem Ergebnis zufrieden: »Unsere Hochrechnungen im Frühjahr hatten einen Rückgang prognostiziert. Dass wir noch zulegen und die Erträge steigern konnten, zeigt wie leistungsfähig unsere Institute sind und wie flexibel sie reagieren können.« Um auch in den nächsten Jahren die Erträge stabilisieren oder steigern zu können, wird die Fraunhofer-Gesellschaft das Marketing erweitern und professionalisieren. Außerdem wird sie ihr Technologieportfolio durch eine umfassende Analyse der internationalen Forschungstrends noch klarer auf die zukunftsträchtigen Gebiete ausrichten. Multidisziplinäre Themenfelder müssen kollaborativ erschlossen werden. Durch vernetztes Forschen und einheitliches Auftreten am Markt will die Fraunhofer-Gesellschaft gegenüber ihren Wettbewerbern ein eindeutiges Alleinstellungsmerkmal herausbilden.

Eine Analyse der Kunden der Fraunhofer-Gesellschaft zeigt, dass sie bei großen Konzernen – zum Beispiel aus der Automobilbranche – ein ebenso akzeptierter Forschungspartner ist wie bei kleinen und mittleren Unternehmen. Mit 45 Prozent kommt fast die Hälfte der Wirtschaftserträge aus kleinen und mittleren Unternehmen. Diese Wirkung in den Mittelstand hinein ist einzigartig und belegt, wie intensiv die Fraunhofer-Gesellschaft ihre Brückenfunktion zwischen Wissenschaft und Wirtschaft wahrnimmt und zum Technologietransfer in die kleinen Unternehmen beiträgt. Gerade in Zeiten, in denen viele Unternehmen die eigenen Forschung- und Entwicklungsabteilungen abbauen, sind die Fraunhofer-Institute zum unverzichtbaren Forschungspartner und Motor der Innovation geworden.

Das hohe Renomée der Fraunhofer-Gesellschaft in der Öffentlichkeit als moderne und dynamische Forschungseinrichtung drückt sich auch in der Beliebtheit als Arbeitgeber aus. Die jüngste Umfrage zeigt, dass Hochschulabgänger die Fraunhofer-Gesellschaft als attraktiven Arbeitgeber schätzen. Sie liegt bei den Absolventen der Ingenieurwissenschaften an sechster, bei den Informatikern an dritter Stelle. Dies ist umso bemerkenswerter als die Fraunhofer-Gesellschaft finanziell erheblich weniger bieten kann als die Industrie.

Insgesamt ist jedoch bei der Fraunhofer-Gesellschaft in den nächsten Jahren kein personelles Wachstum zu erwarten. Dadurch ist der Spielraum für den Aufbau zusätzlicher Kapazitäten enger geworden. Dennoch konnte der Senat auf seiner Sitzung am 21. Oktober in Düsseldorf entscheiden, die Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Elektronische Medientechnologie in Ilmenau in das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT umzuwandeln. Die im Jahr 2000 als Teil des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen gegründete Arbeitsgruppe hat sich unter der Leitung von Prof. Karl-Heinz Brandenburg in wenigen Jahren so erfolgreich entwickelt, dass die Umwandlung in ein Institut schon jetzt angebracht ist.

Die Fraunhofer-Gesellschaft beteiligt sich aktiv an der Ausgestaltung des Europäischen Forschungs- und Innovationsraums. Die Beteiligung an den von der Europäischen Union geförderten Projekten ist ein strategisch wichtiges Element zur Vernetzung mit den Forschungseinrichtungen und den Unternehmen Europas. Im 6. Forschungsrahmenprogramm der EU spielen »Integrierte Projekte« eine besondere Rolle. In ihnen werden mit Partnern aus ganz Europa innovative Gesamtlösungen erarbeitet. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat bei den ersten zwei großen Ausschreibungen hervorragend abgeschnitten und für acht solcher Integrierter Projekte die Aufgabe des Managements erhalten. Ein Beispiel, ist das Projekt »Intelligent Materials for Active Noice Reduction – InMAR«. Die Koordination des 34 Mio-Euro-Projekts hat das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit LBF gemeinsam mit dem Fachgebiet Systemzuverlässigkeit im Maschinenbau der Technischen Universität Darmstadt übernommen. Ziel ist die Entwicklung neuer, intelligenter Materialsysteme zur aktiven Lärmreduktion.

Trotz solcher positiven Aspekte sind die Aussichten für die kommenden beiden Jahre zwiespältig: Einerseits gibt es einen leichten Optimismus durch die zu erwartende wirtschaftliche Erholung. Andererseits bereitet der Rückgang der öffentlichen Förderung wachsende Sorgen. Denn die Einbrüche in der öffentlich finanzierten Vorlaufforschung können nicht ohne Schaden für die Qualität der Vertragsforschung kompensiert werden. Wenn die Mittel für Investitionen und für die Entwicklung neuer Technologien fehlen, wird die Zukunfts-fähigkeit der Fraunhofer-Gesellschaft belastet. »Um gemeinsam optimistisch nach vorne schauen zu können«, mahnt Bullinger, »brauchen wir neben den eigenen Anstrengungen auch die Verlässlichkeit einer nachhaltigen Forschungsförderung.«

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Fraunhofer-Gesellschaft

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