Globale Spannungen belegen die Notwendigkeit sicherheitsrelevanter Spitzenforschung auf EU-Ebene

Die derzeitigen globalen Spannungen und Bedrohungen der Sicherheitslage machen ein ernsthaftes politisches Engagement für ein europäisches Weltraumprogramm immer wichtiger, das in der Lage ist, die europäischen Interessen zu schützen und die Sicherheit der Bürger Europas zu erhöhen, sagte Philippe Busquin, für Forschung zuständiges Mitglied der Europäischen Kommission, heute auf einer Konferenz zum Thema „Europäische Sicherheit und der Weltraum“.

Er betonte, dass jede künftige europäische Raumfahrtpolitik unbedingt eine Sicherheitskomponente umfassen muss. Am 21. Januar nahm die Kommission das Grünbuch zur europäischen Raumfahrtpolitik an, in dem eine globale EU-Raumfahrtpolitik gefordert wird, die auch im kommenden EU-Vertrag verankert werden soll. In dieser Woche veröffentlichte Daten zeigen, dass fehlende Abstimmung und die breite Streuung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten die Effizienz der wehrtechnischen Forschung in der EU mindern. Im Anschluss an die am 11. März 2003 vorgelegte Mitteilung zur europäischen Rüstungspolitik wird die Kommission die Mitgliedstaaten, die Industrie und die Wissenschaft aufrufen, gemeinsame Bedürfnisse im Bereich der Forschung, die mit der globalen Sicherheit im Zusammenhang steht, zu ermitteln. Sie wird auch Initiativen ergreifen, um solche Forschungsarbeiten auf EU-Ebene zu koordinieren, und sich dabei auf eine beschränkte Zahl von Schlüsseltechnologien konzentrieren, zu denen möglicherweise auch Raumfahrtanwendungen gehören werden.

„Die Sicherheit ist ein Schlüsselelement der europäischen Raumfahrtpolitik“, erläuterte Kommissar Busquin. „Die globalen Spannungen, die wir heute erleben, sind ein unwiderlegbares Argument für Investitionen in ein wirksames Raumfahrtprogramm, das unseren Sicherheitsbedürfnissen entspricht, seien sie ziviler oder militärischer Art. Wenn China bis Ende des Jahres Astronauten in den Weltraum schicken kann, gibt es keinen Grund, warum Europa nicht das Raumfahrtpotenzial entwickeln kann, das Grundlage einer glaubwürdigen Sicherheitspolitik ist. Wir verfügen in Europa über das technische Know-how, aber wir müssen uns besser organisieren, um unsere Ziele zu definieren und sie zu verwirklichen.“

Die Sicherheitsdimension der EU-Raumfahrtpolitik

Am 21. Januar 2003 veröffentlichte die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ein Grünbuch und leitete eine umfassende Konsultation zur europäischen Raumfahrtpolitik ein. Im Laufe des Jahres werden sich daraus ein Weißbuch und ein Aktionsplan als Grundlage einer schlüssigen EU-Raumfahrtpolitik ergeben.

Die Sicherheitsdimension ist ein Thema des Grünbuchs. Die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik soll der Europäischen Union die Fähigkeit verleihen, autonom zu entscheiden und zu handeln, auch im Hinblick auf einen globalen Ansatz für das Krisenmanagement, einschließlich der Konfliktvermeidung, wobei verschiedene zivile und/oder militärische Mittel eingesetzt werden können. Weltraumgestützte Systeme sind dabei das Hauptwerkzeug für die Sammlung, Übermittlung und Verbreitung von Informationen auf globaler Ebene.

Das Grünbuch regt auch die Erörterung der Frage an, wie Art und Umfang der Raumfahrtkapazitäten besser festgelegt und verdeutlicht werden können, die zur Erreichung der politischen Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erforderlich sind.

Die Sicherheitsdimension der Raumfahrt muss genutzt werden, wenn Europa in der Lage sein soll, die Petersberg-Aufgaben wahrzunehmen und seiner Rolle als internationale Macht gerecht zu werden. Der Bericht zur Luft- und Raumfahrtstrategie für das 21. Jahrhundert (Strategic Aerospace Review, STAR 21), der im Juli 2002 von führenden Branchenvertretern, Mitgliedern der Europäischen Kommission, dem Hohen Vertreter des Rates für Außen- und Sicherheitspolitik und Mitgliedern des Europäischen Parlaments vorgelegt wurde, ruft die EU gleichfalls auf, eine satellitengestützte Verteidigungs- und Sicherheitskapazität auf gänzlich europäischer Basis zu errichten.

Im Jahr 2001 startete die Kommission die GMES-Initiative, einen ersten Schritt in diese Richtung. Sie bezweckt die Schaffung einer autonomen europäischen Kapazität für die Erdbeobachtung und Überwachung, wobei anfangs weltraumgestützte Mittel, die auf nationaler oder bilateraler Ebene vorhanden sind, auf europäischer Ebene gebündelt werden. Zu den Anwendungen gehören die Sammlung, Überwachung und Auswertung von Informationen für verschiedene Politikbereiche, unter anderem auch solche, die mit der globalen Sicherheit in Zusammenhang stehen.

In Europa sind verschiedene Beobachtungssatelliten für militärische Zwecke vorhanden oder in Entwicklung, z. B. Helios, Sar-Lupe, Cosmo-Skymed or Pléiades. Es gibt aber auf europäischer Ebene noch kein operationelles System für die militärische Nutzung. Noch in diesem Jahr wird die Kommission mit Unterstützung der ESA dem Ministerrat Optionen für den Aufbau einer GMES-Architektur bis 2008 vorschlagen.

Sicherheitsrelevante Spitzenforschung in der EU

Die EU liegt bei der sicherheitsrelevanten Forschung weit hinter den USA zurück. Die Haushalte der EU-Mitgliedstaaten für wehrtechnische Forschung und Entwicklung machen nur ein Fünftel dessen aus, was die USA aufwenden (10 Mrd. € verglichen mit 54 Mrd. € jährlich). Zivile und militärische Ausgaben stehen in Europa in einem Verhältnis 1:5, während die beiden Komponenten in den USA gleich groß sind. In den USA stammen drei Viertel der Mittel für die Raumfahrtindustrie aus Aufträgen der NASA und des Verteidigungsministeriums, während in Europa nur die Hälfte aus institutionellen Quellen kommt. In allen Mitgliedstaaten, ausgenommen Spanien, sind die FuE-Ausgaben unverändert geblieben oder im Laufe des Jahrzehnts real zurückgegangen (in Frankreich um 49 % und im Vereinigten Königreich um 27 %).

Um diesem Trend Einhalt zu gebieten, muss Europa einen schlüssigen Ansatz zur sicherheitsrelevanten Spitzenforschung finden. Die Kommission will daher Initiativen unterstützen, die die Zusammenarbeit bei der Spitzenforschung im Bereich der globalen Sicherheit fördern.

Zu diesem Zweck wird die Kommission im Laufe des Jahres eine hochrangige Gruppe aus Vertretern der Mitgliedstaaten, der Industrie und von Forschungsorganisationen zusammenrufen. Die Gruppe wird eine Agenda für die europäische Spitzenforschung mit dem Schwerpunkt auf der globalen Sicherheit und Vorschläge für deren Umsetzung ausarbeiten. Die Kommission beabsichtigt, eine vorbereitende Maßnahme zur Umsetzung spezifischer, konkreter Elemente dieser Spitzenforschungsagenda einzuleiten, um Erfahrungen mit den Modalitäten und vorrangigen Sachgebieten zu gewinnen, damit eine effiziente europäische Zusammenarbeit in diesem Forschungsbereich gewährleistet ist.

Ein besonderer Workshop „Weltraum und Sicherheit“ des griechischen Ratsvorsitzes in Athen am 8. und 9. Mai 2003 unterstreicht die Bedeutung dieses Themas zusätzlich.

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Fabio Fabbi Europäische Kommission

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