Bekämpfung des "Brain drain": Kommission sieht 1,580 Mrd. € für Humanressourcen in der Wissenschaft vor

Die Europäische Kommission wendet 1,580 Mrd. € auf, um der Abwanderung von Wissenschaftlern aus der EU in andere Teile der Welt entgegenzuwirken – ein Anstieg um nahezu 50 % gegenüber dem vorherigen Forschungsprogramm. Dieser Betrag stellt beinahe 10 % der verfügbaren Haushaltsmittel dar. Die Abwanderung von Wissenschaftlern aus Europa lässt sich zwar nur schwer beziffern, sie ist jedoch eine Realität. Viele der besten europäischen Forscher sind offenbar sehr daran interessiert, in ein anderes Land, besonders in die Vereinigten Staaten, abzuwandern. Durch diesen Verlust an humanem und intellektuellem Reichtum wird die europäische Wissenschaft wertvoller Ressourcen beraubt. Höhere Einkommen und bessere Forschungsmöglichkeiten außerhalb der EU veranlassen die Forscher, ihren Auslandsaufenthalt über eine normale Ausbildungsperiode hinaus zu verlängern und demzufolge den gewinnbringendsten Teil ihrer Arbeit in anderen Teilen der Welt durchzuführen. In ihrem sechsten Forschungsrahmenprogramm (FP6) stockt die Kommission den Anteil der für Humanressourcen vorgesehenen Mittel um 50 Prozent auf: von 1,1 Mrd € auf 1,58 Mrd €. Das ist die stärkste Erhöhung eines Einzelpostens unter allen vorrangigen Forschungsvorhaben zwischen dem fünften und dem sechsten RP. „Diese Investition soll unter anderem in Form von Finanzhilfen für die verstärkte Rückkehr und Wiedereingliederung von Forschern erfolgen“, erklärte der EU-Forschungskommissar, Philippe Busquin. „Weitere Schwerpunkte sind die Einrichtung eines europäischen Netzes von Zentren zur gezielten Unterstützung von Forschern, die Verbesserung internetgestützer Informationsdienste und der Wissenstransfer in die weniger entwickelten Regionen der Union und die Kandidatenländer“. Weitere Initiativen der Kommission zur Bekämpfung der Abwanderung von Wissenschaftlern betreffen die Beseitigung rechtlicher und administrativer Hindernisse für die Mobilität von Wissenschaftlern (beispielsweise in Bezug auf die Einwanderungsbedingungen, die soziale Sicherheit, die Anerkennung der Diplome, usw.) sowie die Koordinierung der einzelstaatlichen Maßnahmen im Bereich der Forschung.

Eine koordinierte Vorgehensweise auf europäischer Ebene

Will man diesem Phänomen entgegenwirken, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Forschungssysteme besser strukturiert werden, um sie offener und weniger fragmentiert und vor allem attraktiver für eine Forscherkarriere zu gestalten.

Die Europäische Kommission hat sich dieser Herausforderung gestellt, indem sie die Idee eines Europäischen Forschungsraums (EFR) lancierte, mit der der Anstoß ihres operationellen Instruments – des sechsten Forschungsrahmenprogramms – und die Verpflichtung der Mitgliedstaaten auf dem Europäischen Rat von Barcelona im März 2002 einhergingen, die Forschungsausgaben bis 2010 auf ein Niveau von 3% zu erhöhen (die zu zwei Dritteln von der Privatwirtschaft finanziert werden). Dieser Anteil beläuft sich derzeit in der EU auf lediglich 1,9 %, gegenüber 2,6 % in den USA und 2,9 % in Japan.
Der EWR basiert auf klaren Zielen, insbesondere einer besseren Koordinierung der Forschungspolitiken, der Beseitigung der Fragmentierung, die gegenwärtig Forscherteams und Infrastrukturen kennzeichnen, der Förderung von Mobilitätsmöglichkeiten und der Öffnung von Systemen, die derzeit weder in geographischer noch in thematischer Hinsicht koordiniert sind.

Die Verbesserung der Mobilität bietet eine starke politische Triebkraft für ein besseres Image der Forscher auf europäischer Ebene, besonders hinsichtlich der Förderung der Forscherkarrieren durch ein breites Angebot an Fördersystemen, die von der Grundausbildung bis zum lebenslangen Lernen reichen. Durch diese Entwicklungen sollen wiederum die berufliche und soziale Anerkennung der Forscher sowie deren Unabhängigkeit verbessert werden.

In ihrer im Juni 2001 angenommenen Mitteilung „Eine Mobilitätsstrategie für den Europäischen Forschungsraum“ hat die Kommission bereits eine Reihe praktischer Initiativen zu den dringendsten Problemen eingeleitet, etwa Informationslücken über Mobilitätsmöglichkeiten und praktische Unterstützung von Forschern oder die Beseitigung rechtlicher und administrativer Hindernisse.

In diesem Zusammenhang beabsichtigt die Kommission, im Jahre 2002 ein Internetportal über Mobilitätsmöglichkeiten und freie Stellen sowie ein Netz von Mobilitätszentren einzurichten, die den Forschern und ihren Familien individuelle praktische Informationen zur Verfügung stellen. In den rechtlichen und administrativen Bereichen, die weiterhin unter die Zuständigkeiten der EU-Mitgliedstaaten fallen, wird die Kommission eine Reihe koordinierter Initiativen einleiten, um die Konvergenz der nationalen Maßnahmen zu verbessern und spezifische Probleme, denen sich die Forscher hinsichtlich der Mobilität und der Entwicklung ihrer Karriere gegenübergestellt sehen, zu lösen.

Der Europäische Forschungsraum soll mit Hilfe der Instrumente und Finanzmittel umgesetzt werden, die durch das sechste Forschungsrahmenprogramm bereitgestellt werden; dieses schlägt auf der Grundlage der in den vorangegangenen Programmen gewonnenen Erfahrungen eine Reihe neuer Instrumente vor. Dazu gehören: integrierte Projekte und Exzellenznetze, die Konzentration auf thematische Prioritäten, in denen Europa weiter fortgeschritten ist, sowie eine erhebliche Anhebung der für Humanressourcen vorgesehenen Finanzmittel, mit Schwerpunkt auf der Förderung der grenzüberschreitenden und internationalen Mobilität.
Der Schwerpunkt der vorgeschlagenen Aktionen liegt auf der Grundausbildung der Forscher in einem frühen Stadium ihrer Karriere, entweder durch grenzüberschreitende Forschungsprojekte oder eine strukturiertere Ausbildung in einem eher akademischen Umfeld. Eine weitere Initiative betrifft individuelle Stipendien zur Deckung des zusätzlichen Ausbildungsbedarfs von Forschern, die bereits praktische Erfahrungen gesammelt haben. Weitere Aktionen beziehen sich auf den Wissenstransfer in weniger begünstigte Regionen der Union oder in Kandidatenländer, und zwar sowohl im Hochschul- als auch im Unternehmensbereich.

Eine wichtige Neuerung betrifft Instrumente zur Schaffung von Forschungsteams, zur Finanzierung von Lehrstühlen in Hochschulen und zur Förderung der Rückkehr von Forschern und ihrer beruflichen Wiedereingliederung sowie der Öffnung aller Instrumente für Forscher aus Drittländern.

Der Erfolg dieser Initiativen hängt jedoch nicht allein von der Kommission ab, sondern auch andere interessierte Akteure, vor allem die Mitgliedstaaten, sind entsprechend der von ihnen auf dem Europäischen Rat von Lissabon eingegangenen Verpflichtung, Europa bis 2010 zu dem wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftssraum der Welt zu machen, gefordert.

Diese Herausforderungen können also nur angenommen werden, wenn ein starkes Engagement aller Akteure in diesem Bereich – Mitgliedstaaten, Europäische Union, Hochschulen, Unternehmen und natürlich der Forscher selbst vorhanden ist. Durch eine solche gemeinsame Aktion wird die europäische Forschung die erforderliche Leistungsfähigkeit erreichen, die die EU attraktiver machen und den derzeit zu beobachtenden Trend der Abwanderung umkehren wird, so dass der derzeitige „Brain drain“ künftig zu einem „Brain gain“ wird und die Mobilität der Wissenschaftler verbessert wird.

Media Contact

Fabio Fabbi Europäische Kommission

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