Telematik: Der Handlungsdruck für Automobilhersteller wächst

  • Marktdurchdringung dauert ca. 10 Jahre
  • Zusammenarbeit mit strategischen Partnern zwingend erforderlich
  • Für die Automobilhersteller müssen die Fahrzeug- und Mobilitätsdienste Priorität haben

Da sich Fahrzeuge technisch immer mehr angleichen, nimmt der Druck auf die Automobilhersteller zu, sich zusätzlich über Service- und Markenerlebnis von der Konkurrenz zu unterscheiden. Die mobilen Dienste im Auto werden hierbei aufgrund ihres großen Differenzierungs- und Kundenbindungspotenzials eine Schlüsselrolle einnehmen. So wurden in den letzten Wochen drei Modelle vor allem über innovative Telematiklösungen positioniert: Der neue 7er BMW mit ConnectedDrive, das erste vernetzte Auto mit Internetanschluss, der Alfa 147 mit dem connect System und der Golf eGeneration mit integriertem PDA und Handy. Doch noch agieren die Automobilhersteller zögerlich, dabei ist der Telematikmarkt einer der großen Zukunftsmärkte dieses Jahrzehnts: Für Europa werden stetig wachsende Umsätze mit mobilen Datendiensten auf über EURO 75 Mrd. im Jahr 2005 prognostiziert. Zwischen den Anbietern von Telekommunikation, Fahrzeugen, Software und Elektronik hat der Kampf um den Telematikmarkt begonnen und die Automobilhersteller müssen sich beeilen, wenn sie ihn für sich gewinnen wollen. Eine Untersuchung von Mercer Management Consulting identifiziert künftige Gewinner und Verlierer im Telematikmarkt und zeigt, welche Stärken die Automobilhersteller zur Absicherung ihrer Position einsetzen müssen.

Technische Innovationen benötigen Zeit

Gerade die deutschen Automobilhersteller mit einem Potenzial von ca. 18 Millionen Bestandskunden in Deutschland tun sich schwer, ihre Rolle im Wettstreit um das Geschäftsfeld Telematik zu definieren. Während die einen konsequent in eigene Telematikplattformen investieren, reagieren andere zögerlich. Sie wissen: Eine Telematikplattform, die heute in ein Luxusklassefahrzeug eingebaut wird, braucht etwa sechs Jahre, um in der Unterklasse angeboten zu werden – und bis zur vollständigen Marktdurchdringung auf dieser Plattform vergehen dann mindestens weitere zehn Jahre.

„Von der Einführung bis zu einer Teilnehmerzahl von 50 % benötigte der Farbfernseher etwa 14 Jahre, der PC 13 Jahre, das Handy 12 Jahre und der Videorekorder 8 Jahre. Für Telematikendgeräte wird dies keinesfalls schneller gehen, zumal hier auch die Entwicklungszeiten der Automobilhersteller von etwa drei Jahren und die Modelllaufzeiten der Fahrzeuge von rund sechs Jahren zu berücksichtigen sind.“ so Marco Ehmer, Telematik-Experte bei Mercer Management Consulting. Eine Untersuchung der internationalen Unternehmensberatung Mercer Management Consulting kommt zu dem Ergebnis, dass frühestens in 15 Jahren 50% der Fahrzeuge über ein fest eingebautes Telematikendgerät verfügen – wovon viele dann bereits wieder technisch veraltet sein werden. Dies hat zwei Konsequenzen: Weder aus Kunden- noch aus finanzieller Sicht ist es sinnvoll, allein auf das Fahrzeug als Plattform zu setzen. Außerdem ist es illusorisch, als Automobilhersteller innerhalb von fünf Jahren allein aus den Diensten Geld verdienen zu wollen.

Zugang zu den Diensten muss von allen mobilen Geräten aus möglich sein

Die Automobilhersteller müssen wegen der langsamen Marktpenetration über das Fahrzeug heute drei andere Hebel ansetzen, um ihre Kunden frühzeitig an sich zu binden:

  • Die Unterstützung eigener, fahrzeugspezifischer sowie fremder, geräteunabhängiger Technologieplattformen (PDA, Handy, Laptop …) in den eigenen Fahrzeugen.
  • Den Aufbau eines attraktiven, geräteübergreifenden Diensteangebotes, das die nichtkopierbaren, fahrzeugbezogenen Dienste (z.B. Ferndiagnose und -wartung) als Anker benutzt, um weitere Dienste anzubieten.
  • Die konsequente Nutzung des Händlernetzes, um die Kunden beim Kauf eines Autos direkt an das eigene Telematikangebot zu binden.

Diese geräteübergreifende Strategie kann kein Automobilhersteller allein umsetzen, da ihm hierzu das technische Know-how fehlt und die Möglichkeit, ein Partnerschaftsnetzwerk zu steuern. Zwingend erforderlich sind strategische Partner aus den Bereichen Telekommunikation, Portaltechnologie und mobile Endgeräte. Das erhöht die Chancen des Markteintritts der neuen Wettbewerber im Bereich Telematik – wie Microsoft, AOL, Vodafone oder Siemens – und gefährdet die noch heute mögliche Kontrolle des Automobilherstellers über die Beziehung zum Kunden. Die von Mercers Automobilexperten entwickelten „Strategischen Szenarien“ zeigen, welche Konstellationen auf der Wertschöpfungskette zukünftig über Erfolg und Misserfolg auf dem Telematikmarkt entscheiden, und dass die Automobilhersteller ihre Stärken zur Absicherung der eigenen Position einsetzen müssen.

Jede Automarke braucht ein spezifisches Dienste-Angebot

Ankerpunkt des Dienste-Angebotes einer Automobilmarke sind in erster Linie die fahrzeugbezogenen Dienste, wie z.B. Ferndiagnose und -wartung, und die mobilitätsbezogenen Dienste, wie z.B. Routenplanung, Tankstellenanfahrt oder Parkplatzreservierung. „Eine Automobilmarke“, so Ehmer „ist rund um ihr Kerngeschäft – das Auto und die Mobilität – glaubwürdig. Dies muss sich in der Reihenfolge der Dienste-Einführung widerspiegeln.“

Allgemein gehaltene Marktstudien liefern zwar erste Hinweise auf die Attraktivität von Dienste-Segmenten jenseits des Kerngeschäftes, reichen jedoch noch nicht für den Aufbau eines markenspezifischen Angebotes. Unbedingt nötig sind konkrete Konsumentenbefragungen anhand von Dienste-Simulationen. Mercer-Untersuchungen in den USA ergaben beispielsweise, dass 60% der Befragten eine Grundgebühr von monatlich $ 10 für mobile Datendienste akzeptieren würden und dass bei 41% der Befragten Interesse, aber nur bei 9% Zahlungsbereitschaft für aktuelle Reiseinformationen besteht. Jeder Automobilhersteller benötigt solche Informationen über seine Kunden, um ein markenspezifisches Dienste-Angebot aufbauen zu können.

Werden die beschriebenen Hebel professionell angesetzt, sind die Automobilhersteller im Kampf um den Telematikmarkt gut positioniert. Voraussetzung für ihren nachhaltigen Erfolg ist, dass sie ihr heutiges, auf langfristig werthaltige Produkte ausgerichtetes Geschäftsmodell erfolgreich um ein Geschäftsmodell im Service- und Dienstegeschäft Telematik erweitern. Ein attraktives, aktuelles Produktangebot mit schnell wechselnden Technologien, Content in Echtzeit und kurzlebigem Design steht dabei im Vordergrund.

Mercer definiert 4 Herausforderungen für die Automobilhersteller:

  • Aufbau markenspezifischer, geräteübergreifender Dienste-Angebote.
  • Prognose markenspezifischer Dienste- und Potenzialszenarien für eigene und fremde technische Plattformen.
  • Entwicklung strategischer Partneringkonzepte, die die Wertschöpfung im Unternehmen halten.
  • Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit im Telematikmarkt über den Entwurf eines adäquaten Geschäftsmodells.

Mercer Management Consulting

Mercer Management Consulting ist Teil der Mercer Consulting Group, New York, einer der führenden internationalen Top-Management-Unternehmensberatungen mit 160 Büros in 40 Ländern. Weltweit erwirtschaften 14.700 Mitarbeiter einen Umsatz von 4,4 Mrd. DM. Die Büros in München, Frankfurt, Zürich und Genf tragen mit 240 Mitarbeitern zu diesem Erfolg bei.

Unseren Kunden steht mit den Bereichen – Communications, Information & Entertainment – Financial Institutions and Risk Enterprise – Manufacturing/Automotive – Travel and Transportation – Retail, Consumer, Healthcare – Energy, Life Sciences & Core Industries – eine breite Palette von Beratungsdienstleistungen zur Verfügung. Die Kompetenzen in den Bereichen Internet und eBusiness sind in der MercerDigital Group gebündelt und wurden durch eine strategische Allianz mit IBM Global Services gestärkt. Zudem bietet Mercer seinen Kunden ein breites Produktangebot im Bereich Private Equity und M&A an.

Die Beratungsleistungen von Mercer Management Consulting fokussieren auf Strategien zur Wertsteigerung. Dabei bildet Value Growth – die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes – den Schwerpunkt. Mercer steht dafür, Wachstumspotenziale aufzuzeigen und konsequent zu nutzen, Wachstumsbarrieren zu erkennen und zu überwinden sowie Strategie, Führung, Organisation, Geschäfts- und Managementprozesse gemeinsam mit den Kunden nachhaltig auf Wertwachstum auszurichten.

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Pierre Deraëd ots

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