Sichere Autos durch photorealistische Visualisierung im Konstruktionsprozess

Wie stark spiegelt die Windschutzscheibe? Kann man die Instrumente auch bei intensivem Sonnenlicht in der Sahara noch ablesen? Leuchten die Scheinwerfer die Straße gut aus oder blenden sie den Gegenverkehr? Diese und andere Fragen können Ingenieure heute mit Hilfe von interaktiv erzeugten und photorealistischen Bildern schon während der Konstruktion eines Autos beantworten, wenn das reale Fahrzeug noch gar nicht existiert. Möglich wird das durch das neue Echtzeit-Ray-Tracing-Verfahren, das erstmals auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA PKW 2005) in Frankfurt gezeigt wird. Dieses, von Saarbrücker Computergraphikern entwickelte Verfahren ist inzwischen bei fast allen deutschen Automobilherstellern im Einsatz.

Das Echtzeit-Ray-Tracing wurde von Professor Slusallek und seinem Team in den vergangenen Jahren bis zur Marktreife gebracht. Das Verfahren ermöglicht es, dreidimensionale Modelle mit riesigen Datenmengen interaktiv hoch-realistisch darzustellen, zu bewegen und zu verändern. Schatten, Lichtbrechungen und Spiegelungen werden dabei naturgetreu wiedergegeben. Die Automobilindustrie nutzt das Verfahren bereits, um Planungsfehler und Sicherheitsprobleme frühzeitig sichtbar zu machen und zu beseitigen, bevor ein Fahrzeug überhaupt gebaut wird. Hierdurch lässt sich der Kosten- und Zeitaufwand in der Entwicklung deutlich senken.

Die von der Spin-Off Firma inTrace GmbH seit Mitte 2003 vermarktete Software, wird inzwischen bei BMW, DaimlerChrysler, Audi und Volkswagen eingesetzt. Im vergangenen Jahr hat Volkswagen rund 20 Millionen Euro in zwei Visualisierungszentren investiert, die mit dieser neuen Ray-Tracing-Technologie arbeiten. Für das originale CAD-Modell eines VW Golfs müssen teilweise die Daten von mehr als 20 Millionen Dreiecken interaktiv verarbeitet werden. Den Konstrukteuren ermöglicht diese neue Technik, sich jederzeit am Bildschirm interaktiv durch das virtuelle Auto zu bewegen und dabei jedes Detail bis hin zur kleinsten Schraube und Niete unter die Lupe zu nehmen. Neue Automodelle können so in ihrer Gesamtheit getestet und mögliche Probleme schon vor dem Bau erkannt werden. Durch diese visuellen Simulationen kann die Sicherheit der Fahrzeuge deutlich erhöht werden.

Bald könnte das neue Verfahren auch für kleinere Unternehmen der Automobil-Zulieferindustrie interessant werden, für die die bisher benötigte hohe Rechenleistung von Ray-Tracing ein Hindernis war. Am Lehrstuhl von Professor Slusallek wurde der weltweit erste Echtzeit-Ray-Tracing-Chip entwickelt, der interaktiv und photorealistisch dreidimensionale Graphik erzeugen kann. Schon der erste, vollständig funktionsfähige, aber noch langsame Prototyp dieses Chips liefert eine größere 3D-Graphikleistung als mehrere PCs zusammen. Dies lässt für die Zukunft photorealistische Bilder für verschiedene industrielle Anwendungen erwarten, in denen es auf physikalisch korrekte Schatten, Reflexionen und Lichtbrechungen ankommt.

Kontakt:
Prof. Dr. Philipp Slusallek
Lehrstuhl für Computergraphik, Universität des Saarlandes
Tel.: 06 81/3 02-38 30
E-Mail: slusallek@cs.uni-sb.de

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