Das mitfühlende Auto

Fahrerassistenz- und Navigationssysteme sind „in“. Doch je mehr Schalter und Anzeigefelder das Armaturenbrett zieren, desto leichter ist der Fahrer vom Verkehrsgeschehen abgelenkt. Steigt die Zahl der automatischen Helfer im Auto, wächst die Gefahr, dass ihre positiven Eigenschaften ins Gegenteil umschlagen, den Fahrer überfordern und in brenzlige Situationen bringen. Um das zu verhindern, entwickeln der Psychologe Claus Marberger und der Ingenieur Günter Wenzel am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart Assistenz- und Informationssysteme, die sich an den Zustand des Fahrers und an die Verkehrssituation anpassen können.

Im „Vehicle Interaction Lab“ am IAO arbeiten die Forscher in Autosimulatoren derzeit an einem Konzept, um viele unterschiedliche Funktionen mit einem einzigen Eingabeelement zu steuern. Beispielsweise könnten Navigationssystem, MP3-Spieler und Handy über ein gemeinsames Menü bedient werden. Dieses muss so gestaltet sein, dass sich jede Funktion mit wenigen Befehlen ansteuern lässt.

Die Wissenschaftler finden heraus, welche Menüführung dem Fahrer am wenigsten Aufmerksamkeit abverlangt. Ihre Arbeiten sind Teil von AIDE – Adaptive Integrated Driver-vehicle InterfacE, einem EU-weiten Projekt. Für eine situationsangepasste Mensch-Maschine-Interaktion reicht das nicht aus. Deshalb fließt in die Systeme eine ganze Reihe von Daten ein: Sensoren beobachten das Umfeld des Fahrzeugs, das Auto selbst, aber auch den Zustand des Fahrers. Kameras verfolgen zusätzlich den Lidschlag. Wird dieser langsamer, schließt das System auf eine stärkere Müdigkeit. Alle Daten gemeinsam beeinflussen die Interaktion zwischen Auto und Fahrer: durch Töne oder Sprache, mit einem Rütteln des Lenkrads oder blinkenden Anzeigen.

„Viele Assistenzfunktionen sind bereits serienreif“, sagt Wenzel, „angesichts der wachsenden Zahl an Funktionalitäten ist aber noch unklar, wie sie am besten mit dem Menschen interagieren“. So kann es sinnvoll sein, in gefährlichen Fahrsituationen unwichtige Informationen zu unterdrücken, beispielsweise in kritischen Situationen einen Anrufer automatisch an die Mailbox weiterzuleiten. Andererseits könnte der Lidschlagsensor einen Weckruf auslösen, um den Fahrer vor dem Sekundenschlaf zu bewahren. In Simulatoren, realen Autos, die von Leinwänden mit einer virtuellen Straßenlandschaft umgeben sind, testen die Forscher verschiedene Szenarien oder Menüführungen, um ein ausgeklügeltes Mensch-Maschine-System zu kreieren.

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Marion Horn Fraunhofer-Gesellschaft

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