Nachhaltige, feuerfeste Baustoffe aus Sand und Akazien – Kooperation zwischen INM und Namibia

Akazien und Sand gibt es in Namibia in Hülle und Fülle. Besonders die Arten Acacia mellifera und Dichrostachys cinerea verändern durch ihren starken Wildwuchs die Biodiversität bei Pflanzen und Tieren. Sie gefährden dadurch ganze Ökosysteme. Um dem Wuchs Einhalt zu gebieten, werden die Büsche bisher lediglich abgeholzt und als Brennstoff genutzt.

Das INM will nun gemeinsam mit den Universitäten UNAM und Polytechnic Namibia sowie dem Namibian Business & Innovation Centre (NBIC) einen Weg einschlagen, um die wuchernden Büsche in Form von ökologisch zertifizierten Holzgrundstoffen auch als nachhaltige Baumaterialien zu verwenden.

Dazu wollen sie den Sand aus der Wüste Namibias und die natürlichen Inhaltsstoffe der Akazien als Bestandteile in einem Kleber nutzen, mit dem sie Akazienholz zu einfachen Bauplatten, ähnlich Spanplatten, verarbeiten können. Der Verkauf solcher Materialien in Afrika und als Export kurbele gleichzeitig die wirtschaftliche Prosperität in Afrika an. Damit blieben Sand und Buschwerk in einem Kreislauf, der wirklich nachhaltig, nämlich umweltfreundlich, wirtschaftsfördernd und sozialverträglich sei, so Rainer Hanselmann, Vertriebsleiter des INM.

„Typische Binder, die man heute für den Holzbau verwendet, bestehen aus Industrie-Polymeren und Harzen, die zum Teil leicht entflammbar sind“, erklärt Ingrid Weiss, Leiterin des Programmbereichs Biomineralisation, „die Entwicklung alternativer Binder aus Silan-Vorstufen und anorganischen Nanopartikeln basierend auf INM-Technologie ermöglicht die Herstellung von Materialien, die sehr hitzebeständig, wasserabweisend und antimikrobizid sind. Für eine ökonomische Nutzung ist diese Technologie aber viel zu teuer“, meint Weiss weiter.

„Für die Basis unseres neuen „Namib“-Binders wollen wir direkt den Sand aus der Wüste verwenden und zunächst nach altbewährten, einfachen Verfahren mit Kaliumcarbonat zu Glas umwandeln“, sagt die Biologin. Danach wird dieses Glas pulverisiert und in eine „Wasserglas-Suspension“ übergeführt. Weitere Bestandteile, wie bestimmte Kohlenwasserstoffe brächten die Akazien gleich selbst mit. Genau hier setze die Neuentwicklung des nachhaltigen Verfahrens an.

Das Akazienbuschwerk in Namibia birgt viele Arten, wie zum Beispiel Acacia mellifera, Acacia reficiens, Dichrostachys cinerea, Colophospermum mopane, Terminalia sericea und Rhigozum trichotomum. „Für die Verwendung als Baumaterial und Binder müssen wir sie systematisch analysieren und erst einmal herausfinden, welche Bestandteile, wie zum Beispiel Gummi, phenolische Harze oder Lignin, enthalten sind und wie sie sich – geschickt extrahiert und kombiniert – für feuerfeste und beständige Baumaterialien eignen könnten“, sagt die Expertin Weiss, „Pflanzen enthalten eine Vielzahl artspezifischer, bisher ungenutzter Naturstoffe. In enger Kooperation mit unseren afrikanischen Kollegen und jungen Nachwuchswissenschaftlern können wir dazu beitragen, gerade diese Naturstoffe in ihrer Vielfalt und Komplexität nutzbar zu machen. Denn nur so lassen sich langfristig lokal einzigartige und ökologisch sinnvolle Wertschöpfungsketten generieren.“

Physikalische und Chemische Daten zu einem solchen Projekt sind bisher nicht bekannt. „Wir verstehen NaMiBIND als eine Pilotstudie, die sich im Erfolgsfall auch auf andere Regionen und Hölzer übertragen lässt“, fasst die Expertin für Biomineralisation zusammen. Schließlich seien natürliche Baumaterialien im Zuge der Nachhaltigkeit in allen Erdteilen von Bedeutung, um Rohstoffe in einem ökologischen Wirtschaftskreislauf zu belassen.

Hintergrund:
„Natürliche und Mineral-basierte Binder für die ökologische Baustoff-INDustrie“ (NaMiBIND) wurde vom BMBF im Rahmen der Förderung „Partnerschaften für nachhaltige Lösungen mit Subsahara Afrika“ als eines der ersten Projekte seiner Art mit herausragendem Verwertungspotential eingestuft. Es ist auf zwei Jahre angelegt. Die Fördersumme beträgt 250.000 Euro. NaMiBIND ist eine Kooperation des INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien, Programmbereich Biomineralisation, mit den Universitäten UNAM und Poytechnic of Namibia, sowie dem Namibian Business & Innovation Centre (NBIC).
Ihre Expertin:
PD Dr. Ingrid Weiss
INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien
Leiterin Biomineralisation
Tel: 0681-9300-318
ingrid.weiss@inm-gmbh.de
Das INM erforscht und entwickelt Materialien – für heute, morgen und übermorgen. Chemiker, Physiker, Biologen, Material- und Ingenieurwissenschaftler prägen die Arbeit am INM. Vom Molekül bis zur Pilotfertigung richten die Forscher ihren Blick auf drei wesentliche Fragen: Welche Materialeigenschaften sind neu, wie untersucht man sie und wie kann man sie zukünftig für industrielle und lebensnahe Anwendungen nutzen? Dabei bestimmen vier Leitthemen die aktuellen Entwicklungen am INM: Neue Materialien für Energieanwendungen, Neue Konzepte für Implantatoberflächen, Neue Oberflächen für tribologische Anwendungen sowie Nanosicherheit. Die Forschung am INM gliedert sich in die drei Felder Chemische Nanotechnologie, Grenzflächenmaterialien und Materialien in der Biologie. Das INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien mit Sitz in Saarbrücken ist ein internationales Zentrum für Materialforschung. Es kooperiert wissenschaftlich mit nationalen und internationalen Instituten und entwickelt für Unternehmen in aller Welt. Das INM ist ein Institut der Leibniz-Gemeinschaft und beschäftigt rund 190 Mitarbeiter.

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Dr. Carola Jung idw

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