Trotz Strafrechtsreform Anstieg der Graffiti-Zahlen in Mitteldeutschland

Eine besonders starke, signifikante Zunahme ist dabei in Leipzig und Halle zu registrieren. Die neuen Daten beruhen auf der mitteldeutschen Graffitistudie, die am Institut für Soziologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg unter Leitung von Prof. Dr. Reinhold Sackmann im Rahmen eines Lehrforschungsprojektes durchgeführt wurde.

Dabei wurden im Januar, April und Juli 2007 Hausstichproben von je zehn Straßen in Dresden, Halle, Leipzig und Merseburg beobachtet und mit entsprechenden Hausdaten des Jahres 2005, dem Jahr der Strafrechtsänderung, verglichen. Für Rückschlüsse auf Motive und Reaktionsweisen im Umgang mit Graffiti wurden auch 258 Bewohner dieser Straßen befragt. Die aktuellen Daten vom Sommer 2007 zeigen, dass in Halle 51 % der Häuser verunziert sind, gegenüber 31 % in Leipzig, 24 % in Dresden und 8 % in Merseburg.

Aufgrund des Paneldesigns der Erhebung des Jahres 2007 konnte auch erstmals geprüft werden, ob der Anstieg der Graffitizahlen in Mitteldeutschland auf erhöhte Sprayeraktivitäten oder auf die Untätigkeit der Hauseigentümer zurückzuführen ist. Im Jahr 2007 sind deutlich mehr Übermalungen vorgenommen worden als 2005, insbesondere in Halle, wo bei 19 % der Häuser Übertünchungen festzustellen waren. 74 % der gereinigten Häuser wurden allerdings im gleichen Jahr wieder besprüht. Aufgrund der zunehmenden Aggressivität der Sprayerszene nahm deshalb insbesondere in Leipzig die Zahl der mit Graffiti bezeichneten Häuser innerhalb des Jahres 2007 schneller zu als sie durch Übermalungen gebremst werden konnte.

Die Strafrechtsreform 2005 (Änderung des § 303) hat also sowohl bei Sprayern als auch bei Hauseigentümern zu einer höheren Aktivitätsrate geführt, bei der allerdings die Sprayer noch das Übergewicht haben. Die statistischen Hintergrundanalysen der Halleschen Soziologen zeigen, dass leerstehende Häuser die Graffitiausbreitung begünstigen. Sie sind zu 83 % beschmiert und schaffen damit auch ein Umfeld, in dem umgebende Häuser schneller betroffen sind. In Straßen mit leerstehenden Häusern waren 46 % der Häuser mit Graffiti gekennzeichnet, während dies in Straßen ohne Leerstand nur 21 % waren.

„Die im mitteldeutschen Vergleich besonders hohe Konzentration von Graffiti in Halle ist nicht nur auf lokale Besonderheiten zurückzuführen. In allen Städten zeigt sich, dass leerstehende Häuser und geringer Sanierungsgrad ein günstiges Umfeld für Graffitihäufung bieten. Halle hat vorwiegend aufgrund seines höheren Anteils noch nicht abgerissener oder sanierter Häuser eine höhere Graffitidichte“, erklärt Prof. Dr. Reinhold Sackmann, Leiter der Graffiti-Studie.

Neben dem hohen direkten Schaden, der Hauseigentümern durch Graffiti verursacht wird, gibt es auch indirekte Schäden. Die Bindung an das Wohnumfeld und damit die Bereitschaft zum Umzug ist in von Graffiti stark betroffenen Straßen größer als in anderen Straßen, wobei allerdings erst im Zusammenspiel mit anderen Zeichen der Verwahrlosung (leerstehende Gebäude, ungepflegte Vorgärten und kaputte Beleuchtung) nennenswerte Effekte festzustellen sind.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Reinhold Sackmann
Tel.: 0345 55 24252
E-Mail: reinhold.sackmann@soziologie.uni-halle.de

Media Contact

Carsten Heckmann idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-halle.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Architektur Bauwesen

Die zukunftsorientierte Gestaltung unseres Wohn- und Lebensraumes erhält eine immer größer werdende Bedeutung. Die weltweite Forschung in den Bereichen Architektur und Bauingenieurwesen leistet hierzu einen wichtigen Beitrag.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Nachhaltiges Bauen, innovative Baumaterialien, Bautenschutz, Geotechnik, Gebäudetechnik, Städtebau, Denkmalschutz, Bausoftware und Künstliche Intelligenz im Bauwesen.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer