Essener Landschaftsarchitekt setzt auf Badeteiche: Pflanzen statt Chemikalien zur Wasserreinigung

Pflanzen statt Chemikalien zur Wasseraufbereitung – rund 3 000 meistens private Schwimm- und Badeteichanlagen sind in den vergangenen Jahren in Österreich und Deutschland nach diesem Prinzip gebaut worden und fügen sich harmonisch in die sie umgebende Landschaft ein. Für den an der Universität Essen lehrenden Landschaftsarchitekten Professor Dr.-Ing. Mehdi Mahabadi liegen die Vorteile auf der Hand: für den Badegast, dem überflüssige Reize auf Augen und Haut erspart bleiben, für den Betreiber, der sich über – im Vergleich zu herkömmlichen Pools – geringere Betriebskosten freuen kann, für den Landschaftsgestalter schließlich, der eine Teichanlage nicht mehr als Fremdkörper in der Natur erlebt. Seit zwei Jahren befasst sich Mahabadi mit den Schwimmteichen, und jetzt (Freitag, 23. November, ab 9.30 Uhr im Auditorium maximum an der Grillo-, Ecke Segerothstraße) versammelt er an der Universität Essen rund 280 Fachleute, die solche Anlagen bauen, zur Diskussion über deren Vor- und Nachteile. Denn Schwimmteiche, weiß Mahabadi, haben auch Gegner. Hygienische Gründe und die dadurch entstehende Seuchengefahr werden als Argumente gebraucht.

Wie in traditionell gebauten Freibädern oder Pools wird auch das Wasser in Schwimmteichen durch organische und anorganische Stoffe verunreinigt. Deshalb muss es genau so wirksam gereinigt werden. Wie das funktioniert, erklärte der Essener Landschaftsarchitekt gestern im Vorfeld seiner Tagung in einem Pressegespräch:

Zur Aufbereitung wird das Wasser vom Schwimmbereich in einen Regenerationsbereich geleitet, zusätzlich kann die Anlage nach dem Zweikammersystem mit einem „Klärteich“ und oder mit Kaskaden zur Sauerstoffanreicherung des Wassers ausgestattet werden. Dafür gebe es, sagt Mahabadi, bereits patentierte Systeme.

Für die Reinigung des Wassers sind Mikroorganismen, in erster Linie aerobe Bakterien, zuständig. Sie sind im Pflanzensubstrat des Regenerationsbereichs bzw. des Klärteichs vorhanden, passen sich ihrem Milieu hervorragend an und vermehren sich in rasantem Tempo. Einige von ihnen verdoppeln ihre Zellzahl alle 20 Minuten, und in nur einem Kubikmillimeter des Milieus können über eine Million Bakterien existieren. Wasser-, Schwimm- und Sumpfpflanzen begünstigen die Vermehrung der Mikroorganismen, die ihrerseits im Höchsttempo zum Abbau der organischen Stoffe beitragen und sie eliminieren.

Die anorganischen Einträge im Schwimm- oder Badeteich machen die Wurzelatmung von Wasser-, Schwimm- und Sumpfpflanzen unschädlich. Blätter dieser Pflanzen nehmen Sauerstoff aus der Luft auf. Er gelangt über den Halm in die Wurzel, versorgt sie und wird teilweise wieder an die Umgebung abgegeben. Die Oxidation von Schwermetallen oder des Schwefel-Wasserstoffs sind Beispiele für die erfolgreiche Entgiftung des Badewassers.

Für die Anlage von Schwimm- und Badeteichen gibt es in Deutschland bislang keine Richtlinien. Sie zu formulieren ist eines von Mahabadis Zielen. Auf zahlreichen Seminaren, unter anderem in München, Stuttgart und Hamburg, hat er sich in den vergangenen zwei Jahren für die Idee der Teiche stark gemacht; und im März dieses Jahres entstand auf seine Initiative hin bei der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung/Landschaftsbau ein Arbeitskreis aus Landschaftsarchitekten, Firmen des Garten- und Landschaftsbaus sowie Verbänden, der sich ebenfalls mit dem Thema befasst. Mahabadi ist sein Vorsitzender. Mehr öffentlich zugängliche Anlagen wünscht sich der Arbeitskreis. Vier gibt es inzwischen in Nordrhein-Westfalen: eine Hotelanlage in Gütersloh und drei städtische in Bad Rothenfelde, Höhr-Grenzhausen und Lennestadt-Saalhausen.

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Monika Roegge idw

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