Stuttgarter Wissenschaftler entwickeln neue Sensorsysteme zur Überwachung von Bauwerken

Der tragische Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall rückte die zunehmende Überalterung der Bausubstanz in Deutschland in das öffentliche Bewusstsein und warf erneut Fragen nach der Dauerhaftigkeit und Standsicherheit von Ingenieurbauwerken auf. Experten fordern nicht nur ein verändertes Bauwerksmanagement, sondern auch neue Prüf- und Überwachungsmethoden, wie sie beispielsweise bei der Zustandsbeurteilung von Brücken entwickelt werden. Vor diesem Hintergrund arbeitet das Institut für Werkstoffe im Bauwesen (Arbeitsgruppe Zerstörungsfreie Prüfung) der Universität Stuttgart an neuen Sensorsystemen, die eine zuverlässige und preiswerte Überwachung auch von älteren Bauwerken ermöglichen.

Für das Monitoring dieser Bauwerke sind die bisher üblichen Überwachungsmethoden auf der Basis von kabelgebundenen Systemen jedoch zu teuer oder bei älteren Bauwerken nicht einsetzbar. Neue, drahtlose Sensornetzwerke eröffnen dagegen die Chance, Bauwerke preiswert und lückenlos zu überwachen. So können Schäden frühzeitig erkannt und eine Sanierung eingeleitet werden. Möglich wird diese Technik durch Miniatursensoren, die sich in großen Stückzahlen für wenige Euro herstellen lassen.

Zum Einsatz kommen überwiegend hochintegrierte Sensoren auf Silikonbasis – so genannte Mikroelektromechanische Systeme (MEMS), die für die Kommunikations- oder die Mikrosystemtechnik entwickelt wurden. Realisiert wurden bislang Sensoren, die auf MEMS-Technik basieren, für die Messung von Temperatur, Feuchte, Magnetfeld, Druck, Verformung und Beschleunigung. Auch Miniaturkameras können damit kombiniert werden. Die Datenübertragung erfolgt durch den Einsatz kabelungebundener Lösungen (Funk oder wireless LAN) in Verbindung mit adaptiven Netzwerken. Die Energie für den Betrieb der Sensoren wird durch Hochleistungsbatterien mit langer Lebensdauer oder Solarzellen bereit gestellt. Die Sensoren lassen sich flexibel und einfach an den kritischen Stellen anbringen und können den aktuellen Zustand des Bauwerks übermitteln. Alarmmeldungen lassen sich außerdem per SMS in wenigen Sekunden an die zuständige Stelle weiterleiten.

Durch die Integration eines Computerchips in dasselbe Gehäuse werden die Sensoren intelligent und können wichtige von unwichtigen Daten trennen, bevor diese versandt werden. Die dabei verwendeten Digitalen Signalprozessoren (DSP) können so programmiert werden, dass beispielsweise ein Teil der Signalanalyse bereits unmittelbar nach der Signalaufzeichnung durchgeführt wird, so dass nur noch relevante Daten weiterverarbeitet werden.

Während in den Vereinigten Staaten großes Interesse an dieser Technik besteht, arbeiten in Deutschland nur wenige Arbeitsgruppen an der Entwicklung geeigneter Überwachungsmethoden. Im Rahmen des Landesschwerpunktprogramms fördert das Land Baden-Württemberg derzeit die Einrichtung einer Forschergruppe, die sich am Beispiel von Windkraftanlagen, Flugzeugen und Brücken mit der Entwick-lung geeigneter Monitoring-Systeme beschäftigen wird*). An Anwendungen, die das Bauwesen betreffen, wird schon seit mehreren Jahren in der Arbeitsgruppe Zerstörungsfreie Prüfung gearbeitet. Die Entwicklung erfolgt dabei in Kooperation mit Schweizer Fachkollegen sowie mit der University of California, Berkeley, USA.

*) Siehe dazu auch unsere Pressemitteilung 112/2005 unter www.uni-stuttgart.de/aktuelles/presse/2005/112.html

Weitere Informationen am Institut für Werkstoffe im Bauwesen der Uni Stuttgart, Prof. Hans-Wolf Reinhardt, Tel. 0711/685-3323, Dr. Markus Krüger, Tel. 0711/685-6789, e-mail: mkrueger@iwb.uni-stuttgart.de und Dr. Christian Große, e-mail: christian.grosse@po.uni-stuttgart.de bzw. grosse@berkeley.edu.

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Ursula Zitzler idw

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