Neuer Baustoff mit mikroverkapselten Phasenwechselmaterialien

Zusammen mit Industriepartnern entwickelt das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE Baustoffe mit mikroverkapseltem Paraffin. Der wachsartige Zusatz erhöht die Wärmespeicherfähigkeit von Innenputzen und Trockenbauplatten stark. Eine 3 cm dicke Wand hat damit den Wärmekomfort einer 40 cm starken Betonwand. So bleibt der Raum im Sommer angenehm temperiert und kühlt im Winter nicht so schnell aus.

Wer sich schon einmal die Hände mit flüssigem Wachs verbrannt hat, weiß, wie viel Energie es enthält. Physiker sprechen von latenter – versteckter – Wärme. Wenn man festes Wachs schmilzt, erhöht sich trotz ständiger Energiezufuhr die Temperatur des Wachses nicht. Die Energie wird benötigt, um die Bindungen der Wachsmoleküle untereinander zu lösen. Im flüssigen Wachs ist diese Bindungsenergie latent gespeichert und wird erst beim Erstarren wieder als Wärme fühlbar. Das Ganze ist ein Wärmespeicher, der in erster Linie nicht die Temperatur sondern den Phasenwechsel von fest zu flüssig nutzt. Deshalb spricht man von Phasenwechselmaterialien oder PCM vom englischen Phase Change Materials.

Wie kann man das technisch nutzen? »Die naheliegendste Anwendung ist die Erhöhung der Wärmekapazität gängiger Baustoffe.«, meint Dr. Hans-Martin Henning, Projektleiter am Fraunhofer ISE. »Doch im Prinzip kann man PCM überall nutzen, wo auf kleinem Raum eine hohe Wärmespeicherfähigkeit erwünscht ist, wie bei Wärmetauschern, Wärmeträgermedien oder Wärmespeichern. Der Temperaturbereich von PCM kann bei der Produktion zwischen -10 und +80 °C eingestellt werden. So würde ein Warmwasserboiler mit PCM nur etwa halb so groß sein wie bisher und die Wärme besser halten.«

Und so funktioniert die umweltfreundliche Klimatisierung mit PCM in der Innenwand. Steigt die Raumtemperatur über 22 °C, beginnt das Wachs zu schmelzen und entzieht dem Raum Wärme, ohne selbst wärmer zu werden. Mit Nachtlüftung wird die Wand »entladen« und kann am nächsten Tag wieder für einen kühlen Kopf sorgen. In vielen Fällen wird damit die konventionelle Klimaanlage überflüssig. Das spart Energie und entlastet die Umwelt.

Bei dem aktuellen Projekt zur Entwicklung von Leichtbaustoffen spielt die Mikroverkapselung eine wichtige Rolle. Würde man das PCM direkt in den Baustoff einbringen, so würde schmelzendes Wachs die Materialeigenschaften negativ beeinflussen. Die BASF AG stellt deshalb das PCM in mikroskopischen Kügelchen von rund 1/50 mm Durchmesser bereit. Das PCM und der umgebende Baustoff kommen so nicht in direkte Berührung. Ein weiterer Vorteil der Mikroverkapselung ist die große innere Oberfläche. Die Wärme kann sehr schnell von der Umgebung in das PCM übergehen.

Aus dem mikroverkapselten PCM entwickeln drei weitere Industriepartner Baustoffe: Die Firma Maxit bearbeitet das Thema Putze und Gipsprodukte, die Caparol-Firmengruppe/ Deutsche Amphibolin-Werke kümmert sich um Farben, Spachtelmassen und Putze und die Sto AG um Schaumglasplatten.

Das Fraunhofer ISE charakterisiert die Baustoffproben, untersucht mit numerischer Simulation die Auswirkung auf Gebäude und begleitet Demonstrationsvorhaben. Die Forscher gehen mit gutem Beispiel voran: Der im Herbst 2001 bezugsfertige Institutsneubau wird drei Bürozellen mit unterschiedlichen PCM-Baustoffen haben.

Im Baustoffhandel werden die Leichtgewichte mit den schwerwiegenden Vorteilen zum Jahresende erhältlich sein.

Informationsmaterial:
Fraunhofer ISE, Presse und Public Relations
Tel. +49 (0) 7 61/45 88-1 50, Fax +49 (0) 7 61/45 88-3 42
E-Mail: info@ise.fhg.de

Ansprechpartner für weitere Informationen:

Projektleiter:
Dr. Hans-Martin Henning, Fraunhofer ISE,
Tel. +49 (0) 7 61/45 88-1 34, Fax +49 (0) 7 61/45 88-1 00
E-Mail: hans-martin.henning@ise.fhg.de

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Karin Schneider idw

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