Forschung: Maßnahmen der Kommission für den Bausektor

Mit 10 % des Bruttosozialprodukts (BSP) ist die Bauindustrie einer der größten Arbeitgeber in Europa. Auf Initiative des ECCREDI (Europäischer Rat für Bauforschung, -entwicklung und -innovation) und mit Unterstützung der Europäischen Kommission haben sich vom 2. bis 4. Oktober 2002 rund 200 Forscher, Ingenieure, Experten der europäischen Bauindustrie sowie Vertreter der öffentlichen Verwaltungen in Brüssel getroffen und über die Rolle der Forschung auf diesem Sektor gesprochen. Die Kommission finanziert derzeit 223 einschlägige Forschungsvorhaben, möchte allerdings mit Hilfe des sechsten Rahmenprogramms für Forschung und Entwicklung (6. FRP 2003-2006) die Anzahl solcher Projekte noch deutlich anheben. Leider stehen hierfür auf europäischer Ebene nicht genügend Mittel zur Verfügung. Die Kommission macht sich deshalb für zusätzliche Anstrengungen für die Forschung stark – eine Botschaft, die sich vor allem an die Unternehmen richtet.

Forschungskommissar Philippe Busquin erklärte zu diesem Anlass: „Die Bauindustrie spielt eine zentrale Rolle für die europäische Wirtschaft. Die Forschung hat hier in allen Teilbereichen eine wichtige Aufgabe zu erfüllen: Denkmalschutz, Gebäudepolitik, Straßenbau, Auslegungs- und Organisationsgrundlagen, neue Gebäudetechniken, Werkstoffe und Maschinen. Große Projekte können ohne Forschungseinsatz kaum zu einem guten Ende geführt werden, aber auch die Modernisierung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), die bei weitem den größten Teil dieses Sektors ausmachen, profitiert von Forschungstätigkeiten. Wir müssen uns eine globale und langfristige Vision zu eigen machen, Fachwissen und Know-how vernetzen – wie bei der Initiative für einen europäischen Forschungsraum (EFR) vorgeschlagen wurde – und Forschung, Ausbildung und Normung zusammenbringen, ohne Fragen der Ressourcennutzung und des Umweltschutzes zu vergessen.“

Schlüsselrolle der Forschung

Zur Zeit erhalten 233 Forschungs-, Demonstrations- und Koordinierungsvorhaben eine finanzielle Unterstützung durch die spezifischen Programme des FRP. Die Mehrzahl davon (80) sind Forschungsprojekte, zu denen aber auch eine nicht zu vernachlässigende Anzahl (13) Vernetzungsprojekte kommt. Inhalt dieser Vorhaben sind Baustoffe, neue Planungstechniken, Bauverfahren, Wartung und Abriss, Sicherheit und Ausrüstungen. Des Weiteren finden sich hier Projekte zu den Themen Energie, die „Stadt von morgen“, das kulturelle Erbe, Schutz vor Naturkatastrophen sowie Maßnahmen zu Organisation, Logistik und sogenannten „intelligenten“ Technologien.

Saubere Technologien und nachhaltige Produktionsmethoden – zentrale Themen des 6. FRP – spielen im Einklang mit den Zielen des Europäischen Forschungsraums und den Schlussfolgerungen des Gipfels von Johannesburg für eine nachhaltige Entwicklung eine Schlüsselrolle für die Gewährleistung einer langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Sektors sowie von Sicherheit und Lebensqualität der Bürger.

Die verschiedenen Akteure des Bausektors haben auf Initiative der Kommission beschlossen, ihre Kräfte zu vereinen, und im Dezember 1995 ECCREDI (Europäischer Rat für Bauforschung, -entwicklung und -innovation) gegründet. Das europäische Netz für Bauforschung und -entwicklung (ENCORD), in dem die großen Unternehmen des Sektors vertreten sind, wurde im Jahr 1998 Mitglied von ECCREDI.

Parallel dazu hat die Kommission im Jahr 1997 zur Koordinierung gemeinschaftlicher Forschungstätigkeiten das thematische Netz E-CORE geschaffen – mit 120 Projekten zu 13 Einzelthemen. Heute umfasst dieses Netz über 200 Projekte und 70 Mitglieder und vertritt mit Ausnahme Luxemburgs alle Mitgliedstaaten der EU sowie fünf assoziierte Länder: die Schweiz, Island, Norwegen, Ungarn und die Slowakei.

Das sechste Rahmenprogramm, der EFR und das Bauwesen

Die Modernisierung des Bausektors und sein Beitrag zu den verschiedenen politischen Zielen der EU sind Gegenstand verschiedener Maßnahmenbereiche des neuen Rahmenprogramms und werden unter der Priorität „Nanotechnologien, intelligente Werkstoffe, neue Produktionsverfahren und Ausrüstungen“ sowie der Priorität „nachhaltige Entwicklung“ gefördert. Zudem ist für diesen Sektor – in der Mehrzahl kleine und mittlere Betriebe – eine Unterstützung durch die KMU-Förderung des 6. FRP möglich; hierfür sind insgesamt 2,2 Mrd. Euro vorgesehen, die entweder sektoriellen Forschungstätigkeiten zugute kommen oder über Finanzierungsprogramme wie CRAFT („Kooperationsforschung“) oder über die „Kollektivforschung“ zur Verfügung gestellt werden.

Der Sektor zeigt deutliches Interesse an der europäischen Forschung und hat bei der Kommission über 150 Interessensbekundungen für die verschiedenen Prioritätsbereiche eingereicht. Diese wurden auf der Konferenz am runden Tisch besprochen und können nun über ein Online-Forum eingesehen werden (forum.e-core.org). Bei der Prüfung der Interessensbekundungen zeigte sich, dass noch mehr Konzentration erforderlich ist, um Doppelarbeit zu vermeiden und den für echte Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen Mehrwert zu schaffen.

Bei den Gesprächen über die einzelnen Vorschläge wurde der Schwerpunkt nicht nur auf den Integrationsbedarf gelegt, sondern auch darauf hingewiesen, dass für die einzelnen Bauphasen ein systematisches Konzept und ein besseres Risikomanagement benötigt werden; zudem ist ein besseres Verständnis des Lebenszyklus der einzelnen Produkte erforderlich. Dies dürfte zu einer Anpassung traditioneller Konzepte für die Auslegung der Projekte und den Werkstoffeinsatz führen und auch den Denkmalschutz verändern.

Die europäische Forschung leistet bereits seit vielen Jahren einen Beitrag zu einer umfassenden und wirksamen Koordinierung zwischen den öffentlichen und privaten Akteuren auf diesem Sektor. Der Europäische Forschungsraum und das neue Forschungsrahmenprogramm dürften diesbezüglich eine neue Etappe einleiten und die Integration im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit und der nachhaltigen Entwicklung noch verstärken.

Media Contact

Fabio FABBI E-CORE

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