Wo sich es sich wirklich lohnt, Regenwald zu renaturieren

Projekt zur Renaturierung des ursprünglichen Regenwaldes in Brasilien in der Reserva Ecologica Guapiacu im Bundesstaat Rio de Janeiro. Copyright: Robin Chazdon

Mehr als die Hälfe des ursprünglichen tropischen Regenwaldes ist mittlerweile abgeholzt. Eine Umkehr ist zumindest in Teilen in Sicht, denn seine Renaturierung ist in internationalen Vereinbarungen zum Naturschutz (Convention on Biological Diversity) und dem Pariser Klimaabkommen verankert.

„Wir haben jetzt Hotspots der Renaturierung identifiziert, das sind Flächen auf denen die Renaturierung von tropischem Regenwald besonders nützlich wäre. Diese Hotspots machen weltweit zusammen rund 101 Millionen Hektar aus – das entspricht etwa der Fläche von Spanien plus Schweden“, so Dr. Aidin Niamir, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum.

Gemeinsam mit internationalen Kolleg*innen wertete Niamir Satellitenaufnahmen aus, um festzustellen, wo tropischer Tiefland-Regenwald weltweit renaturiert werden könnte. Für diese Flächen berechneten die Forscher*innen jeweils was die Renaturierung „nutzt“.

Positiv gewertet wurde in ihrer Bilanzierung der Beitrag zum Schutz biologischer Vielfalt, die Speicherung von Kohlenstoff, die Unterstützung der Anpassung an den Klimawandel und die Wasserspeicherung. Abzüge gab es für die Kosten der Renaturierung sowie für die Wahrscheinlichkeit, dass die Renaturierung nicht dazu führt, dass die damit verbundene biologische Vielfalt zurückkehrt oder die Bäume kurzfristig wieder abgeholzt werden.

Dabei zeigten sich große regionale Unterschiede. So wäre es überraschenderweise absolut gesehen am vielversprechendsten, tropischen Regenwald in Ruanda, Uganda, Burundi sowie außerdem in Togo, Süd Sudan und Madagaskar zu renaturieren.

„Hier wurde zwar viel abgeholzt, aber es ist auch sehr wahrscheinlich, dass sich die Renaturierung besonders positiv auswirkt. Zudem wäre die Renaturierung unserer Studie zufolge kostengünstig und nachhaltig, da viele Flächen gerodet wurden, die sich ohnehin nur bedingt als Agrarflächen eignen“, erklärt Niamir.

Rein flächenmäßig betrachtet, empfiehlt es sich aber, die Renaturierung von tropischem Regenwald in Brasilien voranzutreiben, denn über die Hälfte der von den Forscher*innen identifizierten Flächen, deren Renaturierung besonders nützlich wäre, liegen dort.

Außerdem gibt es in Indonesien, und Kolumbien besonders viele Flächen, die Renaturierungs-Hotspots wären. Paradoxerweise sind das aber genau die Länder, in deren bestehende Regenwälder besonders von der Abholzung bedroht sind oder gerade im großen Stil abgeholzt werden.

Zudem ergab die Analyse, dass fast 90 Prozent der Renaturierungs-Hotspots sich mit Hotspots zum Schutz biologischer Vielfalt decken. „Das zeigt, dass Renaturierung und bestehender Naturschutz Hand-in-Hand gehen und man mit geeigneten Maßnahmen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann“, sagt Niamir.

Die internationale Studie hat daher einen ganz praktischen Anwendungsbezug: „Es ist an der Zeit, nicht nur darüber zu diskutieren, wie viel tropischer Regenwald renaturiert werden soll, sondern wo. Dabei müssen Prioritäten gesetzt werden und unsere Bewertung liefert ökologische und sozioökonomische Kriterien, die dabei helfen, eine konkrete Entscheidung über die optimalen Orte zur Renaturierung zu treffen.“

Dr. Aidin Niamir
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel. 069 7542 1912
aidin.niamir@senckenberg.de

Brancalion, P.H.S., Niamir, A., Broadbent, E. et al. (2019): Global restoration opportunities in tropical rainforest landscapes. Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.aav3223

https://advances.sciencemag.org/content/5/7/eaav3223

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Sabine Wendler Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

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