Sturmwarnung: 150 Jahre Schäden im Schweizer Wald

Windwurf-Fläche im Rorwald (Kanton Obwalden). "Lothar" hatte den Schadenschwerpunkt im Schweizer Mittelland und in den Voralpen. Reinhard Lässig (WSL)

Nidwalden, Freiburg, Aargau, Zug und Zürich. Dies sind in absteigender Reihenfolge die Kantone, in denen der Wald am meisten von den Winterstürmen, die zwischen 1865 und 2014 über die Schweiz hinweggefegt sind, in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Der Wissenschaftler Tilo Usbeck hat 26 grössere Ereignisse untersucht und miteinander verglichen: „In 150 Jahren hat es deutlich mehr als 26 Stürme gegeben, die Waldschäden angerichtet haben“, erklärt er. „Aber um über ausreichende Daten zu verfügen, habe ich nur diejenigen berücksichtigt, die mehr als 70 000 m3 Schadholz bewirkt haben. Die Sturmfolgen mussten ein gewisses Ausmass haben, um in kantonalen und eidgenössischen Registern erwähnt zu werden.“

Stärkerer Wind, höhere Temperaturen, mehr Niederschlag

Über den Untersuchungszeitraum stellt man fest, dass 23 der 26 berücksichtigten Ereignisse Schäden von weniger als 2 Millionen m3 Holz angerichtet haben. Nur drei Ereignisse waren grösser: ein Sturm im Jahr 1967 (2,9 Millionen m3), der Orkan Vivian im Februar 1990 (5,1 Millionen m3) und der Orkan Lothar im Dezember 1999 (14 Millionen m3, also das 200-fache des für die Studie gewählten unteren Grenzwerts).

Die Ergebnisse zeigen einen allmählichen Anstieg des absoluten und relativen Ausmasses der Schäden sowie ihrer Häufigkeit. Seit 1865 sind mehrere Faktoren zusammengekommen, die einen Anstieg der Schäden bewirkt haben: Zunahme des stehenden Holzvorrats sowie der Windgeschwindigkeit, Temperaturen und Niederschläge.

Die Untersuchungen zeigen, dass nach rund hundert Jahren relativer Ruhe und begrenzter Schäden die letzten Jahre des 20. und die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts von heftigeren Stürmen gekennzeichnet waren. Seit rund zehn Jahren hat sich die Lage dann wieder beruhigt. Tilo Usbeck zufolge „bedeutet dies nicht, dass es in den vergangenen zehn Jahren keinen heftigen Sturm gab. Aber die Zugbahnen der Stürme, die über Europa hinwegzogen, lagen weiter nördlich, und die Schweiz ist verschont geblieben.“

Mit kräftigen Stürmen ist weiterhin zu rechnen

Auch wenn die Zusammenhänge zwischen der Klimaerwärmung und einer möglichen Zunahme starker Winterstürme noch diskutiert werden, rechnet man für die Zukunft mit weiteren erheblichen Sturmschäden. Denn unabhängig von der Stärke der Stürme nehmen die Waldfläche und das durchschnittliche Holzvolumen pro Hektar in der Schweiz zu. 

Die Regionen auf der Alpennordseite, im Mittelland und im Jurabogen sind Stürmen weiterhin am meisten ausgesetzt, der Süden und Osten des Landes hingegen dürfte von andauernden Sturmereignissen weniger exponiert sein. Höhenzüge wie der Jura und die Alpen spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Winterstürmen. Dies kann sich sowohl in einer Zunahme der Schäden im Mittelland oder in den Voralpen als auch in deren Abnahme in den inneralpinen Regionen und auf der Alpensüdseite äussern.

Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit konnten bereits bei der Waldplanung in den besonders gefährdeten Regionen berücksichtigt werden. Man achtet jetzt darauf, der Auswahl der Arten oder dem Alter der Bäume grössere Bedeutung beizumessen, um die Sturmfestigkeit der Wälder zu verstärken.

http://www.wsl.ch/medien/news/sturm_diss_usbeck/index_DE News-Meldung Eidg. Forschungsanstalt WSL

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Reinhard Lässig Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

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