Molekularer Trick macht Bt-Toxin wieder scharf

Das Bodenbakterium Bacillus thuringiensis gilt in der ökologischen wie in der transgenen Landwirtschaft gleichermaßen als Wunderwaffe: Durch eine hochspezifische Wirkweise tötet ein Protein dieses Bakteriums gezielt bestimmte Schädlinge, während Nützlinge in aller Regel verschont bleiben. Dieses sogenannte Bt-Toxin wird in der ökologischen Landwirtschaft als Insektizid versprüht, transgene Bt-Pflanzen produzieren das Gift selbst in ihren Zellen.

Zuletzt ist diese Wunderwaffe jedoch stumpfer geworden: Das Bt-Toxin wirkt so spezifisch, weil es nur dann zum aktiven Gift wird, wenn es im Darm der Insekten auf Zellen mit einer ganz bestimmten Oberflächen-struktur trifft. Gelegentlich führen Zufallsmutationen jedoch dazu, dass sich bei einem Zielorganismus diese Struktur plötzlich ändert. Das Bt-Toxin dockt nicht mehr an, ist nicht mehr tödlich, und die Mutation kann sich innerhalb der Art des Zielorganismus' durchsetzen – er wird resistent.

Teams der University of Arizona und der Universidad Nacional Autónoma de México haben diesen Zusammenhang genau studiert und berichten nun in „Nature Biotechnology“ von einer erfolgreichen Gegenmaßnahme. Die Forscher analysierten die vollständige Interaktion zwischen Bt-Toxin und Darmzellen auf molekularem Level und identifizierten beteiligte Rezeptoren und Enzyme. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass die Interaktion zwischen Bt-Toxin und einem transmembranen Glykoprotein namens Cadherin dazu führt, dass Enzyme des Insekts einen kleinen Teil des Toxins abspalten. Gleichzeitig fanden die Forscher, dass die rosarote Baumwollkapsel-raupe ihre Resistenz tatsächlich daraus bezieht, dass Mutationen dieses Cadherin verändert haben. Das Bt-Toxin bindet nicht mehr, die Enzyme spalten keinen Teil mehr ab, der tödliche Effekt bleibt aus.

Die Gegenmaßnahme klingt naheliegend, setzt jedoch einige gentechnische Arbeit voraus: Sie umgehen das Cadherin komplett. Die Teams haben dazu das Bt-Toxin molekular so verändert, dass es nicht mehr an ein Cadherin binden muss, sondern selbst in der Lage ist, die Enzyme zu aktivieren, die schließlich einen Teil des Toxins abspalten und so die tödliche Wirkung erzeugen.

Erste Tests mit resistenten Baumwollkapselraupen verliefen erfolgreich. Daraufhin vermuteten die Wissenschaftler, dass ihre Methode eigentlich bei allen Insekten funktionieren müsste, die ihre Resistenz aus Mutationen des Cadherins beziehen. Die Teams schicken normale und veränderte Bt-Toxine an Kollegen in aller Welt, ohne mitzuteilen, welche Variante welche ist. Dann sollten die Toxine an unterschiedlichen resistenten Insekten erprobt werden – was zu einer Überraschung führte. Das veränderte Bt-Toxin wirkte nicht bei allen Insekten mit verändertem Cadherin, dafür jedoch bei manchen Insekten, die ihre Resistenz auf anderem Wege beziehen, da ihr Cadherin unverändert ist.

Offensichtlich ist der Mechanismus komplizierter als vermutet. Die Autoren der Studie raten daher dazu, die Resistenzen auf Einzelfallbasis zu analysieren. Der Agrarkonzern Pioneer will den Ansatz der Forscher gegen die rosarote Baumwollkapselraupe auf jeden Fall erproben.

Quelle:
Bruce E Tabashnik et al. (2011) Efficacy of genetically modified Bt toxins against insects with different genetic mechanisms of resistance; Nature Biotechnology (published online 09 October 2011) doi:10.1038/nbt.1988

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