Wenn die „Möwe“ mit dem „Kiebitz“… – TU Dresden in Verbundprojekt "Retrokartoffel"

Birte, Laura oder Salome; ein Kenner, wer sie auseinanderschmeckt. Von der Wildform bis zu hoch entwickelten Kultursorten reicht das Spektrum der Kartoffel heute; tausende Varianten lassen sich nur genetisch unterscheiden.

Dennoch werden aus den bekannten „Eltern“ jedes Jahr neue, leistungsfähige Kartoffelsorten gezüchtet. Ein langer Prozess ist das: Von der ersten zielgerichteten Kreuzung bis zur Markteinführung vergehen nicht selten mehr als 14 Jahre.

Um die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen verschiedenen Kartoffelsorten bestimmen zu können, identifizieren Molekularbiologen der Technischen Universität Dresden bestimmte genetische Marker, so genannte SINEs (Short Interspersed Nuclear Elements) in der Kartoffel-DNA. SINEs sind wenige hundert Basenpaare lang; einmal in das Kartoffel-Genom integriert, verbleiben sie bei Sortenkreuzungen meist an ihrem Ort. So können die Forscher einen „Kartoffelstammbaum“ konstruieren.

SINEs – robuste Marker für die Genomanalyse

„Wenn Sie Ihre Kartoffeln immer im Supermarkt kaufen, kennen Sie vermutlich nur drei Sorten: mehlig, festkochend und vorwiegend festkochend,“ bemerkt Thomas Schmidt trocken. Das Team um den Dresdner Professor für Zell- und Molekularbiologie der Pflanzen möchte dafür sorgen, dass das wieder anders wird. Mithilfe der SINEs identifizieren und überprüfen sie – in einem Verbundprojekt mit dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung Gatersleben (IPK) – die Sortenechtheiten und Sortenreinheiten von „Möwe“, „Kiebitz“ oder „Pirol“, aber auch von weniger bekannten, südamerikanischen Knollen. „SINEs helfen der Kartoffel-Genbanksammlung dabei, herauszufinden, ob hinter verschiedenen Namen vielleicht dieselbe genetische Sorte steckt,“ sagt Schmidt; „oder ob sich vielleicht sogar hinter einem eingebürgerten Sortennamen verschiedene Züchtungen verbergen.“ Durch ein an der TU Dresden entwickeltes Verfahren können SINEs der Kartoffel optimal charakterisiert und ihre biologische Vielfalt genauer beschrieben werden – nicht zuletzt eine Verbesserung, die dem Verbraucherschutz zugute kommt.

Die im Genom gespeicherte Information bestimmt auch größtenteils die Eigenschaften der Kartoffel. Deshalb sind die Erkenntnisse der Dresdner so wichtig für die Züchter. Für den Industriepartner des Projekts, die NORIKA GmbH, wird der Züchtungsprozess auf diese Weise übersichtlicher. Die universitäre Grundlagenforschung hilft den Kartoffelzüchtern, genetische Zusammenhänge zu verstehen und zu nutzen und so zielgerichtet neue Sorten zu entwickeln. Sie durchsuchen die Gene der Kartoffel auf Resistenzen, prüfen die ackerbaulichen Merkmale von Sorten und kreuzen sie, um neue verbesserte Kombinationen der Qualitätseigenschaften zu erhalten.

Die Retrokartoffel auf der Grünen Woche

Auf der „Grünen Woche“ informieren die Projektpartner über die Züchtung von Kartoffeln und die Forschung am Kartoffelgenom. Dargestellt und erklärt werden die Geschichte der Kulturkartoffel, die deutsche Kartoffel-Genbanksammlung und die Erforschung von DNA-Sequenzen des Kartoffelgenoms. Interessenten können sich über aktuelle Sorten und geplante Züchtungen kundig machen.

Informationen für Journalisten:
Prof. Dr. rer. nat. habil. Thomas Schmidt
Lehrstuhl für Zell- und Molekularbiologie der Pflanzen
Institut für Botanik
Technische Universität Dresden
D-01062 Dresden
Tel.: +49 (0)351 463-39588
Fax: +49 (0)351 463-39590
E-Mail: Thomas.Schmidt@tu-dresden.de

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Mathias Bäumel idw

Weitere Informationen:

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