Der Kaviar unter den Düngern

Nach drei Jahren intensiver Entwicklungsarbeit hat das Konsortium aus Forschern und Forscherinnen aus dem russischen St. Petersburg, dem Otto Schott Institut in Jena und dem Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig ihr Ziel erreicht: ein funktioneller Phosphordünger komplett vom Reißbrett.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Phosphordüngern, die üblicherweise durch Lösen von phosphorhaltigen Gesteinen in Säuren hergestellt werden, wird dieser Dünger aus den klassischen Grundstoffen der Glasherstellung unter Zusatz reiner Phosphate erschmolzen. Der besondere Vorteil: durch Variation von Ausgangstoffen sowie von Dauer und Temperatur im Schmelz- und Auskühlungsprozess lassen sich Materialien mit über weite Bereiche definierbaren Lösungseigenschaften fertigen.

Durch Veränderung der Glaszusammensetzung können Lösungszeiten in 2%iger Zitronensäure von wenigen Tagen bis zu vier Jahren eingestellt und so die Versorgung aus dem Dünger optimal an den Phosphorbedarf der Pflanze angepasst werden. Im Ergebnis kann die bei herkömmlichen Phosphordüngern geringe Ausnutzung durch Pflanzen, die im Anwendungsjahr üblicherweise kaum mehr als 10% beträgt, mehr als verdoppelt werden. Ein Effekt, der besonders auch der Umwelt zugute kommt, da dann zwangsläufig auch weniger Phosphor in Grund- und Oberflächengewässer verloren geht.

Ursprünglich arbeiteten die russischen Wissenschaftler/innen am St. Petersburger „Forschungs- und Entwicklungs-Institut für Optische Materialien“, wo zu Zeiten des Kalten Krieges Spezialgläser als Träger für militärisch relevante Mikroorganismen und die Herstellung von Lasern untersucht wurden. Während der damaligen Arbeiten beobachteten die Wissenschaftler/innen, dass bestimmte Glasmischungen unter widrigen Umwelteinflüssen rascher erblindeten. Was damals unerwünscht war, bildete aber mit der neuen friedlichen Zielsetzung der Arbeitsgruppe die Grundlage für die Idee des neuen Düngers: Glas, dass sich auflöst und dabei Phosphor für die Ernährung von Pflanzen freisetzt.

Gefördert wurde das anspruchsvolle Projekt aus einem Programm der Europäischen Union und der NATO, das nicht nur technisches Know-how der ehemaligen Waffenforschung in der Sowjetunion erhalten, sondern auch verhindern soll, dass Mitarbeiter/innen ehemals sicherheitssensibler Forschung in nicht mehr kontrollierbare Bereiche abwandern.

Die Idee haben die russischen Kolleginnen und Kollegen in die Gründung einer eigenen Firma eingebracht, die nun Interessenten für das Produktionsverfahren sucht. Das wiederum dürfte nicht ganz so einfach sein, denn wie echter Kaviar für seinen besonderen Geschmack, hat auch der Kaviar unter den Düngern für seine besonderen Eigenschaften seinen Preis und der liegt etwa 10 Mal so hoch wie bei marktgängigen Produkten.

Weitere Informationen:
Lipovskii et al.: Principal studies on phosphate glasses for fertilizers. Landbauforschung Völkenrode 4/2007 und http://www.avamarket.com/J_English/m.htm

Kontakt: Prof. Dr. Dr. Ewald Schnug und Dr. Jürgen Fleckenstein, Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde, Bundesallee 50, 38116 Braunschweig, Tel.: 0531 596 2101; E-Mail: pb@fal.de

Media Contact

Margit Fink idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Agrar- Forstwissenschaften

Weltweite, wissenschaftliche Einrichtungen forschen intensiv für eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Themen: Bioenergie, Treibhausgasreduktion, Renaturierung und Landnutzungswandel, Tropenwälder, Klimaschäden, Waldsterben, Ernährungssicherung, neue Züchtungstechnologien und Anbausysteme, Bioökonomie, Wasserressourcen und Wasserwiederverwendung, Artenvielfalt, Pflanzenschutz, Herbizide und Pflanzenschädlinge, digitale Land- und Forstwirtschaft, Gentechnik, tiergerechte Haltungssysteme und ressourcenschonende Landwirtschaft.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer