Ökolandbau ist in der Ressortforschung auf dem Vormarsch

Die Senatsarbeitsgruppe „Ökologischer Landbau“ hat am 2. März 2006 in der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig das vierte Statusseminar „Ressortforschung für den Ökolandbau“ veranstaltet. Eröffnet wurde die Veranstaltung vom Präsidenten des Senates der Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) – Gerhard Flachowsky. Er zeigte sich begeistert über die gute Resonanz und das spannende Programm. Neben rund 90 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus rund 40 verschiedenen Instituten und Forschungseinrichtungen waren Beratung und Praxis ebenso anwesend wie Universitäten und Kontrollstellen. Sechs Bundesforschungsanstalten und sechs Bund-Länder-Einrichtungen – die sogenannten WGL-Institute – haben ihre neuesten Ergebnisse präsentiert. Der Sprecher der Senatsarbeitsgruppe und gleichzeitig Leiter des Instituts für ökologischen Landbau der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) – Gerold Rahmann – war hoch zufrieden mit der Qualität der Vorträge und den spannenden Diskussionen.

Einmalig ist der interdisziplinäre Charakter der Veranstaltung. Bereits zum vierten Mal wurde in einer Veranstaltung über pflanzenbauliche, tierhalterische und ökonomische Forschungsergebnisse berichtet. Tierwissenschaftler hörten den Pflanzenwissenschaftlern zu, Agrartechnik-Wissenschaftler moderierten ökonomische Themen. Die Veranstaltung wird damit dem Anspruch der System-Betrachtung gerecht, die für den Ökolandbau essentiell ist. Hier hat die Wissenschaft wieder einiges zu lernen – über den Tellerrand ihres Spezialgebietes hinauszuschauen. Dass die Ressortforschung dieses kann, hat die Veranstaltung gezeigt.

In der Einleitung zum Seminar wurde die kontinuierlich steigende Bedeutung des Ökolandbaus hervorgehoben – weltweit und auch in Deutschland. Heute werden rund 31 Millionen Hektar nach den Kriterien des Ökolandbaus bewirtschaftet. Alleine in Deutschland sind dieses 800.000 Hektar. Die Biomärkte sind in den letzten Jahren weit über dem Niveau anderer Lebensmittel gewachsen. Alleine von 2004 auf 2005 hat der Umsatz um 15 Prozent auf rund 4 Milliarden EUR zugenommen. Deutschland ist damit der größte Markt in Europa. Alleine in diesem Jahrtausend, von 2000 bis 2005 hat sich der Umsatz mit Biolebensmitteln verdoppelt. Bis 2011 wird von einem Marktvolumen von 8 Mrd. EUR ausgegangen. Dieses hat auch den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und selbst die Discounter bewegt, Biolebensmittel anzubieten. Heute sind Bioprodukte in praktisch allen Lebensmittelgeschäften zu finden. Auch dieses war im letzten Jahrtausend nicht denkbar.

Der Ökolandbau steht auch wegen seiner zunehmenden Bedeutung vor Herausforderungen. Die permanente Verbesserung der Qualität der Produkte, die Verbesserung der Produktionsmethoden und nicht zuletzt die Wirtschaftlichkeit entscheiden über die Zukunft des Ökolandbaus. Hier kann die Wissenschaft helfen.

Stefan Kühne von der Biologischen Bundesanstalt (BBA) zeigte auf, dass die Bekämpfung von Schädlingen wie Käfer eine große Herausforderung für den Ökolandbau ist. Er forscht an natürlichen Bio-Pflanzenschutzmitteln wie Neem (Baumart in Asien), Coffein (Kaffee-Inhaltsstoff – eigentlich jedem bekannt) und Pyrethrum (wird aus der Ringelblume gewonnen), die dem Ökobauern helfen können, seine Erträge zu sichern und dabei nicht die Umwelt zu schädigen. Gute Erfolge konnte er dabei im Rapsanbau erzielen, die schwierigste Pflanzenkultur im Ökolandbau.

Ulrich Darsow von der Bundesforschungsanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ) konnte zeigen, dass die Zucht helfen kann, Kartoffeln widerstandsfähiger gegen die Kraut- und Knollenfäule zu machen, ohne dass dabei die Qualität beeinträchtigt wird.

Der zentrale Problembereich im Ökolandbau bleibt die Tiergesundheit. Der präventive Tierarzneimitteleinsatz ist verboten, Krankheiten können die Tiere leichter krank machen. Matthias Moje von der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (BFEL) aus Kulmbach hat die Schlachtkörper von Schweinen und Rindern aus ökologischer und konventioneller Haltung auf Krankheiten untersucht. Die ökologisch gehaltenen Tiere zeigen mehr Leberschäden als konventionelle Tiere. Ursache sind in der Regel Parasiten. Dagegen hatten Ökoschweine und Ökorinder deutlich weniger Schäden an Gelenken und der Haut (Technopathien), die auf die tiergerechtete und komfortable Haltung zurückzuführen sind.

Hiltrud Nieberg von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) stellte eine Studie über die Situation des Ökolandbaus in Mittel- und Osteuropa vor. Die mit dem Beitritt zur EU deutlich erhöhten Prämien haben zu einer gewaltigen Ausdehnung des Ökolandbaus geführt. Besonders Ungarn und Tschechien springen auf den Ökozug auf. Deutsche Ökobauern sollten aber keine Ängste haben, da die Qualität und die Quantität der Produktion nicht das deutsche Niveau erreichen. Auch bilden sich in diesen Ländern einheimische Biomärkte, die zum Teil durch deutsche Biovermarkter beliefert werden. Die Wirtschaftlichkeit ist auch in diesen Ländern – mit ihren niedrigen Löhnen – nicht unbedingt besser, da die Produktivität ebenfalls eher gering ist. Nur mittelfristig könnten starke Konkurrenten entstehen. Der Ökolandbau in Deutschland darf sich nicht auf seinem hohen Niveau ausruhen.

Das nächste, fünfte Statusseminar „Ressortforschung für den Ökolandbau“ wird in der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Detmold am 1. März 2007 stattfinden.

Kontakt: Dir. & Prof. Dr. Gerold Rahmann, Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), Institut für ökologischen Landbau, Trenthorst 32, D-23847 Trenthorst, Tel.: 04539 8880 0, E-Mail: oel@fal.de; download des Tagungsreaders: http://www.oel.fal.de

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Margit Fink idw

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