Ackerboden im Stahlgewand – Jülicher Wissenschaftler forschen in drei Meter Tiefe

Auf einem Acker im benachbarten Merzenhausen wurden die Lysimeter gefüllt. Dazu wurden sie mit Hilfe von Winden in den Ackerboden getrieben, anschließend mit dem Erdblock herausgehoben und zum Lysimeterkeller des Instituts für Agrosphäre transportiert <br>Fotos: Forschungszentrum Jülich <br>

In Deutschland werden pro Jahr etwa 30 000 Tonnen Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft eingesetzt. Wie verhalten sich diese Substanzen im Boden? Die Schadstoffe können zu harmlosen Verbindungen abgebaut werden. Sie können aber auch in das Grundwasser gelangen, den wichtigsten Trinkwasservorrat des Menschen. Auf Fragen dieser Art können die Jülicher Forscher des Instituts für Agrosphäre demnächst genauere Antworten geben. Ihnen steht jetzt eine Anlage von beeindruckender Größe zur Verfügung: ein unter-irdischer, begehbarer Lysimeterkeller.

Lysimeter sind große Edelstahlzylinder, in denen sich ein ausgestochener Erdblock befindet. Sie stellen einen Acker im Miniaturformat dar, der bepflanzt, gedüngt und mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wird. Die Jülicher interessiert besonders, was aus dem Lysimeter unten wieder herausfließt, denn genau diese Stoffe gelangen in der Praxis möglicherweise in das Grundwasser.
Drei Meter tief müssen sich die Forscher in die Erde begeben, um die Lysimeter von unten zu betrachten. Doch das geht ganz bequem, denn eine Treppe führt in die neue Anlage hinunter. In einen Keller von 350 Quadratmeter Grundfläche ragen durch die Betondecke zehn Stahlzylinder hinein.
Die 2,50 m hohen Lysimeter mit ihrer ausgeklügelten Technik helfen den Forschern, besser zu verstehen, welche Rolle das Wasser und die Bodenstruktur beim Transport von Stoffen spielt. So können sie zum Beispiel zukünftig beobachten, wie sich der belastete Boden einer Deponie im Laufe der Zeit verändert und wie viel der einzelnen Schadstoffe mit dem Sickerwasser ausgewaschen werden.
Die Wissenschaftler haben sich einiges ausgedacht, um die Bedingungen im Miniacker so realitätsnah wie möglich zu gestalten. So können sie verfolgen, wie sich der Wassergehalt des Bodens verändert, wenn Feuchtigkeit an der Oberfläche oder über die Pflanzen verdunstet. Dazu stellen die Jülicher ihre Lysimeter, die im befüllten Zustand immerhin 12 Tonnen wiegen, auf empfindliche Waagen. Diese stehen unter jedem der schweren Stahlzylinder und können auch eine Gewichtsänderung von 100 Gramm pro Quadratmeter noch messen.
Von so genannten Kapillarkräften im Boden hängt es ab, wie schnell Flüssigkeiten durch den Boden wandern. Daher legen die Agrarforscher an die siebartige Bodenplatte des Lysimeters eine Saugspannung an, die der im natürlichen Ackerboden entspricht.
Selbst die Temperatur im Lysimeterkeller ist nicht dem Zufall überlassen. Die Wissenschaftler haben eine Standleitung zu einem zehn Kilometer entfernten Versuchsfeld aufgebaut, von dem aus sie ständig die Temperatur aus eineinhalb Meter Bodentiefe abfragen. Online werden die Daten an die Temperatursteuerung der Lysimeteranlage weitergeleitet. So herrscht im Keller immer die gleiche Temperatur wie im Ackerboden.
?Mit der neuen Lysimeteranlage kann in Zukunft der Verbleib von Pflanzenschutzmitteln und Industriealtlasten unter realitätsnahen Bedingungen mit höchster Präzision untersucht werden?, erklärt Projektleiter Dr. Thomas Pütz die Einsatzmöglichkeiten, die den Boden durchschaubarer machen.

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Peter Schäfer idw

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