Arten verschwinden, Pflanzenfraß bleibt

Kalkmagerrasen bei Göttingen: Obwohl die Zahl der Pflanzenfresserarten sinkt, nimmt das Ausmaß des Pflanzenfraßes insgesamt nicht ab.

Intensive landwirtschaftliche Nutzung führt zu einer zunehmenden Fragmentierung der Landschaft und zu immer kleiner werdenden Lebensräumen, in denen sich immer weniger Tier- und Pflanzenarten finden. Das betrifft auch pflanzenfressende Insekten, bei denen insbesondere die Spezialisten betroffen sind.

Agrarökologen der Universität Göttingen haben nun anhand einer umfassenden Literaturauswertung herausgefunden, dass in diesen „Lebensrauminseln“ zwar immer weniger Pflanzenfresserarten vorkommen, die Ausmaße des Pflanzenfraßes insgesamt aber nicht abnehmen. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Ecology Letters erschienen.

Pflanzenfraß erfüllt eine wichtige Funktion in Ökosystemen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollten deshalb die naheliegende Vermutung prüfen, ob sich der Verlust von pflanzenfressenden Insektenarten negativ darauf auswirkt.

Auf der anderen Seite gibt es nämlich viele Hinweise, dass die Verinselung der Landschaft die natürlichen Gegenspieler der pflanzenfressenden Insekten stärker trifft als diese selbst – ein indirekter Effekt, der zu einer Erhöhung des Pflanzenfraßes führen könnte. Die umfangreiche Recherche und quantitative Auswertung der vorhandenen Literatur zu diesem Thema zeigte nun, dass zwar die Artenzahl, nicht aber die Funktion betroffen ist.

„Die Tatsache, dass es zwar weniger Pflanzenfresserarten, aber nicht weniger Pflanzenfraß gibt, spricht für die große Bedeutung weit verbreiteter und häufiger Arten, die den Artenzahlverlust ausgleichen und so den Pflanzenfraß als wichtige Ökosystemfunktion aufrechterhalten“, fassen die Forscherinnen und Forscher ihre Ergebnisse zusammen.

„Beim Naturschutz geht es demnach nicht nur um die Erhaltung seltener und spezialisierter Arten. Auch die große funktionelle Bedeutung dieser weit verbreiteten und häufigen Arten in unseren Kulturlandschaften sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden.“

Originalveröffentlichung: Rossetti, M. R., Tscharntke, T., Aguilar, R., Batáry, P. Responses of insect herbivores and herbivory to habitat fragmentation: a hierarchical meta-analysis. Ecology Letters (2017) 20, 264-272. Doi: 10.111/ele.12723.

Kontaktadresse:
PD Dr. Péter Batáry
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Abteilung Agrarökologie
Grisebachstraße 6, 37077 Göttingen
Telefon (0551) 39-9209
E-Mail: pbatary@gwdg.de

http://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=5740 Fotos
http://www.agroecology.uni-goettingen.de Abteilung

Media Contact

Thomas Richter idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Agrar- Forstwissenschaften

Weltweite, wissenschaftliche Einrichtungen forschen intensiv für eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Themen: Bioenergie, Treibhausgasreduktion, Renaturierung und Landnutzungswandel, Tropenwälder, Klimaschäden, Waldsterben, Ernährungssicherung, neue Züchtungstechnologien und Anbausysteme, Bioökonomie, Wasserressourcen und Wasserwiederverwendung, Artenvielfalt, Pflanzenschutz, Herbizide und Pflanzenschädlinge, digitale Land- und Forstwirtschaft, Gentechnik, tiergerechte Haltungssysteme und ressourcenschonende Landwirtschaft.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer