Nachhaltiger Tourismus in Deutschland

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Bei der Übergabe des Schlussberichtes „Entwicklung ländlicher Räume und nachhaltiger Tourismus“ an das Bundeskanzleramt verlangte heute in Bonn der Deutsche Naturschutzring (DNR) neue Initiative zur Förderung des Deutschlandtourismus.

DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen, der als Vorsitzender einer Arbeitsgruppe für den o.g. Schlussbericht verantwortlich war, betonte: „mit dem Bundeskanzler Schröder vorliegenden Konzept lassen sich neue Arbeitsplätze in nennenswerter Zahl beim Inlandtourismus schaffen und gleichzeitig Umweltbelastungen reduzieren. Das Bundeskanzleramt ist jetzt am Zuge und muss für die Umsetzung der Empfehlungen des Berichts sorgen.“

Konzept: Nachhaltiger Tourismus als Motor für die Entwicklung des Deutschlandtourismus

Ausgangssituation:

Im Jahre 2000 unternahmen die Deutschen 58,5 Millionen Urlaubsreisen mit mindestens einer Übernachtung im Inland und 62 Millionen ins Ausland (51 % aller Urlaubsreisen). Nach den Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) beliefen sich die inlandswirksamen Gesamtausgaben des Tourismus in Deutschland 1995 auf rund 275 Mrd. DM, 8 % des Bruttoinlandsproduktes. Damit liegt die Tourismusbranche in Deutschland umsatzmäßig noch vor der Chemieindustrie bereits an 6. Stelle. Die Branche gilt als Wachstumsbranche schlechthin. Nach Prognosen der Welttourismusorganisation WTO und der EU wird die Zahl der internationalen Gäste in Europa im Zeitraum 1995 bis 2010 um 57 % wachsen. Zwischen 2,2 und 3,3 Millionen zusätzlicher Arbeitsplätze dürften im Tourismus europaweit geschaffen werden. Nach den Berechnungen des DIW entfielen 1995 etwa 2,8 Millionen Beschäftigte in Deutschland auf den Sektor Tourismus. Das Konzept enthält nun konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Angebotsstruktur als auch zur Verbesserung der Vermarktungsstrategien. Von großer Bedeutung sind allerdings auch die Umgestaltung wichtiger Rahmenbedingungen. So müssen die attraktivsten Ferienregionen Deutschlands bequem und direkt mit dem Schienenverkehr erreichbar sein. Die jetzt von der DB AG vorgesehene Streichung zahlreicher IR-Strecken läuft dem direkt zuwider: davon betroffen sind Mittelgebirge (Schwarzwald, Thüringer Wald, Odenwald, Eifel, Hunsrück, die Seen in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Bodensee sowie landschaftlich interessante Flusstäler (Saar, Mosel, Obere Elbe, Oder, Ems). Riesige Möglichkeiten für die Entwicklung nachhaltiger Tourismusangebote bietet die Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik mit dem Ausbau der zweiten Säule „Förderung des ländlichen Raumes“. Hier müssen in den nächsten Jahren mindestens die Hälfte der Agrarmittel fließen, verlangte der DNR.

Auch unter Umweltgesichtspunkten ist es sehr sinnvoll, den Deutschlandtourismus zu fördern. So verursachen die Auslandsreisen 59 Millionen von den durch den Tourismus in Deutschland verursachten 74,6 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen!

Vorschläge zur Förderung des nachhaltigen Tourismus in Deutschland:

Natururlaub in Deutschland – Einführung innovativer Vermarktungsstrategien

Um eine weitgehend flächendeckende Stärkung strukturschwacher und geeigneter ländlicher Räume durch die Förderung eines nachhaltigen Tourismusangebots zu erreichen, muss die Bündelung und Vermarktung solcher Angebote vorangetrieben werden. Darüber stellt der Bericht fest, dass in verschiedenen Segmenten, wie z.B. Fahrradtourismus, Wandertourismus und Kanuwandern, bundesweiter Koordinierungsbedarf besteht, wenn die Vernetzung Regionen übergreifender Angebote gelingen soll. Und schließlich muss es mittelfristig gelingen, bestehende Angebote im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung qualitativ zu verbessern bzw. weitere Angebote im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu initiieren. Hierzu arbeitet die Bundesregierung gemeinsam mit den Umwelt-, Verbraucher-, Tourismus- und Kommunalverbänden an der Einführung der Umweltdachmarke „Viabono“ für den Deutschlandtourismus. Ziel dieser Initiative ist es, Angebot und Nachfrage nach umweltorientierten touristischen Leistungen zu steigern sowie Unternehmen und Kommunen, die umweltorientiert arbeiten, einen Marktvorteil zu verschaffen.

Vermarktungsinitiative „Natur erleben in Deutschland“

Ausgehend von den bestehenden Großschutzgebieten in Deutschland (Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturparke) wird dabei für den Deutschlandtourismus geworben. Mit Unterstützung der lokalen/regionalen Tourismusverantwortlichen und der Landesmarketinggesellschaften konnte in einem ersten Schritt erreicht werden, das bundesweit 87 Anbieter rund 200 Pauschalangebote zu dem Thema „Natur erleben in Deutschland“ eingereicht haben. Hiervon wurden rund 40 Anbieter mit etwa 70 Angeboten ausgewählt. Diese Angebote werden zunächst über eine Internet-Plattform vermarktet. Sie sind über eine Deutschlandkarte oder eine Themenauswahl (Wandern, Radfahren, Familienurlaub etc.) abrufbar und online (www.deutschlandtouristik.de) über Kreditkarte oder elektronisches Lastschriftverfahren buchbar.

Erstellung eines Leitfadens für Leistungsangebote“

Im Rahmen des Projekts wurde deutlich, dass nicht in allen Regionen das Angebot den Anforderungen des Projektes entspricht. Das Projekt umfasst daher auch die Erstellung eines Leitfadens, der Hinweise für die Angebotsentwicklung enthält.

Maßnahmen zur Förderung des Fahrradtourismus als wichtige Wachstumsbranche

Die bundesländerübergreifende Koordinierung des fahrradtouristischen Angebotes zu einem umweltfreundlichen und attraktiven, national und international vermarktbaren Gesamtangebot für Deutschland ist eine zentrale Empfehlung des Berichts. Im Jahr 2000 haben mehr als zwei Millionen Deutsche ihren Urlaub im Fahrradsattel verbracht. Insgesamt trägt der Fahrradtourismus jährlich mit ca. 10 Mrd. DM zum touristischen Umsatz in Deutschland bei (Quelle: Reiseanalyse 2000, F.U.R.). Dabei ist festzustellen, dass derzeit ein Großteil der Deutschen den Fahrradurlaub im Inland und nicht im Ausland verbringt. Für die Entwicklung eines sog. D-Routennetzes national bedeutsamer Radfernwege wurden mit Unterstützung des BMWi bereits wichtige Vorarbeiten geleistet.

Bundesweite Koordinierung

In Deutschland existiert derzeit ein Radfernwegenetz mit einer Länge von rund 40.000 Kilometern. An vielen dieser Wege mangelt es an nutzergerechten Serviceangeboten und guter Beschilderung. Während es für die Vermarktung eines bundesweiten Angebots Strukturen gibt (z.B. DZT), fehlt es an Konzepten zur mittelfristigen Qualitätssicherung der Infrastruktur. In Deutschland besteht die Gefahr, gegenüber anderen europäischen Ländern wie Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich den Anschluss zu verlieren. Diese Länder verfügen bereits über nationale Koordinierungsstellen, während es in Deutschland z.B. für das bereits laufende EU-Projekt „Eurovelo“ keinen Ansprechpartner gibt.

Der Aufbau der notwendigen Infrastruktur und ihre Qualitätssicherung sind die Grundlage einer zielgruppengerechten Vermarktung und einer weiteren positiven Entwicklung im Fahrradtourismus. Die Förderbedingungen für Radfahrwege müssen sich an einheitlichen Qualitätskonzepten orientieren und einen bundesweiten Entwicklungsprozess initiieren, in den alle Bundesländer eingebunden sind. Erste Schritte wurden mit dem F+E-Vorhaben „Koordination und Integration von Radwegen, auch Radfernwegen in den Stadtverkehr, Demonstrationsvorhaben“ unternommen. Diese Ansätze sollen zu einem bundesweiten Konzept entwickelt werden.

Im Bericht wird die Einrichtung einer bundesweiten Koordinierungsstelle „Fahrradtourismus“ beim ADFC, ggf. in Verbindung mit weiteren Partnern aus dem Tourismusbereich vorgeschlagen. Dafür sind die erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen.

Maßnahmen zur Förderung des Wandertourismus

Die bundesweite Bündelung der überregional bedeutsamen Wanderwege wird aus Sicht aller Verbände als wichtige Grundlage zur Förderung eines leistungsstarken nachhaltigen Tourismus in Deutschland angestrebt. Als eine immer beliebtere Form des Wanderurlaubs erweist sich das Kanuwandern. Mehr als 100.000 Menschen verbringen einen oder mehrere Tage im Jahr mit Kanuwandern. Angebote und Serviceleistungen bieten hier vor allem der Deutsche Kanuverband und die Hessische Kanuschule.

Kommunikationsforen und Handreichung zur Förderung des Wandertourismus

Derzeit existieren in Deutschland 190.000 km markierte Wanderwege, die von ca. 15 Mio. deutschen Wanderern zur Freizeit- und Urlaubsgestaltung genutzt werden. Eine wichtige Voraussetzung für die Nutzung dieser erholungsorientierten und touristischen Infrastruktur ist die von etwa 20.000 Mitgliedern der Gebirgs- und Wandervereine in ehrenamtlicher Arbeit geleistete Markierung und Pflege. Nach einer Schätzung der DGF leisten die Wander- und Gebirgsvereine somit einen Beitrag zur Wertschöpfung von 30 Mio. DM. Damit diese Leistung auch nach qualitativen Gesichtspunkten zu einem noch stärkeren touristischen Nutzen regional und bundesweit führt, bedarf es der Koordinierung und Qualifizierung der wanderspezifischen Potentiale Deutschland.

Bundesweite Internet-Informationshilfe zu Wanderangeboten

Nach den Empfehlungen des Berichts soll durch ein Internetportal die Planung und Vorbereitung zur Durchführung einer Wandertour durch die Verfügbarkeit aller relevanten Daten aus einer Hand erleichtern und Informationen über Unterkünfte, Pauschalangebote mit Gepäcktransport, Kartenmaterial und Streckenführung beinhalten. Eine virtuelle Plattform mit Informationen rund um das „Wanderbare Deutschland“ wird darüber hinaus neue Zielgruppen im Wandertourismus ansprechen.

Im Bericht wird vorgeschlagen, die Internet-Plattform im Wege einer Anschubfinanzierung für ein Kooperationsprojekt vom Deutschen Tourismus Verband und dem Verband Deutscher Gebirgs- und Wandervereine zu schaffen. Die beteiligten Verbände gewährleisten die Pflege und Weiterführung der Plattform. Das Internet-Portal soll bis zum Sommer 2002 einsatzbereit sein.

Ausrufung einer deutschen „Landschaft des Jahres“

Seit mehr als 10 Jahren wird in Zusammenarbeit mit der NaturFreunde Internationale in Europa die „Landschaft des Jahres“ ausgerufen. 2000/2001 war dies der Böhmerwald. 2001/2002 wird dies das „Alte Flandern“ sein. Solche Landschaften sollen sich als Vorreiter für eine ökologische Tourismusregion darstellen.

Im Bericht wird empfohlen, auch in Deutschland eine „Landschaft des Jahres“ auszurufen. Die NaturFreunde bieten bei diesem Projekt mit ihren Erfahrungen die Übernahme der Federführung an. Bei der Festlegung von Kriterien kann z.B. auf die Erfahrungen des Projekts „Europäische Charta für einen nachhaltigen Tourismus in Schutzgebieten“ oder die „Viabono“-Kriterien Kommunen/Regionen zurückgegriffen werden.

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Helmut Röscheisen ots

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