Wandel im Banken- und Wirtschaftsaufsichtsrecht
R. Pitschas, R. Stober, G. Braun und B. Speyer entwerfen auf Speyerer Wirtschaftsforum ein Modell für eine neue Struktur der Wirtschaftsaufsicht
Der Lipobay-Skandal, die Jagd nach Terroristengeldern, die möglichen Kosten für Sky-Marshals bei der Lufthansa und das neue Weingesetz, all dies sind Probleme der Wirtschafts- und Bankenaufsicht. Über 40 renommierte Wirtschaftsexperten aus Deutschland, Japan und Südkorea sind seit gestern Nachmittag an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer zu Gast, um drei Tage lang über ein „neues Wirtschafsrecht“ zu diskutieren . Einige der Teilnehmer, darunter Prof. Dr. Koichiro Aga-ta aus Tokio und Prof. Dr. Dr. Jong Hyun Seok aus Korea, hatten sich bereits am Dienstag zu einem ersten Gedankenaustausch bei einem Abendessen in Siebeldingen getroffen.
In seinem Eröffnungsvortrag prognostisierte der Vorsitzende der Tagung, Professor Dr. Rainer Pitschas von der DHV Speyer eine neue Blüte des Wirtschaftsverwaltungsrechts, da die Verwaltungsmodernisierung jetzt auch die Wirtschaft und den Finanzdienstleistungssektor erfasse und – wie es die jüngsten Ereignisse zeigen die – eine Änderung in der Aufsichtsstruktur notwendig mache. Liberalisierung, aktivierender Staat, Privatisierung, Deregulierung und eine spätestens seit BSE erkennbare neue Dimension des Verbraucherschutzes bilden den Rahmen, in dem sich das „neue Wirtschaftsaufsichtsrecht“ entwickeln soll.
Der hier bevorstehende Wandel ist dramatisch; dies glaubt zumindest der Geschäftsführende Direktors des Instituts für Wirtschaft der Universität Hamburg, Professor Dr. Dr. h.c. Rolf Stober. Er ging in seinem Vortrag auf die Internationalisierung der Wirtschaftsaufsicht und auch des Verbraucherschutzes ein und versuchte dabei das neue Wirtschaftsrecht als „Querschnittmaterie“ aus ökonomischer Analyse und rechtlicher Dimension erstmals zu definieren. Aus den bisher konkurrierenden Prinzipien kontrollierender Staatsverantwortung und selbstständiger Unternehmensverantwortung entwickelte Stober ein Modell gemeinschaftlich vernetzter Mitverantwortung. Dem Staat werden hierin neben seiner klassischen kontrollierender Rolle subsidiäre, kooperative und gewährleistende Funktionen zugedacht, mit denen er als überwachender Partner neben die Unternehmen tritt. Profitieren wird hiervon der Verbraucher, aber auch für die Unternehmen kann dieser Wandel positiv sein. Sie würden in vielen Bereichen, in denen sie derzeit vom Staat noch eingeengt werden, mehr Sicherheit und neue Freiräume gewinnen. Stober erläuterte dies am Beispiel des Berufszulassungsrechts und der monopolistischen Erwerbstätigkeit der öffentlichen Hand.
Umsetzbar sei das neue Recht jedoch nur auf kooperativer internationaler Ebene durch die Überführung von geltenden Absprachen, Regelungen und Vereinbarungen in ein interkulturelles und internationales „hartes Recht“.
Speziell die Internationalisierung von Bankengeschäft und Bankenaufsicht stand im Mittelpunkt des Vortrages von Dr. Bernhard Speyer von der Abteilung Research/Economics der Deutschen Bank AG. Anschließend setzte sich der Vorstandssprecher der Volks- und Raiffeisenbank Speyer, Gerhard Braun, eingehend mit den Auswirkungen dieser Entwicklungen speziell auf die kleinen und mittelständischen Banken auseinander.
Nach lebhafter Diskussion schloss der erste Tag des Forums um 18.30 Uhr mit einem Empfang der Hochschule. Morgen werden die Baseler Eigenkapitalvereinbarungen und die Frage nach der Notwendigkeit einer europäischen Aufsichtsinstanz im Mittelpunkt der Diskussionen stehen, an denen neben Jürgen Baum von der Generaldirektion Binnenmarkt in der EU-Kommission auch der rheinland-pfälzische Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Hans-Arthur Bauckhage, teilnehmen wird.
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