Rentenmarkt: Verschnaufpause

Nach deutlichen Renditeaufschlägen in den Vormonaten präsentieren sich die internationalen Bondmärkte derzeit merklich entspannter. So tendierten die Staatsanleihen der Eurozone im Fahrwasser der US-Vorgaben fester, nachdem die Notenbank die Zinserhöhungsrunde wie erwartet mit einem kleinen Zinsschritt von 25 Basispunkten eröffnete, einige Frühindikatoren auf einen Momentumverlust der US-Wirtschaft hindeuteten und der Arbeitsmarktsmarktbericht für Juni eine unerwartet deutliche Verlangsamung des Jobwachstums in den USA offenbarte. Verglichen mit dem Juni-Hoch rentieren zehnjährige Treasuries aktuell rd. 40 Stellen tiefer bei 4,50 Prozent, die Verzinsung von Bundesanleihen gleicher Laufzeit ermäßigte sich nach dem zuvor nur unterproportionalen Renditeanstieg um rd. 15 Stellen auf aktuell 4,25 Prozent.

Die weltweite Konjunkturentwicklung im ersten Halbjahr verlief unter dem Strich nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines stärker als erwarteten Wachstumstempos in den USA und einer kräftigen Erholung der japanischen Volkswirtschaft überraschend positiv. Zu Beginn des zweiten Halbjahres aber lebt erneut eine Diskussion darüber auf, bis zu welchem Grad teure Rohstoffe, verminderter geld- und fiskalpolitischer Anschub, hohe Verschuldung der US-Verbraucher, defizitäre amerikanische Leistungsbilanz sowie konjunkturdämpfende Maßnahmen in China die globale Expansion belasten könnten. Insbesondere Deutschland wäre von einer nachgebenden außenwirtschaftlichen Säule stark betroffen, da kaum vor 2005 mit einer auch arbeitsmarktwirksamen Verbreiterung der Erholung auf Binnensektoren zu rechnen ist. Doch es sprechen gewichtige Gründe dagegen, bereits das vorzeitige Ende des Konjunkturzyklus für die USA ins Auge zu fassen. So weist beispielsweise der ISM-Einkaufsmanagerindex trotz aktueller Konsolidierung noch immer einen höheren Stand aus, als im gesamten vergangenen Konjunkturzyklus. Auf der anderen Seite zeigen Konsumklimaindikatoren wohl nicht zuletzt mit Blick auf die insgesamt positive Richtung am Arbeitsmarkt steigende Tendenz. Per saldo ist eine Normalisierung des Expansionstempos in der Nähe des Potenzialwachstums bei 3 bis 3,5 Prozent wahrscheinlich, während für Euroland erst 2005 eine Zuwachsrate mit einer Zwei vor dem Komma als erreichbar gilt.

Für die Zentralbanken ergibt sich zunächst keine Notwendigkeit einer Kursänderung. Die primär olpreisbedingt erhöhten Inflationsraten beidseits des Atlantiks fielen zuletzt leicht zurück und auch die Geldmengenexpansion scheint sich zu normalisieren. Die europäischen Währungshüter dürften daher auf Sicht weiter eine abwartende Politik verfolgen, während die US-Notenbank ihren restriktiveren Kurs in moderatem Tempo fortsetzen kann. Statt einer Trendumkehr zu nachhaltig fallenden Renditen ist nach einer Verschnaufpause jedoch einzukalkulieren, dass die Bremswirkung gradueller geldpolitischer Verschärfung auf die globalen Auftriebskräfte sowie dauerhaft sinkende Rohstoffpreise noch keineswegs ausgemachte Sache sind. Bei Neuanlagen verdienen Laufzeiten bis in den mittleren Bereich hinein daher weiterhin den Vorzug.

Media Contact

Jürgen Pitzer Landesbank Rheinland-Pfalz

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