Auch bei Banken gilt: Es prüfe, wer sich bindet

Mit 2,79 Milliarden Euro übernahm die Deutsche Bank im September 2008 fast 30 Prozent der Deutschen Postbank AG – ein Zusammenschluss, der für Aufsehen sorgte, aber dennoch nur einer von vielen.

Zum Jahresende 2007 gab es in Deutschland 635 Kreditinstitute weniger als sieben Jahre zuvor – so die Statistik der Deutschen Bundesbank. Grund waren in den meisten Fällen Fusionen. „Die Institute wollen so ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken“, erklärt Dr. Susanne Maurenbrecher, die sich im Rahmen ihrer Promotion an der TU Chemnitz unter anderem damit beschäftigt hat, wie sich der Umgang mit Kernkompetenzen auf den Erfolg von Sparkassenfusionen auswirkt.

„Untersuchungen ergeben, dass viele Bankenzusammenschlüsse nicht erfolgreich sind. Das liegt auch daran, dass bei den Diskussionen über mögliche Fusionen häufig nicht oder nur unzureichend beachtet wird, ob die Institute bezogen auf ihre Kernkompetenzen zusammenpassen“, so Maurenbrecher, die an der Hochschule Harz in Wernigerode studiert hat, bevor sie an der Professur Unternehmensrechnung und Controlling der TU Chemnitz unter Betreuung von Prof. Dr. Uwe Götze promovierte. Inzwischen arbeitet sie im Controlling der Bank DnB NORD in Kopenhagen.

„Wichtig sind für erfolgreiche Fusionen insbesondere die Kernkompetenzen – also die Fähigkeiten, anhand derer sich die Unternehmen spürbar unterscheiden und Wettbewerbsvorteile realisieren“, erklärt Maurenbrecher.

Finanzinstitute könnten beispielsweise mit ausgeprägter Kundennähe und intensiver Beratung punkten. Problematisch wird es, wenn bei Fusionen die Kompetenzen der einzelnen Institute zerstört werden – weil zum Beispiel viele Mitarbeiter die Sparkasse verlassen oder Abläufe geändert werden. „Damit können auch Wettbewerbsvorteile vernichtet werden“, fasst Maurenbrecher ein Ergebnis ihrer Dissertation zusammen. Sie empfiehlt, die besonderen Stärken jedes einzelnen Hauses konsequent in den Fusionsprozess einzubeziehen. Die Ergebnisse hat Maurenbrecher anhand einer qualitativ ausgerichteten empirischen Untersuchung gesammelt, in der sie sieben Zusammenschlüsse von Sparkassen betrachtet hat. Hieraus leitet sie Gestaltungsempfehlungen ab, wie Kreditinstitute Fusionen kompetenzorientiert planen und durchführen sollten. Dabei gliedert sie den Zusammenschluss in vier Phasen: Strategische Planung, Vorbereitung, Transaktion und Integration.

Im Rahmen der Strategischen Planung sollten die Kernkompetenzen der einzelnen Institute sowohl identifiziert als auch bewertet werden und als Grundlage für die Auswahl des Fusionspartners dienen. Hierzu empfiehlt Maurenbrecher eine Stärken-Schwächen-Analyse entlang der so genannten Wertkette des Wettbewerbers, in der die strategisch relevanten Tätigkeiten des Institutes systematisch erfasst sind. „Dabei sollten alle zugänglichen Informationsquellen, die Rückschlüsse auf die Stärken und Schwächen des untersuchten Instituts zulassen, genutzt werden: beispielsweise persönliche Eindrücke und Kontakte auf Basis von Kooperationen, Kundengespräche, Geschäftsberichte und Presseartikel“, erklärt Maurenbrecher.

Während der Phase der Vorbereitung sollten Banken das Instrument der Due Diligence-Prüfung nutzen, um ihren potenziellen Fusionspartner auf Herz und Nieren zu testen. „Ein Ergebnis der empirischen Untersuchung ist, dass in dieser Prüfung neben Kompetenzaspekten auch die Unternehmenskultur betrachtet werden sollte“, berichtet Maurenbrecher und ergänzt: „Weiterhin hat die Untersuchung gezeigt, dass bei dieser Prüfung zwischen den beteiligten Sparkassen in der Regel bereits Einvernehmen über das Eingehen der Fusion herrscht. Die Due Diligence wird nur als eine Art Pflichtübung verstanden und nicht, wie bei anderen Banken, als ergebnisoffener Prozess, bei dem eine reelle Exit-Option besteht.“ Aufgrund dessen sei bei Sparkassen im Vorfeld der Due Diligence-Prüfung von einer relativ hohen Bereitschaft der Fusionspartner zur Offenlegung relevanter Daten und Informationen auszugehen. Zur Einbindung der Kernkompetenzen in diese Prüfung empfiehlt Maurenbrecher gemeinsame Workshops oder Einzelinterviews.

Die Transaktion schließlich umfasst bei Fusionen von Sparkassen lediglich die Beschlussfassung sowie die Vertragsunterzeichnung, sodass es für diese Phase keine kompetenzbezogene Handlungsempfehlung gibt. Zwei Hauptaufgaben benennt die Wirtschaftswissenschaftlerin hingegen für die Phase der Integration: Die Zusammenführung und den Schutz der Kernkompetenzen. „Banken sollten die Zusammenführung der vorhandenen Kernkompetenzen in Fusionsprozessen bewusst planen und gestalten, um sie auf diesem Wege erhalten und nach Möglichkeit sogar weiterentwickeln zu können“, sagt Maurenbrecher und ergänzt: „Die Handlungsempfehlung richtet sich primär darauf, dass Banken ausgehend von ihren identifizierten Kernkompetenzen versuchen sollten, für diese ein ideales organisatorisches Umfeld innerhalb der geltenden Rahmenbedingungen zu schaffen.“

Ein Bankenzusammenschluss mit den damit ohnehin einhergehenden Veränderungen kann schließlich genutzt werden, um ein Kernkompetenzmanagement fest zu etablieren. „Institute, die den Fusionsprozess kernkompetenzorientiert gestaltet haben und damit über fundierte Kenntnisse ihrer Kernkompetenzen verfügen, sollten dieses Wissen in eine institutionalisierte Managementform einbringen, um es auch zukünftig nutzen und die damit verbundenen Potenziale systematisch ausschöpfen zu können“, erklärt Maurenbrecher.

Die Ergebnisse der Untersuchung lassen sich für deutsche Sparkassen verallgemeinern. „Eine Übertragbarkeit bezogen auf Privat- und Genossenschaftsbanken ist allerdings methodisch nur bedingt gegeben“, so Maurenbrecher. Die Dissertation ist erschienen im Verlag der Gesellschaft für Unternehmensrechnung und Controlling m.b.H. (GUC), Chemnitz.

Bibliographische Angaben: Susanne Maurenbrecher:
Bankenzusammenschlüsse im Fokus des Kernkompetenzansatzes:
Bezugsrahmen, Fallstudienanalyse, Gestaltungsempfehlungen. Chemnitz 2009, 420 Seiten, GUC Verlag, ISBN 978-3-934235-71-7, Preis: 49,95 Euro

Weitere Informationen erteilen Dr. Susanne Maurenbrecher, E-Mail susanne@maurenbrecher.de, sowie Prof. Dr. Uwe Götze, Telefon 0371 531- 26160, E-Mail uwe.goetze@wirtschaft.tu-chemnitz.de

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Katharina Thehos idw

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