Zuverlässigkeitsbasierte Bemessung von Uferdeckwerken

Loses Schüttsteindeckwerk und Einwirkungen aus einer Schiffspassage.
Bundesanstalt für Wasserbau

Forschungsergebnisse aus dem BMVI-Expertennetzwerk erweitern bestehende Bemessungsregeln um Methoden zur Berücksichtigung von Unsicherheiten.

Wirtschaftliche Gütertransporte mit dem Binnenschiff setzen eine zuverlässige und leistungsfähige Wasserstraßeninfrastruktur voraus. Hierzu werden Wasserstraßen bedarfsgerecht instandgesetzt, modernisiert und ausgebaut. Diese Maßnahmen schließen sichere und unterhaltungsarme Ufersicherungen ein, deren Bemessung in einschlägigen Regelwerken geregelt ist.

Aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen ist ein Ausbau von Ufersicherungen nach dem geltenden Standard jedoch nicht in allen Fällen sinnvoll. Im Rahmen des BMVI-Expertennetzwerks wurde daher in der BAW untersucht, wie zukünftig eine Prognose der Standsicherheit und der Langzeitbeständigkeit von Ufersicherungen projektspezifisch und angepasst an das jeweilige Sicherheitsbedürfnis erfolgen kann.

Zum Hintergrund: Zur Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit der Schifffahrt und zum Schutz des angrenzenden Geländes werden geböschte Ufer an Binnenwasserstraßen im Regelfall durch Ufersicherungen geschützt. Zumeist handelt es sich dabei um Deckwerke aus Wasserbausteinen. Sie schützen die Böschung vor Belastungen, die in erster Linie aus der Schifffahrt resultieren und wasserseitig zu Erosion und lokalem Böschungsversagen führen können.

In Erweiterung der bestehenden Bemessungsregeln sieht das derzeit in Entwicklung befindliche Konzept vor, den Zustand einer Ufersicherung mittels Kennzahlen über die gesamte Lebensdauer und unter Berücksichtigung standortspezifischer Randbedingungen sowie dem mit einem Schaden verbundenen Risiko zu beschreiben. Diese Einzelfallbetrachtung geht über die bisherige Praxis weit hinaus: Denn den bestehenden Bemessungsregeln fehlt es nicht nur an einer systematischen Grundlage zur Analyse der in der Bemessung oder Bewertung enthaltenen Unsicherheiten, sondern auch an Ansätzen, um eine Risikoanalyse vornehmen zu können. Zudem basieren sie hauptsächlich auf den Ergebnissen regelmäßiger Sichtprüfungen. Der Bauwerkszustand wird anschließend allein aus der Größe der vorhandenen Schäden abgeleitet.

Im Forschungsvorhaben „Zuverlässigkeitsbasierte Deckwerksbemessung“, das im Rahmen des BMVI-Expertennetzwerks durchgeführt wurde, wurde am Beispiel loser Schüttsteindeckwerke untersucht, wie zuverlässigkeitsbasierte Ansätze bei einer künftigen Bemessungs- und Instandhaltungsstrategie unterstützen können. Basierend auf den Ergebnissen des Forschungsprojekts wurden Empfehlungen für eine Erweiterung des bestehenden Bemessungskonzepts für Uferdeckwerke erarbeitet.

Wie wurde vorgegangen, und welche Ergebnisse wurden erzielt? Zunächst wurde mit Hilfe von Experteninterviews die wichtigsten Schadensursachen und Schadenstypen sowie aktuelle Instandhaltungsstrategien systematisch aufgearbeitet. Anschließend wurde der Effekt verschiedener Unsicherheitsquellen auf die Dimensionierung eines losen Schüttsteindeckwerks untersucht. Es wurde gezeigt, dass mit einer abnehmenden Anzahl an Messwerten die Unsicherheit bei der Zustandsbewertung steigt. Gleichzeitig konnte jedoch eine Robustheit zuverlässigkeitsbasierter Methoden gegenüber dem Stichprobenumfang festgestellt werden. Ein Vergleich zwischen den Ergebnissen von Zuverlässigkeitsanalysen mit gemessenen und berechneten Einwirkungen verdeutlichte, dass berechnete Einwirkungen zu größeren, konservativeren Deckwerksabmessungen führen. Die Berücksichtigung von Verkehrsbeobachtungen und die Einführung von Modellfaktoren konnten diesen Effekt reduzieren. Untersuchungen zu den Auswirkungen von räumlich variablen Bodeneigenschaften auf die Böschungsstabilität zeigten, dass die charakteristischen Kennwerte der bodenmechanischen Eigenschaften eine Funktion der Absolutwerte, aber auch der Varianz und der räumlichen Korrelationsstruktur sind. Hieraus wurde abgeleitet, dass bei Baugrunduntersuchungen und bei der Wahl der charakteristischen Kennwerte auch ein Augenmerk auf die räumliche Variabilität des Baugrunds gelegt werden sollte.

Das hier beschriebene Projekt zur Deckwerksbemessung fügt sich in eine Reihe von Forschungsvorhaben des BMVI-Expertennetzwerks ein, in denen Methoden zur Ergänzung der bisherigen Vorgehensweisen zur Bemessung und Beurteilung verschiedener Bestandsbauwerke untersucht werden. Diese Vorgehensweise soll es ermöglichen, umfassende und vergleichbare Kennzahlen zu generieren, die das breite Spektrum der technischen und administrativen Herausforderungen im Umgang mit der alternden Verkehrsinfrastruktur abdecken.

Das BMVI-Expertennetzwerk ist das verkehrsträgerübergreifende Forschungsformat in der Ressortforschung des BMVI. Unter dem Leitmotiv „Wissen – Können – Handeln“ haben sich sieben Ressortforschungseinrichtungen und Fachbehörden des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur 2016 zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Ziel ist es, drängende Verkehrsfragen der Zukunft unter anderem in den Bereichen Klimawandel, Umweltschutz, alternde Infrastruktur und Digitalisierung zu erforschen und durch Innovationen eine resiliente und umweltgerechte Gestaltung der Verkehrsträger zu ermöglichen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Julia Sorgatz
julia.sorgatz@baw.de

http://www.baw.de/

Media Contact

Sabine Johnson Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bundesanstalt für Wasserbau (BAW)

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