Verkehr in der City: Entlastung für Frankfurter Innenstadt?

Der Wirtschaftsverkehr in der Frankfurter Innenstadt nimmt mehr und mehr zu. Er führt dazu, dass die Nutzungskonflikte im innerstädtischen Straßenraum zunehmen. Die Folgen sind Engpässe bei Logistik‐Prozessen, und die Gefährdung der Verkehrssicherheit.

Um Defizite in der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur zu identifizieren und gezielter geeignete Lösungsansätze zu generieren, haben die Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt am Main und das House of Logistics and Mobility (HOLM) im März 2013 den gemeinsamen Arbeitskreis „Frankfurter Wirtschaftsverkehre“ einberufen und mehrere Fachgruppen gegründet.

Die Fachgruppe „Datengrundlage und Modellierung“ unter Leitung von Prof. Dr. Petra Schäfer hat mit dem Projekt „Optimierung des Wirtschaftsverkehrs in der Frankfurter Innenstadt“ eine umfassende Datengrundlage zu innerstädtischen und wirtschaftsbezogenen Verkehrsbewegungen erhoben und einen Katalog an verkehrsplanerischen Maßnahmen erarbeitet.

Beides stellten die Forschenden der Frankfurt University of Applied Sciences (FRA-UAS) unlängst der Stadt Frankfurt am Main zur Verfügung. Zu den empfohlenen Maßnahmen gehören die bessere Ausweisung von Ladezonen, die Freigabe von Taxiständen für den Lieferverkehr und das Durchfahrtsverbot für Nicht-Anlieger.

Wirtschaftsverkehr ist der Transport von Personen und Gütern mit gewerblichem Hintergrund oder zur Erbringung einer Dienstleistung. Sein reibungsloser Ablauf ist in einer ökonomisch starken und verdichteten Region wie dem Rhein-Main-Gebiet von wesentlicher Bedeutung.

Die Frankfurter Innenstadt ist ein attraktiver Anziehungspunkt für Touristen und Bewohner Frankfurts. Sie ist stark vom Einzelhandel geprägt – mit entsprechend hoher Aktivität an Lieferverkehr. Vermehrte Engpässe bei Anlieferungsprozessen und dadurch entstehende Nutzungskonflikte zwischen den Verkehrsteilnehmern sind die Folge. Auch gesellschaftliche Veränderungen wie die Wiederaufwertung der Innenstadt als Wohnraum und die Zunahme des Versandhandels haben Einfluss auf die Verkehrssituation und stellen Verkehrsplanung und Logistik vor große Herausforderungen.

Neben ökonomischen Konsequenzen für die betroffenen Unternehmen (z. B. durch Nicht-Einhalten von Lieferfristen oder Bußgelder aufgrund von illegalem Abstellen der Fahrzeuge) haben solche Nutzungskonflikte auch Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, etwa, wenn die Einsehbarkeit an Kreuzungen nicht mehr gegeben ist oder Fahrradwege zugeparkt werden.

Mit der Erarbeitung von Lösungsansätzen für derartige Probleme haben sich Prof. Dr.-Ing. Petra Schäfer vom Fachbereich Architektur, Bauingenieurwesen, Geomatik und Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke vom Fachbereich Wirtschaft und Recht in dem Projekt befasst; unterstützt wurden sie von der Stadt Frankfurt. Die finanzielle Förderung in Höhe von 20.000 Euro wurde über die HOLM-Richtlinie des Hessischen Innovationsfonds ermöglicht. Das Projekt war eines der ersten Vorhaben, das mit Geld aus dem Topf des Innovationsfonds unterstützt worden ist. Das Projekt hatte zum Ziel eine valide Datenbasis für den Wirtschaftsverkehr in der Frankfurt Innenstadt zu erheben. Darüber hinaus wurden Vorschläge zur besseren Abwicklung des Wirtschaftsverkehrs erarbeitet.

Zur Datenerhebung nutzten die Forschenden bestehende Quellen und führten spezifische Verkehrserhebungen und -beobachtungen in einem Pilotgebiet in der Frankfurter Innenstadt durch; hier lag der Fokus auf den Be‐und Entladevorgänge des Wirtschaftsverkehrs. Das Pilotgebiet erstreckte sich vom Eschenheimer Tor bis zum Willy-Brandt-Platz und schloss die Straßenzüge Große Eschenheimer Straße, Roßmarkt, Kaiser- und Friedensstraße ein.

Die Wahl fiel auf dieses Gebiet, da es ein zentrales innerstädtisches Ziel des Wirtschaftsverkehrs ist und es hier aufgrund der Abwicklung der Be- und Entladevorgänge im Straßenraum zu den genannten Nutzungskonflikten kommt. Zudem führten sie Interviews mit Unternehmen aus der Logistikbranche durch sowie Vor-Ort-Befragungen mit den wichtigsten Nutzergruppen: Kurier‐, Express‐ und Paketdienstleister und Lieferanten.

Die Datengrundlage enthält unter anderem Hinweise zu Fahrzeugtypen, die im Wirtschaftsverkehr eingesetzt werden, zu den Gewerbearten (z.B. Lieferanten, Handwerker), die im Untersuchungsgebiet unterwegs sind sowie wie lange und wo die Fahrzeuge abgestellt werden. Daraus ergeben sich konkrete Anforderungen an zukünftige Maßnahmen: Welche Akteure müssen für welche Maßnahmen einbezogen werden? Wo sind zusätzliche Ladeflächen notwendig und wo nicht?

Der Maßnahmenkatalog selbst enthält Vorschläge zur Umplanung des Straßenraums und zur Änderung der Verkehrsführung in bestimmten Teilen des Untersuchungsgebiets. Dazu gehört die Ausweisung von Ladezonen, um so Engpässe bei den Liefervorgängen aufzuheben und vor allem das illegale Abstellen von Fahrzeugen auf der Fahrbahn, den Gehwegen oder Fahrradwegen zu verhindern.

Eine einheitlichere und deutlichere Beschilderung und Markierung dieser Ladezonen könnte die Akzeptanz bei den anderen Verkehrsteilnehmern erhöhen und so das Zustellen dieser Flächen durch private Pkw verringern. Die temporäre Freigabe von Taxistreifen für den Wirtschaftsverkehr, da diese in den Hauptlieferzeiten nur zum Teil ausgelastet sind, könnte zudem Entlastung schaffen ebenso die Einrichtung eines Durchfahrtverbots für Nicht-Anlieger auf ausgewählten Straßenabschnitten, die keine Verbindungsfunktion aufweisen (Roßmarkt und Große Eschenheimer Straße). Dadurch könnte das Verkehrsaufkommen gesenkt werden, sodass sich das Konfliktpotenzial zwischen ruhendem und fließendem Verkehr verringert.

„Die erhobenen Daten sind zwar nicht direkt auf andere Städte übertragbar, können jedoch wichtige Hinweise liefern. Die entwickelte Erhebungsmethodik kann jedoch, unter bestimmten Rahmenbedingungen, auch von anderen Städten genutzt werden, um Informationen über den Wirtschaftsverkehr in den eigenen Innenstädten zu erhalten“, erklärt Projektleiterin Schäfer. „Es ist vorgehen, auch weiterhin mit der Stadt Frankfurt am Main an solchen Logistik- und Verkehrsplanungsthemen zu arbeiten“, freut sich Projektleiter Schocke.

Die Studie enthält aus Sicht von Frankfurts Verkehrsdezernent Stefan Majer eine Vielzahl von Maßnahmenvorschlägen, die das Potenzial zur Verbesserung der Situation für den Wirtschaftsverkehr und der Verkehrssicherheit in der Innenstadt hat. „In einem ersten Schritt strebt das Straßenverkehrsamt an, die Vorschläge zu einer deutlicheren Kennzeichnung von Ladezonen modellhaft umzusetzen“, so Stadtrat Majer. Die Stadt Frankfurt wird darüber hinaus gemeinsam mit ihren Partnern über die Umsetzung der vielfältigen vorgeschlagenen Maßnahmen in Austausch treten.

Im „House of Logistics and Mobility“ (HOLM) werden neben Forschungsprojekten auch Lehrveranstaltungen in den Bereichen Logistik, Mobilität, Luftverkehrswirtschaft und Produktionsmanagement durchgeführt. Das HOLM in unmittelbarer Nachbarschaft des Frankfurter Flughafens ist eine neutrale Kooperationsplattform für gemeinsame Forschungs- und Weiterbildungsaktivitäten von Institutionen und Unternehmen, die in den Bereichen Logistik und Mobilität tätig sind.

Kontakt: Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 1: Architektur • Bauingenieurwesen • Geomatik, Prof. Dr. Petra K. Schäfer, Telefon: 069/1533-2797, E-Mail: petra.schaefer@fb1.fra-uas.de und Fachbereich 3: Wirtschaft und Recht, Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke, Telefon: 069/1533-3870, E-Mail: schocke@fb3.fra-uas.de

Weitere Informationen zum Projekt sowie den Abschlussbericht (inklusive Maßnahmenkatalog) unter: http://www.frankfurt-university.de/verkehr (Aktuelles)

http://www.frankfurt-university.de/verkehr

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Sarah Blaß idw - Informationsdienst Wissenschaft

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