Kartonagen-Kleinserien und -Prototypen im Wasserstrahlverfahren


Ein flexibles Fertigungssystem produziert sowohl Prototypen von Verpackungen als auch Kleinserien schnell, kostengünstig und qualitativ hochwertig.

Die Verpackung gewinnt immer größere Bedeutung bei der Vermarktung von Produkten. Schon im frühen Entwicklungsstadium werden marketingrelevante Überlegungen angestellt, die über Zielgruppe und Vermarktungsstrategie entscheiden. Für die entsprechenden Designstudien und die notwendige Bemusterung der Verpackung stehen bisher nur sehr zeitaufwendige (Handfertigung, Musterplotter) oder sehr kostenintensive (Stanzen) Fertigungsmöglichkeiten zur Verfügung. Ein flexibles Fertigungssystem, das Prototypen von Verpackungen oder Kleinserien schnell, kostengünstig und qualitativ hochwertig herstellen kann, existiert momentan noch nicht.

Im Auftrag und in Zusammenarbeit mit der Firma Lasercomb-Laser Combination Systems GmbH & Co. KG, Notzingen, die Musterplotter herstellt und vertreibt, hat das Fraunhofer IPA eine verkettete Komplettbearbeitungsanlage für das Einbringen von Rillungen sowie das Ausschneiden der zweidimensionalen Ausgangsform aus Karton mit Hilfe der Wasserstrahltechnik entwickelt. Die Anlage besteht aus zwei Bearbeitungsstationen, die über einen Kettenförderer verbunden sind. Eine automatische Kartonagenzuführung und -abführung ermöglicht einen vollautomatisierten Betrieb der Anlage. Beide Bearbeitungsstationen verfügen über je zwei x, y-Lineareinheiten auf denen je ein Werkzeugkopf angebracht ist. Die Köpfe der ersten Station sind mit Rillkufe oder Rillrad sowie mit einem Schneidmesser ausgestattet. Sie bringen im ersten Arbeitsgang die Rillungen in die Kartonage ein und perforieren sie. Werkzeugeingriff und Orientierung der Werkzeuge werden über je eine Linear- und eine Drehachse gesteuert. Optional besteht die Möglichkeit, an den Werkzeugköpfen einen Fräser anzubringen, der eine Gegenzurichtung für das Rillen von Vollpappe anfertigt.

Die Wasserstrahlvorrichtungen befinden sich an den Werkzeugköpfen der zweiten Station. Sie schneiden die zweidimensionale Kontur der Verpackung aus. Mit Hilfe einer Hochdruckwasserstrahlpumpe lassen sich Drücke bis 4000 bar erreichen. Der hohe Druck in Kombination mit sehr kleinen Düsendurchmessern verhindert, dass die Kartonage beim Schneiden zu feucht wird. Die Ansteuerung der insgesamt 13 Achsen übernimmt eine NC-Steuerung von Rexroth Indramat, Lohr. Die Software dazu hat das Team von Dr.-Ing. Thomas Haller am Fraunhofer IPA entwickelt. Mit ihr kann ein am CAD-System entwickeltes Layout direkt auf die Anlage übertragen und in der gewünschten Stückzahl gefertigt werden.

»So eine flexible Lösung ist gerade für kleine und mittlere Kartonagenverarbeiter interessant«, weiß Haller. »Sie können mit einer Anlage sowohl Bemusterungsprotoypen als auch verkaufsfertige Kartonagen und Verpackungen in Kleinserien bis ca. 10 000 Stück wirtschaftlich und qualitativ hochwertig herstellen«, erklärt er. Für die Serienproduktion von Faltschachteln in Stückzahlen größer 10 000 sind nach wie vor aufwendige Stanzmaschinen nötig. Diese Maschinen arbeiten mit bis zu 5 000 Stanzungen pro Stunde. Durch den Einsatz von Mehrfachwerkzeugen können so mehrere 10 000 Wellpappe- oder Kartonagenformen pro Stunde ausgestanzt werden. Für geringere Auflagenstärken ist das Herstellen und Einrüsten der entsprechenden Werkzeuge jedoch unrentabel. Deshalb kommen bei Losgrößen zwischen 1 000 und 2 000 Stück mit Stanzformen ausgerüstete Handtiegel zum Einsatz, bei denen jeder Rohling einzeln und von Hand eingelegt wird. Auch die Stanzung wird hierbei manuell ausgeführt. Der hohe Werkzeugbauaufwand entspricht jedoch dem der automatischen Stanzmaschine.

Für Verpackungsprototypen zur Bemusterung sowie für Losgrößen kleiner zehn Stück kommen bislang Musterplotter zum Einsatz. Diese Plotter sind zwar sehr flexibel, aufgrund ihrer geringen Bearbeitungsgeschwindigkeit für größere Serien jedoch nicht rentabel.

Ihr Ansprechpartner für weitere Informationen:
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Dr.-Ing. Thomas Haller
Telefon: 0711/970-1826, Telefax: 0711/970-1004, E-Mail: toh@ipa.fhg.de

Media Contact

Dipl.-Ing. Michaela Neuner idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Verfahrenstechnologie

Dieses Fachgebiet umfasst wissenschaftliche Verfahren zur Änderung von Stoffeigenschaften (Zerkleinern, Kühlen, etc.), Stoffzusammensetzungen (Filtration, Destillation, etc.) und Stoffarten (Oxidation, Hydrierung, etc.).

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Trenntechnologie, Lasertechnologie, Messtechnik, Robotertechnik, Prüftechnik, Beschichtungsverfahren und Analyseverfahren.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Erstmals 6G-Mobilfunk in Alpen getestet

Forschende der Universität Stuttgart erzielen leistungsstärkste Verbindung. Notrufe selbst in entlegenen Gegenden absetzen und dabei hohe Datenmengen in Echtzeit übertragen? Das soll möglich werden mit der sechsten Mobilfunkgeneration – kurz…

Neues Sensornetzwerk registriert ungewöhnliches Schwarmbeben im Vogtland

Das soeben fertig installierte Überwachungsnetz aus seismischen Sensoren in Bohrlöchern zeichnete Tausende Erdbebensignale auf – ein einzigartiger Datensatz zur Erforschung der Ursache von Schwarmbeben. Seit dem 20. März registriert ein…

Bestandsmanagement optimieren

Crateflow ermöglicht präzise KI-basierte Nachfrageprognosen. Eine zentrale Herausforderung für Unternehmen liegt darin, Über- und Unterbestände zu kontrollieren und Lieferketten störungsresistent zu gestalten. Dabei helfen Nachfrage-Prognosen, die Faktoren wie Lagerbestände, Bestellmengen,…

Partner & Förderer