Das Wohnerlebnis in Deutschland: Beständigkeit und Wandel in den vergangenen 20 Jahren

Wohnungen in Deutschland sollen vor allem gemütlich, gleichzeitig aber auch pflegeleicht und praktisch sein. Erst danach folgt der Anspruch, mit der Wohnungseinrichtung die eigene Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen, wobei die Einrichtung meistens auch noch preiswert sein sollte.

Eine exklusive Einrichtung wünschen sich nur wenige. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur an der Leibniz Universität Hannover. In einer Repräsentativ-Untersuchung ließen die Projektleiterinnen Annette Harth und Gitta Scheller aus dem Fachgebiet Planungs- und Architektursoziologie mehr als 1.500 Erwachsene in Deutschland zum Thema Wohnerleben und Wohnverhalten befragen.

Das Besondere an der Studie: Sie greift auf Ergebnisse einer Untersuchung vor 20 Jahren zurück und erfasst somit neben der aktuellen Situation auch den Wandel des Wohnverhaltens und Wohnerlebens in Ost- und Westdeutschland.

Vieles ist sehr ähnlich geblieben. Das Wohnzimmer oder – neuerdings stärker verbreitet – das Wohn-Ess-Zimmer ist für 90 Prozent der Befragten der wichtigste und für etwa drei Viertel der meistgenutzte Raum und auch der Raum, in dem sie sich am wohlsten fühlen. Die meisten Befragten weisen – wie auch vor 20 Jahren – den Räumen eine hauptsächliche Funktion zu, d. h. im Schlafzimmer wird geschlafen, in der Küche wird gegessen, im Arbeitszimmer gearbeitet. Entsprechend stimmen 62 Prozent der Aussage zu, dass in der eigenen Wohnung jeder Raum einen besonderen Zweck erfüllt. Einzige Ausnahme bleibt das Wohnzimmer, das sich nach wie vor als sozusagen multifunktionaler Raum erweist.

Im Wohnzimmer konzentriert sich das Wohnerleben geradezu, weil dort unterschiedlichste Tätigkeiten – vom Fernsehen, Besuch empfangen, Lesen bis hin zum Feiern mit Freunden, Relaxen oder Arbeiten – ausgeübt werden. Dabei weisen auch die Einrichtungen ein hohes Maß an Konstanz auf. Die Wohnung ist in Deutschland nach wie vor Ort der Erholung, des Rückzugs, der Zusammengehörigkeit, Selbstverwirklichung und Freizeit.

Diese Konstanz ist nicht verwunderlich, so die Verfasserinnen der Studie. Das Wohnen, so wie wir es heute erleben, hat sich im Laufe von zwei Jahrhunderten herausgebildet: Die Wohnung ist ein nach außen abgeschirmter Raum, wo das Eigene und die Intimgruppe im Zentrum stehen.

Allerdings hat sich in dem historisch betrachtet kurzen Zeitraum von 20 Jahren auch Einiges verändert, beispielsweise hat sich die Individualisierung des Wohnverhaltens und Wohnerlebens fortgesetzt. Auch die Öffnung der Wohnung nach außen hat zugenommen: In Wohnungen wird heute verstärkt berufliche Arbeit erledigt, es werden häufiger Freunde und Bekannte empfangen als noch vor zwanzig Jahren. Es ist wichtiger geworden, jenseits der Standardräume über zusätzliche Räume zu verfügen. Das bedeutet nicht automatisch, dass die Wohnungen heute viel größer sein müssen, es geht vielmehr um die Differenzierung der Wohnbereiche, wobei die Trennung von arbeitsbezogenen Räumen und gemütlichem Wohnen im Mittelpunkt steht.

Die Gestaltung einer angenehmen Wohnatmosphäre ist in erster Linie keine Frage von „schönem“ oder exklusivem Wohnen im Sinne von Möbel- oder Baukunst, so Annette Harth und Gitta Scheller. Vielmehr geht es den Menschen um eine Mischung von Gebrauchswert und Wohnlichkeit. Sie schätzen – laut Studie – beim Wohnen das Angenehme und wollen ein Wohn-Wohlbehagen, das aus Funktionalität, Ansehnlichkeit und Gemütlichkeit besteht.

Annette Harth/Gitta Scheller: Das Wohnerlebnis der Deutschen. Eine Wiederholungsstudie nach 20 Jahren. Wiesbaden: Springer VS Verlag, 2012, Preis: 24,95 €

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Mechtild Freiin v. Münchhausen idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-hannover.de

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