Wasserelektrolyse hat Potenzial zur Gigawatt-Industrie
Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) haben das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie und Automatisierung IPA und das Beratungsunternehmen E4tech einen Fahrplan für die Etablierung der Wasserelektrolyse in Deutschland entwickelt.
In der heute veröffentlichten Studie »Industrialisierung der Wasserelektrolyse in Deutschland: Chancen und Herausforderungen für nachhaltigen Wasserstoff für Verkehr, Strom und Wärme« zeigen die Partner auf, wie die notwendigen industriellen Fertigungskapazitäten für Elektrolyseure in den nächsten Jahren aufgebaut werden können.
Sie untersuchten hierfür die Herausforderungen beim Aufbau einer Gigawatt-Elektrolyse-Industrie in Deutschland, insbesondere mit Blick auf kritische Komponenten. Unter Einbeziehung von Industrie und Anwendern wurden die technologischen, herstellungstechnischen und akteursspezifischen Handlungsbedarfe diskutiert und Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Der künftige Elektrolysebedarf für die Sektoren Verkehr, Wärme und Strom wurde mit dem am Fraunhofer ISE entwickelten Tool REMod-D in einer Energiesystemsimulation für Deutschland ermittelt. Insgesamt wurden sechs Ausbauszenarien betrachtet, um unter anderem die Bandbreite der in der Industrieumfrage ermittelten Leistungsparameter zu berücksichtigen; in allen betrachteten Szenarien gilt dabei die Randbedingung, dass das deutsche Klimaziel einer Absenkung der energie-bedingten CO2-Emissionen um 80 % ohne einen großskaligen Import von synthetischen Energieträgern erreicht wird.
Zugleich wird davon ausgegangen, dass energieintensive Industrien auch weiterhin am Standort Deutschland betrieben werden. Im Ergebnis resultiert – abhängig von den jeweils zugrunde gelegten Randbedingungen – ein Ausbaukorridor von größer 100 bis weit über 200 Gigawatt an installierter Elektrolysekapazität im Jahr 2050.
Bereits in der zweiten Hälfte des kommenden Jahrzehnts müsste die Zubaurate ein Gigawatt Neuinstallation pro Jahr deutlich übersteigen, und ab den 2030er Jahren gehen die Szenarien von mehreren Gigawatt Neuinstallation pro Jahr aus. »Bereits heute sind die beiden wichtigsten Technologien, die alkalische und die PEM-Elektrolyse, in einem technisch ausgereiften Zustand.
Einer großskaligen Nutzung der Elektrolyse steht aus technologischer Sicht nichts im Wege«, erklärt Dr. Tom Smolinka, Abteilungsleiter Chemische Energiespeicherung am Fraunhofer ISE. Einzelne Forschungsthemen müssen jedoch noch weiter verfolgt werden. So ist beispielsweise die Hochtemperatur-Elektrolyse noch nicht wettbewerbsfähig, sie hat aber wegen des geringeren Strombedarfs und der in Deutschland vorhandenen industriellen Abwärme durchaus Potenzial. Auch aus produktionstechnischer Sicht konnten nur wenige hinderliche Aspekte identifiziert werden.
»Die zur Produktion der Komponenten nötigen Verfahren werden bereits in anderen Branchen großindustriell angewendet. Eine Skalierung der Produktion ist mit einem vergleichsweise geringen Maschinen- und Kapitaleinsatz möglich«, so Steffen Kiemel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IPA. Bei den als potenziell kritisch eingestuften Komponenten wurde aufgezeigt, dass weder kurz- noch langfristig mit Lieferengpässen zu rechnen ist.
Markthemmnisse beseitigen
»Handlungsbedarf besteht vor allem auf Seiten des Gesetzgebers: der Markthochlauf, der für die weitere Technologieentwicklung und Kostenreduktion der zentrale Hebel ist, muss durch Anpassungen des regulatorischen Rahmens, insbesondere beim Strombezug unterstützt werden, damit Elektrolyseanwendungen wirtschaftlich werden können«, bekräftigt Franz Lehner, Managing Consultant beim Beratungsunternehmen E4tech. Die Autoren der Studie schlagen daher ein »Marktaktivierungsprogramm Wasserelektrolyse« vor, das den Herstellern und Anwendern Planungssicherheit für Investitionen bietet.
Studie
Die Studie »Industrialisierung der Wasserelektrolyse in Deutschland: Chancen und Herausforderungen für nachhaltigen Wasserstoff für Verkehr, Strom und Wärme« wurde durch die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW GmbH) koordiniert und durch den Projektträger Jülich betreut.
https://www.now-gmbh.de/content/service/3-publikationen/1-nip-wasserstoff-und-br…
https://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2018/neue…
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen
Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.
Neueste Beiträge
Datensammlung für Tsunami-Frühwarnsysteme
Expedition MSM132 erforscht vulkanische Risiken in der Ägäis. Ein internationales Team von Forschenden ist heute mit der MARIA S. MERIAN in die Ägäis aufgebrochen, um das Vulkansystem Kolumbo bei Santorini…
Auf den Spuren des Megaerdbebens von 2011
Was war die Ursache des großen Tōhoku-Erdbebens von 2011, und wie können wir geologische Prozesse besser verstehen, um langfristig Küsteninfrastruktur zu schützen – zum Beispiel vor einem Tsunami wie vor…
Rettungsinseln für Wildbienen
Die Bedeutung von Steinbrüchen. Ein Forschungsteam der Universität Göttingen, des NABU in Rhede und des Johann Heinrich von Thünen-Instituts in Braunschweig hat die Bedeutung von Kalksteinbrüchen für den Wildbienenschutz untersucht….