Vollgas mit Blick aus dem Rückfenster – Studie: Outsourcing des Controllings im Mittelstand

Einsatz von Controllinginstrumenten im deutschen Mittelstand. Grafik: PFH Göttingen

Die Autoren Bernt R. A. Sierke, Joachim Algermissen und Stefan Brinkhoff befragten 5.608 Geschäftsführer und CEOs deutscher mittelständischer Unternehmen. Nun liegen die Ergebnisse aus 409 Unternehmen in Form von qualitätsbereinigten Datensätzen vor.

Sie weisen in nahezu allen Fällen statistische Signifikanz auf und besitzen somit eine beachtenswerte Aussagekraft. Die Ergebnisse wurden anschließend mithilfe einer Kurzumfrage bei 70 Dienstleistern aus dem Controllingbereich zusätzlich reflektiert.

Noch keine Outsourcing-Mentalität

Wichtigste Befunde der Studie: Im deutschen Mittelstand hat sich noch keine Dienstleistungskultur hinsichtlich des Outsourcings von Controlling etabliert. Lediglich acht Prozent der Unternehmen geben an, dauerhaft externe Dienstleister mit Controllingaufgaben betraut zu haben. Weitere zwei Prozent haben ein Pilotprojekt dazu durchgeführt. Ganze 59 Prozent haben keinerlei Erfahrung mit dem Outsourcing von Controlling, für weitere 30 Prozent kommt es nicht in Frage, nachdem sie sich damit auseinander gesetzt haben.

„Hier liegen enorme Potentiale, mit denen der Mittelstand seine Unternehmen noch erfolgreicher führen könnte. In der Praxis werden Instrumente nicht angewendet, die in der Wissenschaft seit Jahren eine hohe Bedeutung haben“, sagt der federführende Autor der Studie Dr. Bernt R. A. Sierke, Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Industrielles Management, Rechnungswesen und Controlling an der PFH Private Hochschule Göttingen, und Unternehmensberater.

Ein Blick auf die verwendeten Controllinginstrumente der befragten Unternehmen zeigt: Bilanz/Gewinn- und Verlustrechnung (98 Prozent) sowie Kostenrechnung (93 Prozent) sind die am häufigsten im Mittelstand eingesetzten Controllinginstrumente. Deckungsbeitragsrechnung (79 Prozent), Erfolgsplanung (76 Prozent) sowie Budgetierung (72 Prozent) folgen danach.

„Das entspricht faktisch einer Steuerung der Unternehmen mit Daten vorwiegend aus der Vergangenheit. Überspitzt gesagt kann man davon sprechen, dass viele Geschäftsführer ihr Unternehmen mit Vollgas nach vorn steuern, während sie hinsichtlich des Controllings dauerhaft aus dem Rückfenster sehen“, analysiert Sierke.

Als grob fahrlässig sei das besonders deutlich am Beispiel der Liquiditätsplanung zu bewerten. „Hierauf verzichtet knapp ein Fünftel der Unternehmen völlig und trifft offenbar eher Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Betrachtet man dieses Ergebnis im Detail und blickt auf spezifische Unternehmensphasen oder -branchen, so wird durch die Studie in gewissen Bereichen ein noch viel fahrlässigeres Verhalten deutlich. Als Beispiele seien Start-Ups oder Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche genannt, bei denen sogar rund jedes zweite beziehungsweise dritte Unternehmen auf den Einsatz einer Liquiditätsplanung verzichtet“, so Sierke weiter.

Insbesondere für Instrumente, die hohes Spezialwissen erfordern und die nachweislich zum Unternehmenserfolg beitragen, sehen die Autoren Nachhol- und Aufklärungsbedarf bei den Mittelständlern.

Detaillierte Ergebnisse, die die Befunde auch nach Branchen, Unternehmensgröße und -Phase clustern, liefert bereits die Kurzfassung der Studie, die unter www.pfh.de/controlling-mittelstand zum Download bereit steht. Die gesamte Studie wird im 4. Quartal 2015 erscheinen.

http://www.pfh.de/controlling-mittelstand – Kurzfassung der Studie zum Download
http://www.pfh.de/hochschule/forschung/forschungspapiere – Weitere Forschungspapiere und Studien der PFH

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Peter Diehl idw - Informationsdienst Wissenschaft

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