Schutz vor Toxoplasmose für ungeborenes Leben ist effektiv

Wasserkopf, Veränderungen im Gehirn oder Augenschäden – das sind einige der schweren Folgen für ein Kind, wenn sich die Mutter während der Schwangerschaft erstmals mit dem Parasiten Toxoplasma gondii infiziert.

Das Dilemma: Die meisten Mütter merken selbst nichts von einer solchen Infektion. Ein freiwilliger Bluttest auf Toxoplasmose kann jedoch die Infektion erkennen und gehört in Frankreich und Österreich zum Vorsorgeprogramm bei einer Schwangerschaft. Die Behandlungsstrategien und die Erfolgsergebnisse sind in den europäischen Ländern unterschiedlich. Lange war auch unklar, ob das in Deutschland übliche Therapie-Schema zum Schutz des Kindes vor einer Infektion tatsächlich wirksam ist.

Gewissheit bringt jetzt eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützte Untersuchung durch das Deutsche Konsiliarlabor für Toxoplasmose. Durchgeführt wurde die Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Uwe Groß, Direktor der Abteilung Medizinische Mikrobiologie an der Universitätsmedizin Göttingen, gemeinsam mit Dr. Harald Hlobil von den „Laborärzten Sindelfingen“.

Sie belegt: Die in Deutschland angewandte Behandlungsstrategie schützt ungeborenes Leben effektiv vor einer Infektion über die Mutter. Sie schützt Kinder offenbar sogar besser vor einer Toxoplasmose als andere in Europa angewandte Therapieschemata. Die Ergebnisse sind jetzt in der Mai-Ausgabe der amerikanischen Fachzeitschrift Clinical Infectious Diseases veröffentlich.

Originalveröffentlichung: Andrea Hotop, Harald Hlobil, Uwe Groß. Efficacy of Rapid Treatment Initiation Following Primary Toxoplasma gondii Infection During Pregnancy. Clinical Infectious Diseases, 2012 Jun;54(11):1545-52. Epub 2012 Mar 29.

Für die bislang umfassenste deutsche Studie zur Toxoplasmose in der Schwangerschaft wurden 685 schwangere Frauen mit einer Erstinfektion während der Schwangerschaft unter-sucht und der Gesundheitszustand ihrer Kinder über einen Zeitraum von bis zu mehr als drei Jahren nach Geburt beurteilt. Die Ergebnisse zeigen: Mit der in Deutschland üblichen Therapie wird das Risiko einer Übertragung der Toxoplasmen von der Mutter auf das Kind deutlich gesenkt.

„Im Vergleich zu Untersuchungen an unbehandelten Schwangeren oder zu Therapieschemata anderer Länder haben wir eine Rate von weniger als fünf Prozent, das ist ein ausgesprochen niedriges Risiko“, sagt Prof. Dr. Uwe Groß. So wurden bei den 685 frisch infizierten Schwangeren insgesamt 33 Kinder mit einer sogenannten pränatalen Toxoplasma-Infektion beobachtet. Von diesen wiederum wiesen nur elf Kinder klinische Symptome bei der Geburt oder innerhalb ihrer ersten Lebensjahre auf.

Besonders gut wirkte sich eine Therapie auf das Kind aus, wenn sie frühzeitig begonnen wurde, also innerhalb der ersten vier Wochen nach Infektion der Mutter erfolgte. „Das bedeutet konkret, dass bei rechtzeitiger Therapie der frisch infizierten Mutter nur eines von 62 Kindern klinische Symptome zeigen. Diese verlaufen dann zudem meistens milde“, sagt Prof. Groß. Von den Müttern wird die Therapie in den meisten Fällen sehr gut vertragen. Nur in einem von 119 Fällen (weniger als ein Prozent) musste die Behandlung wegen einer Unverträglichkeit geändert werden. „Die Untersuchungen zeigen aber auch, dass ein Nachsorge-Programm der betroffenen Kinder wünschenswert wäre“, sagt Prof. Dr. Uwe Groß.

In anderen europäischen Ländern wird die Toxoplasmose in der Schwangerschaft meistens anders behandelt als hierzulande. Da in diesen Ländern trotz Therapie der schwangeren Mütter nahezu 30 Prozent ihrer Kinder eine Infektion aufweisen, wird die Therapie der Toxoplasmose in der Schwangerschaft in vielen europäischen Ländern in Frage gestellt.

Das Behandlungsschema zum Schutz vor Toxoplasmose in Deutschland
Schwangere können in einem Screening-Bluttest frühzeitig feststellen, ob sie bereits vor der Schwangerschaft schützende Antikörper gebildet haben. Zeigen die Blutteste an, dass eine frische Infektion vorliegt, wird in Deutschland in der Regel über mindestens vier Wochen eine antiparasitäre Therapie mit dem Medikament Spiramycin (bis zur 16. Schwangerschaftswoche) oder mit der Kombination aus Pyrimethamin, Sulfadiazin und Folinsäure (ab der 16. Schwangerschaftswoche) durchgeführt.

Die Toxoplasmose gehört zu den weltweit häufigsten Infektionskrankheiten, die durch Parasiten verursacht werden. Verursacher ist der Parasit Toxoplasma gondii, ein naher Verwandter des Malaria-Erregers. Allein in Deutschland ist geschätzt jeder dritte Mensch mit Toxoplasmen infiziert. Beim immungesunden Erwachsenen verläuft die Infektion meistens ohne Symptome. Zu einer Toxoplasma-Infektion kann es durch den Verzehr von unzureichend erhitzten Fleischprodukten infizierter Tiere (z. B. Schweinemett) kommen. Kontakt mit infizierten Katzen birgt ein weiteres Risiko, wenn diese die Toxoplasmen mit dem Stuhl ausscheiden und dadurch z. B. den Gartenboden oder das Gemüsebeet kontaminieren.

WEITERE INFORMATIONEN:
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Abteilung Medizinische Mikrobiologie
Prof. Dr. Uwe Groß, Telefon 0551 / 39-5801
ugross@gwdg.de

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Stefan Weller Uni Göttingen

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