Saarbrücker Wissenschaftler untersuchen Fluorid im Zahnschmelz

In einer Studie haben Physiker und Zahnmediziner der Saar-Uni nun herausgefunden, dass Fluorid weniger tief ins Hydroxylapatit – den Hauptbestandteil von Zahnschmelz – eindringt, als bisher angenommen. Außerdem verändert Fluorid die Zusammensetzung des Zahnschmelzes, je nachdem, bei welchem pH-Wert die Fluorid-Anwendung stattfindet. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Langmuir veröffentlicht.

Die Saarbrücker Wissenschaftler konnten zeigen, dass die Schicht, in die Fluorid aus Zahnpasten oder Mundwässern eindringt, bis zu 100fach dünner ist als bisher angenommen. Ihre Dicke liegt nicht etwa im Mikrometer-, sondern nur im Nanometerbereich. In ihrer Studie haben sie außerdem nachgewiesen, dass es ganz entscheidend ist, ob das Fluorid in nahezu neutralem Milieu (pH-Wert 6,2) oder in saurem Milieu (pH-Wert 4.2) aufgetragen wird. In neutralem Milieu entsteht aus Hydroxylapatit, dem Material des Zahnschmelzes, das gegen Säuren resistentere Fluorapatit, das allerdings weniger als zehn Nanometer dick ist.

Bei seiner Bildung werden die Hydroxid- (OH-) Gruppen des Hydroxylapatits teilweise durch Fluor-Ionen ersetzt. In saurem Milieu wird dagegen die normale Oberflächenstruktur des Zahnschmelzes stark verändert: Die Oberfläche wird rauer, und es entstehen Materialkomponenten mit nur geringen Fluorapatit-Anteilen, jedoch hohen Anteilen an Kalziumfluorid. Die Eindringtiefe des Fluorids scheint sich auf fast 100 Nanometer zu erhöhen, was jedoch auf eine erhöhte Porosität des Materials zurückgeführt werden kann.

Die Messungen wurden mit Hilfe der Photoelektronenspektroskopie (XPS) durchgeführt, einer Methode der Oberflächenphysik, die eine Analyse der elementaren Zusammensetzung des Zahnmaterials ermöglicht. Die Saarbrücker Forscher untersuchten kein natürliches Zahnmaterial, da dieses naturgemäß eine sehr variable Struktur besitzt, sondern führten ihre Analysen an synthetischem Zahnmaterial durch. Hierfür stellten sie in einem eigens entwickelten Sinterverfahren Hydroxylapatit-Presslinge her, die eine gleichmäßige Qualität in Struktur und chemischer Zusammensetzung besitzen und – im Gegensatz zum natürlichen Zahnmaterial früherer Studien – eine nahezu geschlossene Oberfläche aufweisen.

Die Untersuchungsergebnisse der Saarbrücker Physiker und Zahnmediziner werfen nun die Frage auf, ob eine extrem dünne fluorierte Schicht die Zähne wirklich vor Karies schützen kann. In einer Folgestudie wollen sie daher untersuchen, wie schnell diese Schicht durch Kauen abgetragen wird, ob pH-neutrale oder saure Fluoridlösungen effektiver sind und ob Fluoride eventuell andere, bisher unbekannte Auswirkungen auf die Zähne haben.

Veröffentlichung: Frank Müller, Christian Zeitz, Hubert Mantz, Karl-Heinz Ehses, Flavio Soldera, Jörg Schmauch, Matthias Hannig, Stefan Hüfner, and Karin Jacobs: „Elemental Depth Profiling of Fluoridated Hydroxyapatite: Saving Your Dentition by the Skin of Your Teeth?” Langmuir 26 (2010) 18750-18759.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Dr. Frank Müller und Prof. Dr. Karin Jacobs
Experimentalphysik
Unversität des Saarlandes
Tel. 0681 / 302 70-479 und -488
E-Mail: f.mueller@mx.uni-saarland.de; k.jacobs@physik.uni-saarland.de
Prof. Dr. Matthias Hannig
Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde
Universitätsklinikum des Saarlandes
Tel. 06841 / 16-24961
E-Mail: Matthias.Hannig@uniklinikum-saarland.de

Media Contact

Thorsten Mohr idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Blühende Mandelplantage in Australien

Mehr als Ernährung: Die Qualität wird durch Bestäuber bestimmt

Ein neuer Blick auf die Besonderheiten von Kulturpflanze-Bestäuber-Wechselwirkungen Die Bestäubung durch Tiere trägt zu einem Drittel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion bei, doch inwieweit die Identität von Bestäubern, Pollen und Kulturpflanzensorten die…

Dr. Sanjai Karanth bei Arbeiten am Rasterkraftmikroskop

Enhancing Plant-Based Foods‘ Texture with Field Beans

Forschende des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München haben erstmals untersucht, wie aus Ackerbohnen gewonnene Proteinstrukturen auf ein zelluläres Modellsystem für orale, menschliche Tastzellen wirken. Hautsinneszellen dieser Art…

Kakaoplantage des Projekts „Ökologische Intensivierung und Multifunktionalität von genetisch diversen Kakao-Agroforstsystemen in peruanischen Landschaften (Eco-Cacao)“. Baumkulturen wie diese bieten wichtige Einkommensquellen für Einheimische und können – mit nachhaltigen Strategien – die Artenvielfalt schützen.

Biodiversität, Klima und Lebensgrundlagen: Nachhaltige Praktiken für eine grünere Erde

Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Göttingen ruft Politik zu mehr Handeln auf Baumkulturen – zum Beispiel Äpfel, Kirschen, Oliven, Nüsse, Kaffee und Kakao – bedecken weltweit mehr als 183 Millionen…