Prostatakarzinom: Zusammenhang zwischen genetischer Mutation und PSA-Wert entdeckt

Einem Forschungsteam der Sektion Genetische Epidemiologie und der Universitätsklinik für Urologie an der Medizinischen Universität Innsbruck ist es gelungen, einen Zusammenhang zwischen Mutationen im mitochondrialen Genom und erhöhten PSA-Werten bei Prostatakarzinom-Patienten zu identifizieren.

Dafür wurde kanzerogenes und gesundes Gewebe von 30 Männern in verschiedenen Erkrankungsstadien untersucht. Das Ergebnis der Studie ist zukunftsweisend und wird in weiterer Folge dazu beitragen, bösartige Veränderungen sowie den Verlauf von Tumoren und Metastasen besser beobachten und kontrollieren zu können. Internationale Anerkennung bekam die Arbeit durch die Veröffentlichung im renommierten American Journal of Human Genetics.

„Somatische Mutationen im gesamten mitochondrialen Genom stehen in Zusammenhang mit erhöhten PSA Werten bei Patienten mit Prostatakarzinom“ – so lautet der Titel einer international anerkannten Studie einer Forschungsgruppe rund um PD Dr. Anita Kloss-Brandstätter, Sektion für Genetische Epidemiologie am Department für Medizinische Genetik. Mitochondrien, die „Kraftwerke“ der Zellen, sind Zell-Organellen mit eigener Erbsubstanz, der mitochondrialen DNA (mtDNA). ‚ „Somatisch“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass nur bestimmte Zellen, nämlich Tumorzellen, von der Mutation betroffen sind, sodass die Mutation nicht in Keimbahnzellen auftritt.

Die Wissenschaftler fanden anhand von Gewebsuntersuchungen heraus, dass spezifische mitochondriale DNA-Mutationen eine wichtige Rolle im Krankheitsverlauf von Prostatakarzinomen spielen können.

Unterschiedliche Erbmaterial-Sequenzen

Das Forschungsteam untersuchte krankes sowie gesundes Gewebe von 30 an Prostatakarzinom erkrankten Männern. Der Fokus lag sowohl in der Bestimmung der Häufigkeit als auch in der Beschreibung der potentiellen Konsequenzen von somatischen, also tumor-spezifischen mtDNA-Mutationen. Kloss-Brandstätter und ihren KollegInnen ist es gelungen, hier verschiedene genetische Veränderungen zu identifizieren. Mittels Sequenzieren des gesamten mitochondrialen Genoms konnten sie ein weites Mutationsspektrum zeigen. Das überraschendste Ergebnis der Studie ist der Zusammenhang zwischen somatischen tRNA-Mutationen und PSA-Werten. „Bei Patienten mit einer somatischen tRNA-Mutation haben wir signifikant höhere PSA-Werte beobachtet als bei Patienten ohne somatische tRNA-Mutation“, führt Dr. Kloss-Brandstätter aus. „Wir konnten zeigen, dass Mutationen der mtDNA einen Einfluss auf einen wichtigen Verlaufsparameter des Prostatakarzinoms ausüben. Weitere Forschungsarbeiten werden detaillierten Aufschluss über die Art und Weise des Einflusses geben“, so die Genetikerin. Das ist die erste Studie weltweit, die das gesamte mitochondriale Genom bei Gewebe mit Prostatakarzinom im Vergleich zum gesunden Gewebe derselben Person mit einer so genannten ‚superior sequencing‘ Strategie durchgeführt hat, einem effizienten Messverfahren für die mtDNA.

Prostatakarzinom: der häufigste Tumor bei österreichischen Männern

Das Prostatakarzinom zählt zu den meist verbreiteten Krebserkrankungen sowohl in Europa wie in den USA. Mit 24 % aller Krebserkrankungen bei Männern ist das Prostatakarzinom der häufigste Tumor bei österreichischen Männern. Jährlich erkranken in Österreich im Durchschnitt 3700 Männer an Prostatakrebs, 1100 Männer versterben daran. Das Feststellen des PSA-Wertes, des so genannten prostataspezifischen Antigens, ist die bekannteste Vorsorgeuntersuchung bei Männern ab dem 50. Lebensjahr. Das PSA ist ein durch die Vorsteherdrüse (Prostata) freigesetztes Eiweiß. Je nach festgestelltem Wert dient es als Indikator für ein mögliches Prostatakarzinom. Die PSA-Wert-Bestimmung wird mittels einer Blutanalyse vorgenommen und erfordert keinen Eingriff. Bei erhöhten PSA-Werten wird im Anschluss eine Biopsie (Gewebsentnahme) durchgeführt, um das Vorliegen des Karzinoms diagnostizieren zu können. Die Therapiemöglichkeiten bestehen aus einem operativen Eingriff, Bestrahlung oder Chemotherapie. „Gerade aufgrund der hohen Zahl an Betroffenen ist es besonders wichtig, die Erkrankung genau zu verstehen. Deshalb ist die Erforschung von genetischen Varianten beim Prostatakarzinom sowie seiner primären Biomarker (Indikatoren für Krankheiten) essentiell für noch effizientere, zukünftige Diagnose – und Therapievarianten“, erklärt die Studienleiterin Dr. Anita Kloss-Brandstätter.

Details zur Medizinischen Universität Innsbruck

Die Medizinische Universität Innsbruck mit ihren rund 1.800 MitarbeiterInnen und ca. 2.800 Studierenden ist gemeinsam mit der Universität Innsbruck die größte Bildungs- und Forschungseinrichtung in Westösterreich und versteht sich als Landesuniversität für Tirol, Vorarlberg, Südtirol und Liechtenstein. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden drei Studienrichtungen angeboten: Humanmedizin und Zahnmedizin als Grundlage einer akademischen medizinischen Ausbildung und das PhD-Studium (Doktorat) als postgraduale Vertiefung des wissenschaftlichen Arbeitens. Neu im Studienplan ab Herbst 2011 ist das Bachelor-Studium der Molekularen Medizin.

Die Medizinische Universität Innsbruck ist in zahlreiche internationale Bildungs- und Forschungsprogramme sowie Netzwerke eingebunden. In der Forschung liegen die Schwerpunkte im Bereich der Molekularen Biowissenschaften (u.a. bei dem Spezialforschungsbereich „Zellproliferation und Zelltod in Tumoren“, Proteomik-Plattform), der Neurowissenschaften, der Krebsforschung sowie der molekularen und funktionellen Bildgebung. Darüber hinaus ist die wissenschaftliche Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck in der hochkompetitiven Forschungsförderung sowohl national auch international sehr erfolgreich.

Fachliche Rückfragen:
Priv.-Doz. Dr. Anita Kloss-Brandstätter
Sektion für genetische Epidemologie
Department für Medizinische Genetik,
Molekulare und Klinische Pharmakologie
Medizinische Universität Innsbruck
Schöpfstr. 41, 6020 Innsbruck, Österreich
Tel: +43-512-9003-70569; Fax: -73561
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