Passivrauch erhöht den Stress

Wer viel Zigarettenrauch einatmet, ist anfälliger für Stressbelastung – egal ob er selbst Raucher ist oder nicht. Das behaupten Forscher vom University College London in den „Archives of General Psychiatry“. Nichtraucher leiden laut den Erhebungen dann häufiger unter Stress, wenn sie viel Passivrauch abbekommen.

„Bei Rauchern steigt das Stressrisiko um 200 Prozent, bei Nichtrauchern mit viel Passivrauch-Aussetzung um 50 Prozent gegenüber Menschen, die keinem Passivrauch ausgesetzt sind“, berichtet Studienleiter Mark Hamer im pressetext-Interview.

Untersucht wurden repräsentative Daten von über 8.000 Rauchern und Nichtrauchern mittleren Alters, die in der Vergangenheit keine psychischen Erkrankungen gezeigt hatten. Ein Fragebogen erhob die Stressbelastung und ein Speicheltest zeigte die Konzentration von Cotinin, das als Nikotin-Abbauprodukt verlässlich über Rauch-Aussetzung Auskunft gibt. Sechs Jahre später prüfte man außerdem, ob die Untersuchten in Zwischenzeit in einer psychiatrischen Klinik behandelt worden waren.

Relevant für Gesundheitssystem

Negative Stressbelastung war insgesamt bei jedem Siebten anzutreffen. Aktive Raucher waren dabei am öftesten vertreten, Nichtraucher um die Hälfte häufiger, wenn ihre Cotininwerte zwischen 0,7 und 15 Mikrogramm pro Liter lagen als wenn sie kein Cotinin aufwiesen. Dieselbe Reihung ergab sich bei den 41 Personen, die im Beobachtungszeitraum erstmals in psychiatrische Kliniken eingewiesen wurden. „Der Zusammenhang von Passivrauch und erhöhtem Stressrisiko ist zwar nur mäßig stark, auf gesellschaftlicher Ebene jedoch sehr relevant“, erklärt Hamer.

Welche Mechanismen im Körper dahinter stehen, konnte die Beobachtungsstudie nicht klären. Hamer geht jedoch davon aus, dass Nikotin den Dopamin-Stoffwechsel im Zentralnervensystem beeinträchtigt und somit zur Depressionen beitragen kann. „Bisher gibt es noch wenige eindeutige Beweise dafür. Bei Mäusen weiß man etwa, dass sie eher depressiv werden, wenn sie Nikotin ausgesetzt sind.“ Bei Passivrauch habe man früher mit wenig verlässlichen Selbstberichten der Probanden gearbeitet. „Durch die Verwendung des Cotinin-Biomarkers in großen Bevölkerungsgruppen sind die Ergebnisse nun objektivierbarer“, so der Studienleiter.

Weitere Forschung nötig

Mit Vorsicht beurteilt Michael Musalek, Psychiater und Suchtforscher am Anton-Proksch-Institut http://www.api.or.at die Ergebnisse. „Rauchen kann sich zwar auf das Gehirn auswirken, psychische Effekte sind jedoch bisher nur bei Nikotin-Dosierungen bekannt, die beim Passivrauch bei weitem nicht erreicht werden“, so der Experte gegenüber pressetext. Bevor man Rückschlüsse ziehe, seien weitere Überprüfungen notwendig.

Abstract der Originalstudie unter http://archpsyc.ama-assn.org/cgi/content/short/2010.76v1?rss=1

Media Contact

Johannes Pernsteiner pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.ucl.ac.uk

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer