Motorik ist eine Frage des Einkommens

Benachteiligung zeigt sich bei Kindern auch in motorischen Problemen. Das berichten Forscher der Ohio State University in der Zeitschrift „Research Quarterly for Exercise and Sport“. Sie untersuchten 500 Kinder in den USA aus sozio-ökonomisch benachteiligten Familien mit standardisierten Testmethoden für Motorik und Objektkontrolle. Bei 86 Prozent der Untersuchten zeigte sich eine verzögerte Entwicklung. „Haben Kinder motorische Rückstande, machen sie nur ungern Sport und Bewegung. Dadurch werden sie eher übergewichtig“, warnt Studienleiter Jackie Goodway.

Hüpfen und Werfen als Problem

Untersucht wurden einerseits motorische Fähigkeiten wie Laufen, Hüpfen und Galoppieren sowie die Objektkontrolle, für die das Werfen, Fangen, Dribbeln oder Rollen Ausschlag geben. Mädchen schnitten bei der zweiten Gruppe der Kontrollübungen erwartungsgemäß schlechter ab als Buben. Die Kinder stammten aus staatlichen Sozialprogrammen, die meisten auch aus Familien mit afro-amerikanischer oder lateinamerikanischer Herkunft. Das Ergebnis sei jedoch für alle sozial benachteiligten Kinder aussagekräftig, behaupten die Studienautoren.

Heinz Krombholz vom Staatsinstitut für Frühpädagogik http://www.ifp.bayern.de untersucht die motorische Entwicklung bei Kindern in Deutschland. „Kinder mit sozialer Benachteiligung sowie auch Kinder mit Migrationshintergrund sind tatsächlich etwas schlechter in der Motorik und in der sportlichen Leistung, vergleicht man sie mit Gleichaltrigen aus mittleren sozialen Schichten. Das betrifft auch das Übergewicht und die Gesundheit allgemein“, so der Psychologe gegenüber pressetext.

Förderung und freies Spiel wichtig

Als Ursache dieses Rückstandes sehen die US-Forscher, dass arme Stadtviertel weniger Kinderspielplätze und Parks als reiche haben und zudem unsicherer sind. Sozial benachteiligte Kinder würden in der Freizeit somit eher vor dem Fernseher hocken. „In den Städten Westeuropas sind diese Unterschiede weit weniger ausgeprägt als in den USA“, betont Krombholz. Seine Erklärung für motorische Probleme geht in Richtung fehlender Förderung. „Benachteiligte Kinder lernen erst später Radfahren und Schwimmen und sind zudem seltener im Sportverein.“

Noch in der 80er-Jahren habe die Wissenschaft genau das Gegenteil angenommen, berichtet Krombholz. „Man vermutete damals, dass sozial Benachteiligte motorisch besser entwickelt sind, da sie mehr unbeaufsichtigt spielen dürfen. Das nimmt heute ab.“ Dieses freie Spiel sei für die Motorik von Kindern ebenso wichtig, werde heute im Kindergarten jedoch immer mehr zurückgedrängt. „Die Bewegungsförderung bessert sich ständig, doch ist das Kindergarten-Programm heute oft bereits zu voll für freies Umhertollen.“

Auch Schulleistung betroffen

Erfahrungen zeigen, dass Fortschritte in der Motorik die Aufnahmefähigkeit eines Kindes verbessern (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/100225004/). Zudem dürften Bewegungsübungen im Klassenzimmer direkt für bessere Lese- und Rechenleistung beitragen (siehe: http://pressetext.com/news/090401035/ ). Ein spezielles Alter, in der motorische Förderung stattfinden soll, gibt es laut Krombholz nicht. „Rückstände können in jeder Kindheitsphase aufgeholt werden. Wenn die Förderung erst in der Pubertät geschieht und bereits Übergewicht im Spiel ist, wird es jedoch schwer“, so der Münchner Experte.

Media Contact

Johannes Pernsteiner pressetext.deutschland

Weitere Informationen:

http://www.osu.edu

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