Kunst des Wartens schon im Kindesalter sichtbar

Schon als Kind zeigen Menschen, wie gut sie sich später unter Kontrolle haben. Das konnten US-Psychologen anhand des berühmten „Marshmallow-Tests“ beweisen.

„Die Fähigkeit zur Selbstregulation bestimmt in hohem Ausmaß, wie sich Menschen entwickeln. Wer sie besitzt, hat bei den exekutiven Funktionen sowie bei der Lernleistung die Nase vorne und produziert weniger Stresshormone“, erklärt Sabine Kubesch vom Transferzentrum für Neurowissenschaft und Lernen der Universität Ulm gegenüber pressetext.

Der „Marshmallow-Test“ aus den 60er-Jahren gehört zu den bekanntesten Experimenten der Psychologie. Forscher um Walter Mischel platzierten damals die Süßigkeit vor vierjährigen Kindern und stellten ihnen zur Wahl, entweder den Marshmallow sofort zu essen oder später einen zweiten zu bekommen, falls sie der Versuchung widerstehen konnten. Dieser Belohnungsaufschub gelang einigen Kindern, anderen hingegen nicht. Der Test und dessen Folgebeobachtungen waren Grundlage für die Erforschung der Selbstregulation.

Aus Hänschen wird Hans
Die Teilnehmer der Studie – damals Vorschulkinder, inzwischen erwachsene Mittvierziger – wurden nun noch einmal zu einem ähnlichen Versuch eingeladen.

Statt Marshmallows zeigten ihnen die Forscher Gesichter am Computer, wobei sie bei Bildern glücklicher Gesichter einen Knopf drücken sollten. Da Menschen andere gerne fröhlich sehen, drücken viele bei dieser Aufgabe auch dann den Knopf, wenn sie dies nicht tun sollten.

Das Ergebnis: Genau jene, die einst vor Marshmallows kapituliert hatten, taten dies nun auch vor den Gesichtern.

„Der Persönlichkeitszug der Selbstkontrolle ist auffallend konstant – von der frühen Kindheit bis zum Erwachsenenalter“, so das Resümee von Studienleiterin B.J. Casey vom Sackler Institute in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“. Als sie das Experiment nochmals im Gehirnscan wiederholte, stellten sie in zwei Regionen des Großhirns – im präfrontalen Kortex und im ventralem Striatum – Unterschiede je nach Grad der Selbstregulierung fest. Hier ist also die Fähigkeit des Wartenkönnens verortet.

Viel Übung macht den Meister
Auch Kubesch sieht die Selbstregulierung als Merkmal der Persönlichkeit. Zum Vorschein komme es in Situationen, in denen man Bedürfnisse hinten anstellt, auf Belohnungen wartet oder Impulse kontrolliert. Die Grundlage ist genetisch beeinflusst, doch auch das Lernen bestimmt die Ausprägung mit (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20110126023 ). „Um Selbstregulation zu entwickeln, braucht man nicht nur Bewusstsein dafür, sondern auch viele Gelegenheiten des Einübens“, so die Expertin.

Erziehung, Strukturen, klare Regeln oder auch Rituale fördern die Selbstregulierung, wobei besonders Eltern, Kindergärten und Schulen gefordert sind. Pionier in der schulischen Vermittlung ist die kanadische Hawn Stiftung http://thehawnfoundation.org . „Sie vermittelt Kindern und Jugendlichen, dass sie einen Geist haben und diesen auch pflegen müssen. Das geschieht durch Atem-, Aufmerksamkeits- und Achtsamkeitsübungen“, berichtet Kubesch. In Deutschland leistet bisher das Programm „Fex“ http://znl-fex.de Vorarbeit.

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Johannes Pernsteiner pressetext.redaktion

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