KPMG-Umfrage: "Kleine" Mittelständler fühlen sich von Kreditinstituten vernachlässigt

Banken und Sparkassen vernachlässigen bei ihrem Geschäft die Bedürfnisse von kleinen mittelständischen Unternehmen mit bis zu fünf Millionen Euro Umsatz. Das ist bemerkenswert, da diese Unternehmen über 95 Prozent der Unternehmenslandschaft in Deutschland repräsentieren.

Viele „Mittelstandsbanken“ versäumen damit in Zeiten der Finanzkrise die Chance, ihre Risiken im kleinteiligen Geschäft breiter zu streuen und lassen zudem relevante Ertragspotenziale ungenutzt. Das sind die wesentlichen Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts forsa unter 1.000 „kleinen“ mittelständischen Unternehmern in Deutschland im Auftrag von KPMG.

Am wichtigsten für ihre Bankbeziehung bezeichnen die befragten Mittelständler „gegenseitiges Vertrauen“ (71 Prozent). 61 Prozent sind „Flexibilität und unbürokratisches Verhalten“ sehr wichtig. Fast die Hälfte aller befragten Unternehmer (44 Prozent) wählt „Rückhalt in schwierigen finanziellen Situationen“ als entscheidendes Qualitätskriterium für eine gute Bank. Unter den Firmenkunden, die in der Hausbank den Kreditgeber sehen, sind es sogar 59 Prozent. Mit deutlichem Abstand folgen unter allen Befragten eine „gute Beratung“ (28 Prozent) und „guter Service“ (22 Prozent). Konditionen und Gebühren haben aus Sicht mittelständischer Unternehmer für die Qualität einer Bankbeziehung nur eine untergeordnete Bedeutung.

„Beratung“ bislang kein geeignetes Differenzierungsmerkmal

Die Umfrage zeigt, dass eine Bankberatung so, wie sie bisher angeboten wird, kaum geeignet ist, um sich vom Wettbewerb abzuheben. Erst eine schlechte Beratung wird zum Geschäftsverlagerungsgrund, wobei Bankwechsel allerdings selten sind. Fast zwei Drittel der Unternehmen sind schon länger als zehn Jahre Kunde bei der Bank, mit der sie noch heute am intensivsten zusammenarbeiten – im Normalfall bezeichnen sie diese Bank auch als „Hausbank“. Bernhard Sauer, Partner im Bereich Financial Services bei KPMG: „Doch die Hausbanktreue scheint in nicht wenigen Fällen eher durch Frustrationstoleranz als durch Geschäftspartnerschaft geprägt zu sein. Die Hälfte der Unternehmen unterhält für geschäftliche Finanzen mehr als eine Bankverbindung – oft aus taktischen Gründen. Allein in den letzten zwei bis drei Jahren haben 30 Prozent der „kleinen“ Mittelständler neue Bankbeziehungen eröffnet.“

„Hausbank“ nicht gleich „Kreditgeber“

Neun von zehn befragten Firmenkunden bekennen sich zu einer „Hausbank“. Entgegen einem verbreiteten Missverständnis ist „die Hausbank“ für Mittelständler keineswegs automatisch „der Kreditgeber“. Noch nicht einmal die Hälfte nimmt Kredite komplett bei der Hausbank in Anspruch. Als einen Grund gibt jeder vierte Unternehmer an, bei seiner Hausbank bewusst bestimmte Kreditgrenzen nicht überschreiten zu wollen. Ohnehin sieht nur jeder Zehnte (9 Prozent) eine Hausbank-Beziehung durch die Kreditaufnahme definiert. Dagegen ist „Hausbank“ für über 40 Prozent der Unternehmen durch eine „persönliche Beziehung“ zu einem festen Ansprechpartner charakterisiert.

Fast die Hälfte der Kreditkunden würde lieber „ein paar Prozentpunkte mehr“ an Sollzinsen zahlen, bevor die Gefahr besteht, gar keinen Kredit zu bekommen. Darüber hinaus sind fast 40 Prozent aller Befragten derzeit ohnehin nicht an Krediten interessiert. Klaus Ott, Partner im Bereich Financial Services bei KPMG: „Bei vielen stehen die Bankdienstleistungen fürs Tagesgeschäft im Vordergrund, gebündelt im Geschäftsgirokonto als der Liquiditätssteuerungsplattform des kleinen Mittelständlers. Bankfachliche Kompetenz, für die in diesem Zusammenhang von Kundenseite Bedarf angemeldet wird, bezieht sich auf Themen des Liquiditätsmanagements oder auch der Risikofrüherkennung.“

Unterschiedliche Erwartungen von Banken und Kunden

Nur ein Drittel der Unternehmer gesteht seinem Kundenbetreuer vorbehaltlos zu, dass er bei den Kreditkonditionen das unternehmerische Risiko des Firmenkunden „richtig“ einzuschätzen weiß. Im Hinblick auf die Kreditvergabe ist nur ein gutes Drittel der Kreditkunden mit dem Entscheidungsspielraum ihres Betreuers bei der Bank zufrieden. Drei Viertel aller befragten Unternehmer sind der Ansicht, dass Banken zu viele Sicherheiten vom Kreditnehmer verlangen. Bernhard Sauer: „Viele Mittelständler werten dies nicht nur als Misstrauen gegenüber ihrer Person und damit als Störung des gesamten Vertrauensverhältnisses zwischen Unternehmen und Bank. Sie zweifeln auch die Wirtschaftlichkeit des Verhältnisses und der Prozesse an.“

Das gleiche gilt für die Wahrnehmung des Banken-Rating-Procedere: Für knapp drei Viertel der Unternehmer mit Basel II-Erfahrung steht der Aufwand, der für sie mit einem Rating oder Scoring verbunden ist, in keinem akzeptablen Verhältnis zum Nutzen. Und insgesamt 70 Prozent der Firmenkunden stimmen prinzipiell zu, dass ein gutes Rating weniger über die Qualität ihres Unternehmens aussagt, sondern vielmehr Resultat einer gelungenen Präsentation ist. Zudem geben über drei Viertel der Unternehmen an, dass sie bei der Bilanzgestaltung oder bei Rating-relevanten Finanztransaktionen ohnehin eher gemäß steuerlichen – oder auch anderen – Motiven handeln.

Fazit:
Klaus Ott: „Kleine Mittelständler fühlen sich von Banken vernachlässigt. Viele fragen sich, was sie eigentlich davon haben, dass sie den Banken regelmäßig ihre Finanzdaten liefern, und würden auch gerne wissen, was mit all diesen Informationen geschieht. Unsere Gesprächspartner wünschen sich, dass `die Banker´ ihre Tools – hier wurden insbesondere die Rating-Systeme erwähnt – und das Wissen, das sie ja so umfassend über den Firmenkunden haben, mehr zugunsten des Kunden einsetzen.“
Thomas Blees
Stellv. Leiter Unternehmenskommunikation
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Klingelhöferstraße 18, D-10785 Berlin
Tel +49 30 2068-1408
Mobil +49 174 338 32 39
Fax +49 1802 11991-0104
mailto:tblees@kpmg.com

Media Contact

Thomas Blees KPMG

Weitere Informationen:

http://www.kpmg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer