Wachstumsstarke Energieversorger lösen Übernahmewelle aus

Eine Studie des Management-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleisters Accenture und der Jacobs University Bremen (vormals International University Bremen) prognostiziert: Wachstumsstarke Energieversorger lösen eine Übernahmewelle aus. Wie die Untersuchung zeigt, war schon in den vergangenen Jahren nennenswertes Wachstum ohne Akquisitionen nicht möglich. Besondere Herausforderungen für profitables Wachstum liegen laut Erhebung in der strategischen Unternehmensentwicklung, bei Produkt- und Prozessinnovationen, sowie in der Fähigkeit, auf Veränderungen im Markt zu reagieren. Darüber hinaus erwarten die befragten Manager den Markteintritt von internationalen Energieversorgern, branchenfremden Unternehmen und Finanzinvestoren. Für die Studie „Value Creator III“ wurden die Erfolgsfaktoren und die Zukunftsfähigkeit von 116 Energieversorgern in Deutschland, Österreich und der Schweiz untersucht.

Energiemanager erkennen Handlungsdruck

Nach Einschätzung der befragten Manager gewinnen in den kommenden Jahren gerade solche Einflussfaktoren an Bedeutung, die auf einen härteren Wettbewerb hindeuten. Dazu zählt der Markteintritt durch internationale Energieversorger, ein stärkeres Interesse von Finanzinvestoren sowie eine gestiegene Wechselbereitschaft bei den Privatkunden. Um diesen Marktveränderungen zu begegnen, sehen die Befragten Defizite in den eigenen Unternehmen vor allem in drei Bereichen: Bei der strategischen Unternehmensentwicklung, Produkt- und Prozessinnovationen sowie der Fähigkeit der Mitarbeiter, sich erfolgreich auf Veränderungen einzustellen. „Die positive Entwicklung der Profitabilität in den vergangenen Jahren bei stabil leicht über zehn Prozent ist ganz wesentlich durch den effizienteren Einsatz des Vermögens begründet und wurde nicht in erster Linie durch einen Margenanstieg erzielt“, sagt Prof. Dr. Andreas Bausch von der Jacobs Universität Bremen und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Die in den kommenden Jahren anstehenden Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen stellen insofern eine besondere wirtschaftliche Herausforderung dar. Sie werden den Ergebnis- und Handlungsdruck deutlich verstärken.“

Zwei Marktszenarien: „Kampf um Kunden“ und „Ausnutzen der Infrastruktur“

Die Autoren der Studie sehen künftig zwei grundsätzliche Marktszenarien, in denen sich Energieversorger erfolgreich positionieren können. Im Szenario „Kampf um Kunden“ sind das Endkundengeschäft sowie marktbezogene Faktoren der Dreh- und Angelpunkt für eine nachhaltig wettbewerbsfähige Positionierung. Zunehmend anspruchvollere und wechselbereite Privatkunden müssen durch ein professionelles Kundenbeziehungsmanagement an den jeweiligen Energieversorger gebunden werden. Im zweiten Marktszenario, dem „Ausnutzen der Infrastruktur“, dominieren ressourcenbezogene Faktoren wie beispielsweise die Energieerzeugung oder die Netze. Optimaler Kapitaleinsatz und die effiziente Ausschöpfung vorhandener Kapazitäten sind hier erfolgskritisch.

Die Schere zwischen den Besten der Branche und den Nachzüglern geht weiter auseinander

Ein Vergleich der Profitabilität für den Zeitraum 2003-2005 zeigt, dass die 20 besten Unternehmen der Energieversorgungsbranche im Durchschnitt um 19,2 Prozent profitabler sind als der Durchschnitt der 20 schlechtesten. Dieser Wert betrug in den Jahren 1999-2001 noch 16,7 Prozent. Die Schere geht weiter auseinander. Dynamik und Heterogenität der Branche wachsen. Damit werden Management-Entscheidungen zunehmend wichtig. Die Handlungsoptionen sind vielschichtiger geworden; die mit strategischen Entscheidungen verbundenen Risiken schwerer kalkulierbar. Die Autoren der Studie sehen 36 Prozent der untersuchten Unternehmen „gefangen“ und in ihrer Existenz bedroht – solange sie nicht ihre Geschäftsmodelle anpassen und sich klarer im Wettbewerbsmarkt Energie positionieren.

Mittelgroße Energieversorger in der Wachstumsfalle

Der scheinbare Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Unternehmenserfolg zieht sich wie ein roter Faden sowohl durch praxisorientierte Handlungsempfehlungen als auch durch wissenschaftliche Untersuchungen. Wirtschaftliche Größenvorteile prägen die Diskussion. Die Studie zeigt für die Energieversorgungsbranche ein anderes Bild: Kleinere Versorger sind erfolgreicher als die mittelgroßen Unternehmen der Branche. Letztere konnten von ihrer Größe offenbar nicht profitieren und sehen sich durch die zunehmende Größe auch mit der wachsenden Komplexität der Geschäftsprozesse konfrontiert. Zieht man die großen Energieversorger in die Betrachtung mit ein, ergibt sich dann allerdings wieder ein positiver Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Erfolg: „Die großen Spieler der Branche unterscheiden sich deutlich durch eine andere Struktur der Wertschöpfung“, sagt Dr. Torsten Schumacher, Geschäftsführer im Bereich Energieversorgungswirtschaft bei Accenture. „Sie profitieren von den Übertragungsnetzen, umfangreichen Kraftwerkparks und ihren internationalen Aktivitäten.“

Mäßige Profitabilität im europäischen Vergleich

Gerade den großen Energieversorgern wird zunehmend vorgeworfen, dass sie einerseits Rekordgewinne einfahren und gleichzeitig insbesondere Haushaltskunden mit Preissteigerungen belasten. Ein Vergleich der großen Unternehmen aus verschiedenen europäischen Ländern zeigt allerdings, dass sich die Profitabilität der großen Energieversorger aus Deutschland in den Jahren 2000-2005 im unteren Drittel bewegt. Es zeigten sich zahlreiche Indikatoren, so Andreas Bausch, dass die großen Unternehmen bereits auf dem Weg sind, ihr strategisches Profil den Herausforderungen eines zunehmend europäisch integrierten Marktes anzupassen. Andreas Bausch weiter: „Strategische Profilschärfung geht kurzfristig zu Lasten der Ergebnisqualität, soll aber gerade nachhaltige Wettbewerbsvorteile schaffen.“

Profitables Wachstum durch M&A möglich

Aufgrund begrenzter Möglichkeiten für organisches Wachstum sind Unternehmenszukäufe und -fusionen (M&A) von höchster strategischer Relevanz für die Branche. Eine Analyse der M&A-Transaktionen der mittleren Unternehmen ergibt, dass die Profitabilität stabil gehalten werden konnte. Torsten Schumacher: „Die beteiligten Unternehmen haben ihre Integrationshausaufgaben offensichtlich so gut gemacht, dass es im Großen und Ganzen keine spürbaren Ergebniseinbrüche in den Jahren nach der jeweiligen Transaktion gegeben hat.“

Restrukturierung lohnt sich

Gerade in den Anfangsjahren der Liberalisierung haben zahlreiche Energieversorger ihre Mitarbeiterzahl reduziert – sozialverträglich und mittels Vorruhestandsregelungen und nicht, wie in anderen Branchen üblich, durch betriebsbedingte Kündigungen. So haben in den Jahren 1999-2002 insgesamt vier von fünf der untersuchten Unternehmen, die in der Vergangenheit keine Zukäufe getätigt haben, Personal abgebaut – in Summe 9.600 Mitarbeiter, was 10 Prozent der damaligen Belegschaft entspricht. Berücksichtigt man den zeitlichen Verzug, schlägt sich dieser Personalabbau in gestiegener Profitabilität für die Jahre 2004-2005 nieder. „Inzwischen haben manche Energieversorger allerdings an empfindlichen Stellen wertvolles Know-how verloren und müssen dieses wieder systematisch aufbauen“, sagt Torsten Schumacher.

Integration von Strom und Gas steigert Erfolg

Unternehmen mit einem zunehmenden Umsatzanteil von Strom und Gas weisen eine deutlich höhere Rentabilität auf. Dieser positive Erfolgszusammenhang hat sich in den vergangenen Jahren weiter verstärkt. Die Integration von Strom und Gas zahlt sich offenbar aus. Dies liegt an Synergien, die auf Handelsseite und im Vertrieb gehoben werden können. So werden beispielsweise Bündelungseffekte im Handel erzielt sowie Kostenvorteile durch den gemeinsamen Betrieb von Kundenbetreuungszentren und Abrechnungssystemen erreicht.

Weitere Ergebnisse der Studie

1. Die Energieversorger haben sich mit einer durchschnittlichen Profitabilität von 10,4 Prozent für den Zeitraum 2003-2005 positiv entwickelt.

2. Länderspezifische Ergebnisunterschiede bestehen weiter. Die höchste Profitabilität verzeichnen mit durchschnittlich 13,3 Prozent die Energieversorger aus der Schweiz. Sie profitieren von der geographischen Lage als Knotenpunkt und dem länderübergreifenden Stromaustausch sowie von kostengünstigen Wasserkraftwerken. Die österreichischen Energieversorgungsunternehmen erzielten nach der Schweiz zwar das zweithöchste Umsatzwachstum, aber mit einem Wert von 5,1 Prozent die geringste Profitabilität. Deutliche Senkungen der Netznutzungsentgelte haben im Zuge der Aktivitäten des Regulators ergebniswirksame Spuren hinterlassen.

3. Die Kundenstruktur beeinflusst maßgeblich Erfolg und Umsatzwachstum. Ergebnisrelevant ist insbesondere ein hoher Privatkundenanteil.

4. Ein hoher Anteil an Eigenerzeugung ist kein Garant für Erfolg.

Methodik der Studie

Für die Studie „Value Creator III“ wurden zum einen die Ergebnisentwicklung von 113 mittleren und drei großen Energieversorgern (je 11 aus Österreich und der Schweiz, 94 aus Deutschland) in den Jahren 1999 bis 2005 untersucht. Zum anderen befragten Accenture und die Jacobs University Bremen (vormals International University Bremen) 131 Führungskräfte von Energieversorgungsunternehmen in den deutschsprachigen Ländern nach den Erfolgsfaktoren ihrer Branche.

Informationen zu Accenture:

Accenture ist ein weltweit agierender Management-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister. Mit dem Ziel, Innovationen umzusetzen, hilft das Unternehmen seinen Kunden durch die gemeinsame Arbeit leistungsfähiger zu werden. Umfangreiches Branchenwissen, Geschäftsprozess-Know-how, internationale Teams und hohe Umsetzungskompetenz versetzen Accenture in die Lage, die richtigen Mitarbeiter, Fähigkeiten und Technologien bereitzustellen, um so die Leistung seiner Kunden zu verbessern. Mit über 152.000 Mitarbeitern in 49 Ländern erwirtschaftete das Unternehmen im vergangenen Fiskaljahr (zum 31. August 2006) einen Nettoumsatz von 16,65 Milliarden US-Dollar.

Media Contact

Mirko Alexander Lück presseportal

Weitere Informationen:

http://www.accenture.de

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