Mit Flexibilität zurück zur Spitze: RUB-Studie zum Banking vorgestellt

Mit Flexibilität zurück zur Spitze

Finanzmarktforum: Vom Fußball lernen
RUB-Forscher stellen Branchenstudie vor

Wie im Fußball, so im Banking: Leistungssteigerungen sind für deutsche Banken nur mit einem modernen Spielsystem möglich. Insbesondere mehr Flexibilität ist gefragt, um die Kreativitätspotenziale der Spieler – der Bankmitarbeiter – abzurufen. Das ist ein zentrales Ergebnis einer Branchenstudie, die Prof. Dr. Stephan Paul vom Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft der RUB (ikf) heute auf dem 5. Finanzmarktforum in Bochum vorgestellt hat.

Prominente Gäste

Auf dem Finanzmarktforum, veranstaltet vom Bochumer ikf und der Wochenzeitung „Die Zeit“, diskutierte die Spitze der deutschen Kreditwirtschaft mit der des Fußballs. Zu Gast waren Oliver Bierhoff, der Teammanager der deutschen Nationalmannschaft, Erwin Staudt, Präsident des VfB Stuttgart, sowie Martin Blessing, Vorstandsmitglied der Commerzbank AG, und Joachim Strunk, Pressesprecher und WM-Koordinator der Postbank AG.

Fitness verbessern

Auch die deutsche Kreditwirtschaft scheine die schwerste Krise der Nachkriegszeit langsam zu bewältigen, doch die „Laktatwerte“ deuteten darauf hin, dass ihre Fitness noch deutlich verbessert werden müsse, so Prof. Paul. Das Bochumer ikf hat gemeinsam mit dem Team „Testentwicklung“ (Fakultät für Psychologie der RUB) über 1.000 Mitarbeiter von Banken und Sparkassen bundesweit online befragt. Mehr als 100 Items auf einer Skala von 0 („stimme ich nicht zu“) bis 100 („stimme ich voll zu“) beantworten die Befragten. Die daraus gezogene Stichprobe verteilt sich gleichmäßig über die Banksektoren (Großbanken, Sparkassen, Volksbanken/Raiffeisenbanken, Sonstige). Zwei Drittel der Befragten sind Sachbearbeiter und Fachkräfte, ein Drittel Führungskräfte, sie arbeiten zu zwei Dritteln im Kunden- und Produktbereich und zu einem Drittel im Stabs- und Betriebsbereich.

Positive Grundeinstellung

Die Grundeinstellung der befragten Banker sei positiv, so die Studie: Die Befragten attestieren sich selbst ein hohes Engagement, sie sehen sich selbst überwiegend in einer „offensiven Spielposition“ und fühlen sich für ihre Arbeit ausreichend bezahlt. Allerdings zeigt die Studie auch deutlich, dass Banken die Kreativität ihrer Mitarbeiter wesentlich stärker als bisher nutzen müssen. Mitarbeiter beklagen signifikant, dass ihre Ideen abgebremst, nicht in die Tat umgesetzt werden und vergeben im Hinblick auf die Innovationskraft der jeweiligen Bank „erschreckend niedrige“ 50 Punkte im Schnitt – die Spannbreite liegt allerdings zwischen 40 bei den Sparkassen und bis zu 74 Punkten bei den befragten Mitarbeitern der Großbanken.

Flexibler auflaufen und spielen

„Um die Kreativitätspotenziale abzurufen, ist mehr Flexibilität erforderlich“, so Prof. Paul. Die Bankmitarbeiter sehen die Strukturen des Hauses in nennenswertem Maße als „verkrustet“ an, beklagen die Dominanz der Bürokratie und die starke Ausprägung der Hierarchie (bei Volksbanken jeweils fast 70 Punkte). Inflexibilitäten zeigten sich insbesondere bei der Gestaltung der Arbeitszeit, so die Studie, wobei wiederum die Großbanken den Wünschen der Mitarbeiter schon am weitesten entgegen kämen.

Aufbruch durch Einbindung

Kritisch sehen die befragten Mitarbeiter auch die mangelnde Transparenz von Entscheidungen in den Kreditinstituten: Der Informationsfluss zwischen den Abteilungen wird mit über 60 Punkten als bei weitem nicht ausreichend beschrieben; die Mitarbeiter fühlen sich zu spät informiert („erst dann, wenn die Spatzen es schon den Dächern pfeifen“) und können die Entscheidungen vielfach nicht nachvollziehen. „Ohne eine entsprechende frühzeitige Einbindung und Orientierung der Mitarbeiter aber kann es auch keinen Aufbruch geben“, sagt Prof. Stephan Paul.

Auf dem Platz unterfordert

„Vor allem aber zeigt sich in dramatischer Weise eine Unterforderung der Mitarbeiter.“ Obwohl sie die ausgeübten Tätigkeiten als „ausgesprochen interessant“ bezeichnen, beklagen sie mehrheitlich: „Ich werde weit unter meinen Fähigkeiten eingesetzt.“ Der Wunsch nach anspruchsvolleren Aufgaben ist sehr groß, man sucht mehr Möglichkeiten, die eigenen Fähigkeiten einzubringen. In den Augen der Mitarbeiter besitzt die eigene Weiterentwicklung im Unternehmen deshalb auch nur eine 50:50-Chance.

Modernes Spielsystem

„Im Banking wie im Fußball: Nachhaltige Performancesteigerungen sind für deutsche Banken nur mit einem moderneren Spielsystem möglich“, resümierte Prof. Paul auf dem Bochumer Finanzmarktforum. „Die Spieler besitzen die dazu notwendigen Potenziale in den Bereichen Kreativität, Innovation und Initiative, aber die Barrieren, die ihrer Nutzung entgegenstehen, müssen abgebaut werden. Der Ball liegt daher bei den Bankleitungen“, so Paul.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Stephan Paul, Dr. Stefan Stein, ikf, Ruhr-Universität Bochum, Tel. 0234/32-25344, E-Mail: stefan.stein@rub.de

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Dr. Josef König idw

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