Geisteskrankheit weltweit zu wenig behandelt

Über 60.000 Menschen in 14 Ländern untersucht

Eine weltweit angelegte Studie über Geisteskrankheiten ist zu dem Resultat gekommen, dass Geisteskrankheit weit verbreitet ist und zu wenig behandelt wird. Die Studie wurde von der Weltgesundheitsorganisation WHO gemeinsam mit der Harvard Medical School durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im Journal of the American Medical Association veröffentlicht, berichtet die New York Times (NYT) in ihrer Mittwochsausgabe.

Untersucht wurden insgesamt 14 Staaten, acht reiche wie die USA, Deutschland oder Japan und sechs ärmere oder arme wie Kolumbien, Nigeria oder China. Der wirtschaftliche Status der Länder wurde in der Studie miteinbezogen. 60.643 Interviews mit Erwachsenen wurden durchgeführt, von denen jedes 90 Minuten dauerte. Es wurde nach vielen Arten mentaler Krankheiten wie zum Beispiel Depression, Drogenmissbrauch, Platzangst, Bulimie oder Panikattacken gefragt.

Es stellte sich heraus, dass bis zu fünf Prozent der Bevölkerung der meisten Staaten schwerwiegende Geisteserkrankungen aufweisen. Zwischen neun und 17 Prozent der Befragten gaben an, im Vorjahr ein mehr oder weniger schwerwiegendes geistiges Problem gehabt zu haben.

Weltweit gesehen fehlen Menschen aufgrund von Geisteskrankheit genauso oft am Arbeitsplatz wie Menschen, die einen Herzinfarkt erleiden oder an Krebs erkranken, heißt es in der Studie. „Das Ausmaß der Beeinträchtigung der Menschen durch geistige Krankheiten hat uns verwundert: mehr als einen Monat war es den betroffenen Befragten nicht möglich, zur Arbeit zu kommen“, sagte Ronald C. Kessler, Hauptautor der Studie.

In armen Ländern wurden 80 Prozent der Fälle nicht behandelt, auch wird dort anders mit dem Problem umgegangen. So geben Frauen in Nigeria nicht an, selbst von Geisteskrankheit betroffen zu sein, erwähnen jedoch, dass ihre Mütter daran gelitten haben. Im Chinesischen gibt es kein eigenes Wort für Depression, es wird das Wort Traurigkeit verwendet.

In reichen Ländern wurden zwischen 35 und 50 Prozent der Fälle nicht behandelt. Es wurden sowohl Behandlungen durch Psychologen, Psychiater, praktische Ärzte, aber auch durch Geistliche, Schamanen und Kräuterheiler berücksichtigt.

Die Ergebnisse früherer Studien waren wenig aussagekräftig. Kessler gibt jedoch zu, dass auch die Methodik der Studie noch verbessert werden muss. So kommt die Studie zum Schluss, dass 26 Prozent der US-Amerikaner, jedoch nur vier Prozent der Chinesen und fünf Prozent der Nigerianer unter Geisteskrankheiten leiden. Ein anderes Beispiel ist der Alkoholkonsum: Niederländer sind laut Studienergebnissen 30 Mal häufiger von Alkoholproblemen betroffen als Italiener und vier Mal häufiger als Franzosen.

18 Prozent der US-Amerikaner, zwölf Prozent der Franzosen und zehn Prozent der Kolumbianer leiden an Angstzuständen, in Nigeria und China sind es nur drei Prozent der Bevölkerung. „Man gewinnt den Eindruck, dass Nigeria das Paradies ist, aber ich weiß, dass es dort Flüchtlingslager gibt, wo Menschen Zuflucht suchen, die aufgrund ethnischer Gewalt an posttraumatischem Stresssyndrom leiden“, ergänzte Kessler in der NYT.

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Verena Erhart pressetext.austria

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