Warum werden manche Raucher rückfällig und andere nicht?

Wissenschaftler der Raucherambulanz des Instituts für Klinische Psychologie und Psychotherapie der TUD und des Universitätsklinikums forschen seit einiger Zeit gemeinsam in einem Kompetenznetzwerk, um die Raucherentwöhnung weiter zu verbessern.

Die Gewichtszunahme und der Rückfall nach dem Ende der Behandlung sind für einige Raucher ein erhebliches Problem, wenn sie an einer Raucherentwöhnung teilnehmen. In zwei Forschungsprojekten werden die Ursachen für diese Probleme untersucht, um die Behandlungsprogramme besser als bisher gestalten zu können.

Studie 1 befasst sich mit der Gewichtszunahme
Nach fünf Jahren, so eine andere Studie, bringen etwa jede fünfte Ex-Raucherin und jeder zwölfte Ex-Raucher mindestens 20 Prozent mehr auf die Waage als vor dem Nikotinentzug. Viele ehemalige Raucher führen diese Effekte auf ein spürbar gesteigertes Appetitgefühl zurück, das sie deutlich mehr essen lässt. Das motiviert viele abstinente Raucher, wieder zur Zigarette zu greifen, um nicht dick zu werden. Auch ist diese Problematik für viele ein Grund, eine Entwöhnung vom Tabak gar nicht erst zu versuchen. Das im Januar gestartete Forschungsvorhaben soll Erkenntnisse liefern, wie sich künftig die Gefahr einer Gewichtszunahme bei einer Raucherentwöhnung senken oder ausschließen lässt.
Studie 2 untersucht mögliche Faktoren, die das Risiko für einen Rückfall erhöhen.

Bis heute besteht das Problem, dass ein Teil der Teilnehmer an Raucherentwöhnungs-programmen zwar Abstinenz erreicht, aber nach einiger Zeit wieder rückfällig wird. Die genauen Ursachen dafür sind wenig erforscht. Die Studie soll mögliche Faktoren für Erfolg und Misserfolg untersuchen, um darauf aufbauend die Raucherentwöhnungs-maßnahmen durch individuellere Gestaltung verbessern zu helfen.

Im Rahmen beider Studien ist die Untersuchung von 200 Raucherinnen und Rauchern vor und nach dem Rauchstopp sowie drei beziehungsweise sechs Monate danach vorgesehen. Dazu bieten die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit der Raucherambulanz der TU Dresden eine Entwöhnungsbehandlung an. Dieser Kurs basiert auf dem Rauchfrei-Therapieprogramm, dessen gute Erfolgsquote wissenschaftlich belegt ist. Teilnehmer des Programms zeigen zehnfach höhere Erfolgschancen als im „Alleinversuch“.

Die Relevanz für Tabak-Abstinenz liegt auf der Hand. Auch nach vielen Jahren des Rauchens mindert eine Entwöhnung die gesundheitliche Belastung deutlich.

Nach einer britischen Studie verliert jeder Raucher statistisch gesehen zehn Jahre seines Lebens. Doch für einen Rauchstopp ist es nie zu spät: so kann ein 40jähriger, der mit dem Rauchen aufhört, im Durchschnitt neun Jahre an Lebenserwartung zurückgewinnen. Wer zwischen dem 25. und dem 34. Lebensjahr seine Sucht erfolgreich bekämpft, erreicht statistisch gesehen die Lebenserwartung eines Nichtrauchers. Doch die positiven Effekte eines Rauchstopps setzen schon viel früher ein: Schon nach 20 Minuten sinken Puls und Blutdruck auf normale Werte. Nach 24 Stunden geht das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, leicht zurück. Nach zwei Tagen beginnen die Nervenzellen, sich zu regenerieren; Geruchs- und Geschmacksorgane verfeinern sich. Und schon nach fünf Jahren Tabakabstinenz verringert sich das Risiko, an Lungenkrebs zu sterben, fast um die Hälfte.

Hintergrundinformation zu Studie 1
Mit Hilfe der funktionellen Kernspintomographie wollen die Forscher der Sektion Systemische Neurowissenschaften an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums untersuchen, welche neuronalen Systeme im menschlichen Gehirn die Appetit regulierenden Wirkungen des Rauchens vermitteln. Vermutlich spielen Veränderungen von Hormonsystemen eine Rolle. Endokrinologische Studien zeigen, dass Rauchen und Nikotinzufuhr, sowie Abstinenz wichtige Auswirkungen auf die Appetit regulierenden Peptidhaushalte – beispielsweise von Leptin, Insulin und Ghrelin – haben. Das könnte die Gewichtszunahme nach dem Rauchstopp erklären. Wissenschaftler nehmen an, dass Leptin und Insulin die Fettspeicher des Körpers überwachen und Ghrelin den Energiebedarf des Körpers anzeigt. Nikotinzufuhr beeinflusst alle drei Hormone ebenso wie ein Rauchstopp. Während der Studie soll bei den Probanden deshalb die Konzentration dieser Peptide mittels Blutuntersuchungen gemessen werden. Außerdem ist bekannt, dass Informationen über Hunger und Sättigung im Hypothalamus verarbeitet werden, eine Region im Zentrum des Gehirns. Auch das Stirnhirn ist in die aktive Kontrolle des Essverhaltens involviert. Kaum bekannt ist aber, wie diese Gehirnstrukturen zusammenarbeiten. Auch dies soll in der aktuellen Studie erforscht werden. Dazu setzten die Wissenschaftler die funktionelle Kernspintomographie ein, mit deren Aufnahmen sich die ständig verändernden Aktivitäten einzelner Hirnregionen gut feststellen lassen.
Hintergrundinformation zu Studie 2
In der Erforschung des Rückfalls nach einem Rauchstopp sind die Prozesse der Informationsverarbeitung von besonderem Interesse. Ganz besonderes Augenmerk verdient die erhöhte Aufmerksamkeit auf substanzbezogene Reize in der Umgebung, die Raucher oftmals aufweisen. Die Fragestellung ob eine verzerrte Aufmerksamkeit mit einem erhöhten Risiko für einen Rückfall in Zusammenhang steht, wird momentan von den Mitarbeitern der Professur für Suchtforschung am Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie untersucht. Die Rolle des Rauchstopps auf die Aufmerksamkeitsverzerrung sowie der Zusammenhang mit dem verspürten Verlangen nach einer Zigarette sollen ebenfalls untersucht werden, um zu erklären wie es zu einem Rückfall kommt.

Informationen für Journalisten: Claudia Kufeld, Tel. 0351 463-39826, E-Mail: kufeld@psychologie.tu-dresden.de

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