Babys Temperament hat nur wenig Einfluss auf Abbruch von Studien

Daher müssen Säuglingsforscher, die bei ihren Studien Videos oder Fotos einsetzen, nicht befürchten, dass ihre Ergebnisse durch das persönliche Temperament der Babys beeinflusst oder gar verfälscht werden.

Zu diesem Zwischenergebnis kommt eine Langzeitstudie der Arbeitsgruppe um die Entwicklungspsychologin Professor Gisa Aschersleben. Die Forscherinnen untersuchen das soziale Verstehen und Wissen von Kindern in den ersten Lebensjahren. Über ihr Ergebnis berichten sie in der Fachzeitschrift „Infant Behavior & Development“.

Vorausschauend zu denken und ursächliche Zusammenhänge zu erkennen, ist Menschen nicht in die Wiege gelegt. Irgendwann in früher Kindheit erlernt der Mensch solche Fähigkeiten. Wann und wie dies geschieht, erforschen Entwicklungspsychologinnen am Lehrstuhl von Professor Gisa Aschersleben an der Saar-Uni.

In einer Langzeitstudie im Rahmen des Saarbrücker Kinderprojekts untersuchen sie, wie sich Kinder vom Säuglingsalter bis zum Alter von vier Jahren im Umgang mit ihrer Umwelt und vom Verstehen und Denken her entwickeln. Hierbei beobachten die Forscherinnen die Kinder und ihr Verhalten als Babys zum Beispiel in so genannten Blickzeitstudien, bei denen den Kindern kurze Videoclips gezeigt werden. Anhand des Blickverhaltens, wohin das Kind schaut und wie lange es ein Ereignis betrachtet, können die Wissenschaftlerinnen Rückschlüsse ziehen und zum Beispiel herausfinden, ob und ab wann ein Kind das Ziel einer bestimmten Handlung erkennt.

Bei den Säuglingsstudien fiel auf, dass sowohl bei Babys im Alter von sechs als auch von zwölf Monaten die Blickzeitaufgaben oft abgebrochen werden mussten, weil die Kinder quengelig wurden oder anfingen zu weinen. Andere Babys hingegen schauten die kurzen Filme interessiert an und blieben bis zuletzt bei der Sache. Hieraus entstand die Forschungsfrage, ob das Temperament der Babys – also die individuellen emotionalen und motorischen Eigenheiten wie Schüchternheit, Aktivität, Ängstlichkeit oder schnelle Reizbarkeit – bei solchen Blickzeitaufgaben Einfluss darauf hat, dass die Untersuchung abgebrochen werden muss: Steigen temperamentvolle Babys also generell früher oder öfter aus den Aufgaben aus? Da viele Säuglingsforscher in Blickzeitstudien mit Videos oder Fotos arbeiten, ist diese Frage von grundsätzlicher Bedeutung, zumal dies auch die Ergebnisse dieser Studien beeinträchtigen oder gar verfälschen könnte.

Die Entwicklungspsychologinnen Daniela Mink und Dr. Anne Henning aus dem Team von Professor Aschersleben befragten die Eltern von 80 am Kinderprojekt teilnehmenden Babys zum Temperament ihrer Kinder und werteten die Antworten aus. Ihr Ergebnis: Das Temperament der Babys hat nur sehr geringen Einfluss darauf, ob eine Studie abgebrochen werden muss. Auch ein von den Forscherinnen vermuteter Einfluss bei sehr aktiven Babys oder solchen, die generell auf Einschränkungen etwa in der Bewegungsfreiheit mit Unbehagen reagieren, bestätigte sich nicht. Hingegen spricht viel dafür, dass aufmerksame Babys länger durchzuhalten scheinen, was insbesondere bei den zwölf Monate alten Babys gilt. Außerdem zeigte sich, dass auch schon im ersten Lebensjahr das Temperament der Babys relativ gleich blieb.

Über ihr Ergebnis berichten die Wissenschaftlerinnen in der Fachzeitschrift „Infant Behavior & Development“.
http://authors.elsevier.com/sd/article/S0163638313000386

Kontakt:
Prof. Gisa Aschersleben Tel.:0681-302-3839 E-Mail: aschersleben@mx.uni-saarland.de
Diplompsychologin Daniela Mink: Tel.: 0681 302 3874
E-Mail: d.mink@mx.uni-saarland.de
Dr. Anne Henning Tel.: 0681 302 3863 E-Mail: a_henning@mx.uni-saarland.de

http://www.uni-saarland.de/entwicklungspsychologie

Hinweis für Hörfunk-Journalisten: Sie können Telefoninterviews in Studioqualität mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes führen, über Rundfunk-Codec (IP-Verbindung mit Direktanwahl oder über ARD-Sternpunkt 106813020001). Interviewwünsche bitte an die Pressestelle (0681/302-3610).

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Claudia Ehrlich Universität des Saarlandes

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