Weltraumbeobachtung mit Radar zur Sicherheit der Weltrauminfrastruktur für Deutschland

Das Weltraumbeobachtungsradar TIRA (links) und der Sendecontainer des Weltraumüberwachungsradars GESTRA (rechts), welches zurzeit für das Raumfahrtmanagements des DLR für das WRLageZ entwickelt wird. Fraunhofer FHR

Die »Verkehrssituation« im All ist angespannt: Neben unzähligen Satelliten umkreisen Weltraumtrümmer wie zum Beispiel ausgebrannte Raketenstufen und Bruchstücke von explodierten Raumfahrtobjekten die Erde. Diese verwandeln den Orbit zunehmend in einen Schrottplatz. Es gibt inzwischen etwa 20.000 Objekte welche mit einer Größe von mehr als zehn Zentimetern und einem Tempo von durchschnittlich 25.000 Kilometern pro Stunde um die Erde rasen.

Hinzu kommen 700.000 kleinere Objekte, die immer noch größer als ein Zentimeter sind. Durch ihre enorme Geschwindigkeit können auch diese Trümmerteilchen aktive Satelliten beschädigen oder zerstören. Besonders fatal: Weltraummüll vermehrt sich wie durch einen Schneeballeffekt. Stoßen zwei Partikel aufeinander, werden neue, kleinere Teilchen erzeugt. Ohne Gegenmaßnahmen nimmt der Schrott rapide zu und könnte Raumfahrt unmöglich machen.

Radar warnt vor Weltraummüll

Der Zusammenstoß zwischen einem Trümmerteil und einem Satelliten kann nur durch ein Ausweichmanöver verhindert werden. Allerdings sind Manöver dieser Art ressourcen- und zeitintensiv und möchten vom Betreiber nur bei echter Gefährdung des Satelliten durchgeführt werden. Um diese Gefährdung abschätzen zu können, ist einerseits eine möglichst vollständige Katalogisierung der Weltraumobjekte sowie die hochpräzise Bahnbestimmung der potenziellen Kollisionsobjekten notwendig. Beides kann durch Radarsysteme erfüllt werden.

Radar ermöglicht Schadensanalysen

Wenn der Kontakt zwischen dem Betreiber und seinem Satelliten ganz abbricht, kann eine Beschädigung des Satelliten durch Weltraummüll die Ursache sein. Mit abbildenden Radarsystemen können jederzeit unter anderem beschädigte Teile ermittelt und analysiert werden, da zwei wesentliche Vorteile von abbildenden Radarsystemen die Einsatzfähigkeit bei Tag und Nacht sowie die Wetterunabhängigkeit sind. Weiterhin ist die Auflösung des Radars, anders als bei optischen Systemen, entfernungsunabhängig. Somit können wichtige Informationen den Betreibern zeitnah zur Missionsunterstützung zur Verfügung gestellt werden.

TIRA: Hochgenaue Zielverfolgung und hochaufgelöste Abbildung von Weltraumobjekten

Mit dem Tracking and Imaging Radar TIRA verfügt das Institut in Wachtberg bei Bonn über ein System zur Weltraumbeobachtung, dessen Leistungsfähigkeit in Europa einmalig ist. Dieses System kombiniert eine hochdynamische 34-m Antenne mit einem hochpräzisen Zielverfolgungsradar (Tracking) im L-Band und einem hochauflösenden Abbildungsradar (Imaging) im Ku-Band.

Typische Aufgaben sind neben Bahnbestimmungen und Schadenanalysen die Identifizierung und technische Analyse von Satelliten. Dies wird ermöglicht durch die mit dem Abbildungsradar erzeugten Radarbilder, die sich durch eine hohe radiometrische und räumliche Auflösung auszeichnen.

Anhand der mit TIRA gewonnen Radardaten können darüber hinaus alle Phasen von Weltraummissionen unterstützt werden, von der Start- über die operationelle bis zur Wiedereintrittsphase.

Bei ihren Arbeiten fokussieren sich die Forscher auf die Weiterentwicklung von Technologien, Verfahren und Algorithmen, um mit Radar möglichst viele Informationen über alle Weltraumobjekte – von aktiven Satelliten bis Weltraummüll– zu sammeln.

GESTRA: Weiträumige Weltraumüberwachung mit Leading-edge-Technologie

Für eine lückenlose, kontinuierliche Überwachung des Weltraums ist noch ein anderer Typ von Radar notwendig. »Sogenannte Phased Arrays, elektronisch gesteuerte Gruppenantennen, sind in der Lage den erdnahen Weltraum rund um die Uhr großräumig zu überwachen. Mittels elektronischer Strahlschwenkung können sie ihre Blickrichtung im Bruchteil einer Sekunde verändern«, erklärt Helmut Wilden, Projektleiter GESTRA (German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar).

Mit einer elektronisch schwenkbaren Antenne basierend auf neuester Halbleitertechnologie, die innerhalb von Millisekunden riesige Bereiche am Himmel abscannen kann, arbeitet das neue Weltraumüberwachungsradar GESTRA, welches das Fraunhofer FHR im Auftrag des Raumfahrtmanagements des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zurzeit entwickelt. Der Sensor besteht aus einer Sende- und einer Empfangseinheit, die jeweils in einem 18 m x 4 m x 4 m großen Container integriert wurden. Durch die kompakte Bauweise ist GESTRA ein mobiles System, welches an beliebige Standorte transportiert werden kann.

Wenn es 2019 in Betrieb geht, wird es erstmals aus Deutschland möglich sein großflächig die Trümmerpopulation im erdnahen Weltraum (in Bahnhöhen von 300 km und 3000 km) zu überwachen. Durch einen kontinuierlichen Betrieb wird so ein Katalog der Weltraumtrümmer im erdnahen Bereich entstehen. Diese neue Datenbasis wird einen großen Einfluss auf die Weiterentwicklung und den Betrieb der Weltrauminfrastruktur von Deutschland und Europa haben.

Expertenwissen am Fraunhofer FHR

Neben dem Know-how, die Hardware für solche Systeme zu konzipieren, verfügt das Institut auch über das nötige Fachwissen zur Entwicklung zugehöriger Radarbetriebssteuerung. Eine weitere Kernkompetenz ist die Entwicklung komplexer Algorithmen für eine bestmögliche Signalverarbeitung der empfangenen Radardaten.

»Mit TIRA verfügt das Fraunhofer FHR über ein einzigartiges Radarsystem zur hochpräzisen Bahndatenbestimmung und Abbildung von Weltraumobjekten.“, unterstreicht Dr. Delphine Cerutti-Maori, Geschäftsfeldsprecherin Weltraum, „Indem mit GESTRA Objekte katalogisiert und mit TIRA im Einzelfall analysiert werden, könnten sich diese beiden Radarsysteme einander in Zukunft ergänzen.“

https://www.fhr.fraunhofer.de/ila-weltraumradar Weitere Bilder und die Pressemitteilung
https://www.fhr.fraunhofer.de/de/veranstaltungen/ila-berlin-2018.html Mehr zum Messeauftritt auf der ILA 2018 in Berlin

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Jens Fiege Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR

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