Größter Röntgenlaser der Welt erzeugt erstes Laserlicht

Erstes Laserlicht im European XFEL, aufgezeichnet vom Röntgendetektor am Ende des Tunnels. Bild: DESY

European XFEL-Geschäftsführer Prof. Robert Feidenhans’l sagte: „ Auf diesen großen Moment haben unsere Partner und wir viele Jahre lang hin gearbeitet. Der European XFEL hat das erste Röntgenlaserlicht erzeugt. Die Anlage, in der das Know-how und Bauteile aus vielen Ländern der Welt stecken, hat ihren ersten großen Test mit Bravour bestanden. Die beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei European XFEL, DESY und unseren Partnern weltweit haben hervorragende Arbeit geleistet. Dies ist auch ein großer Erfolg für wissenschaftliche Zusammenarbeit in Europa und darüber hinaus. Wir können nun damit beginnen, die Röntgenblitze über weltweit einzigartige Spiegel durch den letzten Tunnelabschnitt in die Experimentierhalle zu leiten und danach schrittweise die Experimentierstationen in Betrieb nehmen. Ich freue mich sehr auf den Start des internationalen Nutzerbetriebs, der für September geplant ist.“

Helmut Dosch, Vorsitzender des DESY-Direktoriums, sagte: „Der Europäische Röntgenlaser XFEL ist zum Leben erweckt worden! Mit dem ersten Laserlicht, das heute mit dem modernsten und leistungsstärksten Linearbeschleuniger der Welt erzeugt wurde, beginnt in Europa eine neue Ära der Forschung. Diese weltweit einzigartige Hightech-Anlage wurde in Rekordzeit und im gesetzten finanziellen Rahmen erbaut.

Dies ist ein grandioser Erfolg der Wissenschaft. Ich gratulieren allen, die mit Leidenschaft und Engagement an der Erforschung, Entwicklung und dem Bau dieser Anlage beteiligt waren, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von DESY, des European XFEL und den internationalen Partnern. Sie haben Herausragendes geleistet und eindrucksvoll gezeigt, was in internationaler Kooperation möglich ist. Der European XFEL wird uns gestochen scharfe Bilder des molekularen Aufbaus von neuen Materialien und Wirkstoffen und neuartige Live-Aufnahmen von biochemischen Reaktionen liefern.“

Das Röntgenlaserlicht des European XFEL ist extrem intensiv und milliardenfach heller als das von herkömmlichen Synchrotron-Lichtquellen. Die erreichbare Wellenlänge des Laserlichts entspricht in etwa der Größe von Atomen; man erreicht daher eine atomare Auflösung, mit der sich Bilder und Filme im Nanokosmos aufnehmen lassen – beispielsweise von Biomolekülen, die für die Entstehung von Krankheiten oder die Entwicklung von Therapien von Bedeutung sind.

Weitere Einsatzgebiete sind die Untersuchung von chemischen Prozessen und katalytischen Verfahren, mit dem Ziel diese zu verbessern oder umweltfreundlicher zu machen, Materialforschung oder die Untersuchung von Zuständen, wie sie im Inneren von Planeten herrschen.

Erzeugt wurde das European XFEL-Röntgenlicht mit einem Elektronenstrahl aus einem supraleitendenden Linearbeschleuniger, der Schlüsselkomponente des Röntgenlasers. Der Beschleuniger wurde von DESY, dem Hauptgesellschafter der European XFEL GmbH, bereits Ende April erfolgreich in Betrieb genommen.

In einem 2,1 Kilometer langen Beschleunigertunnel werden Elektronenpulse zunächst stark beschleunigt und für die spätere Erzeugung von Röntgenlicht vorbereitet. Mit annähernd Lichtgeschwindigkeit und sehr hoher Energie passierten die sehr intensiven Elektronenpulse nun erstmals in einem sich anschließenden Photonentunnel eine 210 Meter lange Strecke zur Röntgenlichterzeugung.

Hier wirken 17.290 Permanentmagnete abwechselnder Polung von oben und unten auf Elektronenstrahl ein. Die Magnete dieser als Undulator bezeichneten Anordnung bringen die Elektronenpakete auf einen engen Slalomkurs, auf dem sie in jeder Kurve extrem kurzwellige Röntgenstrahlung abgeben, die sich im Verlauf der Strecke lawinenartig verstärkt. Für das First Lasing wurde das Röntgenlicht kurz vor Erreichen der unterirdischen Experimentierhalle in Schenefeld im Tunnel aufgefangen und gemessen.

Der 3,4 Kilometer lange European XFEL ist der größte und leistungsfähigste von fünf Röntgenlasern weltweit, die kurzwelliges, hartes Röntgenlicht erzeugen können. Bis zu 27.000 Lichtblitze statt wie bisher maximal 120 pro Sekunde, eine extrem hohe Spitzenleuchtstärke und der gleichzeitige Betrieb an mehreren Experimentierstationen werden es Wissenschaftlern ermöglichen, auch sehr kleine Probenmengen zu untersuchen und die Experimente schneller durchzuführen.

So sparen sie unter anderem wertvolle „Strahlzeit“, die an Röntgenlasern wegen der weltweit begrenzten Kapazitäten so stark nachgefragt wird, dass diese in der Regel mehrfach überbucht sind.

Anfang September soll der Röntgenlaser offiziell eröffnet werden. Anschließend sollen externe Nutzer an den beiden ersten von zunächst sechs Experimentierstationen die ersten Experimente durchführen können.

Über DESY
Das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY ist das führende deutsche Beschleunigerzentrum und eines der führenden weltweit. DESY ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und wird zu 90 Prozent vom BMBF und zu 10 Prozent von den Ländern Hamburg und Brandenburg finanziert. An seinen Standorten in Hamburg und Zeuthen bei Berlin entwickelt, baut und betreibt DESY große Teilchenbeschleuniger und erforscht damit die Struktur der Materie. Die Kombination von Forschung mit Photonen und Teilchenphysik bei DESY ist einmalig in Europa. DESY ist Hauptgesellschafter des European XFEL und betreibt den supraleitenden Teilchenbeschleuniger der Forschungsanlage.

Über European XFEL
In der Metropolregion Hamburg wird mit dem European XFEL eine Großforschungsanlage der Superlative in Betrieb genommen: 27 000 Röntgenlaserblitze pro Sekunde und eine Leuchtstärke, die milliardenfach höher ist als die besten Röntgenstrahlungsquellen herkömmlicher Art, werden völlig neue Forschungsmöglichkeiten eröffnen. Forschergruppen aus aller Welt können an dem europäischen Röntgenlaser atomare Details von Viren und Zellen entschlüsseln, dreidimensionale Aufnahmen im Nanokosmos machen, chemische Reaktionen filmen und Vorgänge wie die im Inneren von Planeten untersuchen. Die European XFEL GmbH ist eine gemeinnützige Forschungsorganisation, die eng mit dem Forschungszentrum DESY und weiteren internationalen Institutionen zusammenarbeitet. Sie beschäftigt rund 280 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in der zweiten Jahreshälfte 2017 soll die Anlage den Nutzerbetrieb aufnehmen. Mit Kosten von 1,22 Milliarden Euro (Preisniveau 2005) für Bau und Inbetriebnahme und einer Länge von 3,4 Kilometern ist European XFEL eines der größten und ambitioniertesten europäischen Forschungsprojekte. Derzeit beteiligen sich elf Länder: Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Russland, Schweden, die Schweiz, die Slowakei, Spanien und Ungarn. Deutschland (Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein) trägt 58 Prozent der Kosten, Russland 27 Prozent. Die anderen Partnerländer sind mit ein bis drei Prozent beteiligt.

Mehr Informationen finden Sie unter www.xfel.eu/de

http://www.desy.de/aktuelles/news_suche/index_ger.html?openDirectAnchor=1222&… – Text und Bildmaterial

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Dr. Thomas Zoufal idw - Informationsdienst Wissenschaft

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