Extrem dünne Kristalle als Laser-Lichtquellen

Einlagige Kristalle (Bildmitte), die zwischen „Spiegeln“ platziert sind, lassen sich bei Raumtemperatur dazu bringen, Laserlicht zu emittieren.
Abbildung: Universität Oldenburg/AG Quantenmaterialien

Laser-Emission bei Raumtemperatur nachgewiesen: Halbleiter aus drei Atomschichten könnten Basis für neuartige Laser bilden. Das berichtet ein internationales Team unter Leitung von Physikern der Universität Oldenburg in der Zeitschrift Nature Communications.

Kristalle, die nur aus drei Lagen von Atomen bestehen, können bei Raumtemperatur Licht abstrahlen, das dem eines Lasers gleicht. Diese neuartigen Materialien haben damit das Potenzial, als Lichtquellen in miniaturisierten Schaltkreisen oder auch in zukünftigen Quanten-Anwendungen zum Einsatz zu kommen. Das berichtet ein internationales Team um die Oldenburger Physiker Dr. Hangyon Shan, Prof. Dr. Christian Schneider und Dr. Carlos Anton-Solanas in der Zeitschrift Nature Communications.

Bislang ließen sich vergleichbare Effekte nur im Vakuum und bei Temperaturen kurz über dem absoluten Temperaturnullpunkt erzeugen. „Der Übergang von diesen kryogenen Temperaturen zu Raumtemperatur bedeutet, dass diese zweidimensionalen Materialien viel interessanter für Anwendungen werden“, sagt Schneider, der an der Universität Oldenburg die Arbeitsgruppe Quantenmaterialien leitet.

Das Team nutzte für die Untersuchungen die Verbindung Wolframdiselenid. Dieser Stoff gehört zu einer Klasse von Halbleitern, die aus einem Übergangsmetall und einem der Elemente Schwefel, Selen oder Tellur bestehen. „Einlagige Kristalle dieser Halbleiter interagieren sehr stark mit Licht und gelten seit einiger Zeit als mögliche Basis für Mikro- und Nanolaser“, erläutert Anton-Solanas. Erst im Mai hatte dasselbe Team in der Zeitschrift Nature Materials berichtet, dass eine Schicht des Materials Molybdän-Diselenid bei tiefen Temperaturen Laser-Licht erzeugt.

Nun haben die Forscher den nächsten Meilenstein erreicht und den gleichen Effekt bei Raumtemperatur erzeugt. Die Laser-Emission beruht auf physikalischen Objekten, die gleichzeitig aus Materie und Licht bestehen – sogenannte Exziton-Polaritonen. Dabei handelt es sich um eine Kopplung zwischen Lichtteilchen und angeregten Elektronen. Diese Objekte entstehen, wenn Elektronen in Festkörpern in einen Zustand höherer Energie versetzt werden, zum Beispiel durch Laserlicht. Nach Bruchteilen einer Sekunde geben sie wieder ein Lichtteilchen ab. Wenn dieses zwischen zwei Spiegeln gefangen wird, kann es wiederum ein neues Elektron anregen – ein Zyklus, der sich fortsetzt, bis ein Lichtteilchen aus der Falle entkommt. Die so entstandenen Exziton-Polaritonen kombinieren interessante Eigenschaften von Elektronen und Lichtteilchen (Photonen).

Besonders interessant dabei: Wird die Anzahl der Exziton-Polaritonen groß genug, verhalten sie sich nicht länger als einzelne Teilchen, sondern verschmelzen zu einem makroskopischen Quantenzustand. Diese Verwandlung lässt sich anhand plötzlich ansteigender Lichtemission aus einer Probe nachweisen. Die erzeugte Strahlung hat wie das Licht eines Lasers nur eine einzige Wellenlänge, sie ist sozusagen einfarbig. Sie breitet sich zudem in eine bestimmte Richtung aus und ist in der Lage, so genannte Interferenzen auszubilden, eine Eigenschaft, die in der Physik Kohärenz genannt wird.

Um diesen Effekt für Wolframdiselenid nachzuweisen, stellte das Team zunächst weniger als einen Milliardstel Meter (Nanometer) dicke Proben des Halbleiters her und platzierte diese zwischen geeigneten Spiegeln. Anschließend stimulierten die Physiker die Kristalle mit Laserlicht und untersuchten die entstehenden Emissionen mit verschiedenen Verfahren. Dabei fanden sie starke Hinweise darauf, dass die Strahlung von Objekten stammen muss, die sowohl Eigenschaften von Licht als auch von Materie aufweisen. Sie schließen daraus, dass sich in dem Halbleiter tatsächlich Exziton-Polaritonen gebildet hatten. Zudem fanden die Forschenden Anzeichen dafür, dass diese Teilchen zu einem gemeinsamen makroskopischen Quantenzustand verschmolzen waren.

„Unsere Ergebnisse stützen die Hoffnung, dass zweidimensionale Materialien als Plattform für neuartige Nanolaser geeignet sind, die auch bei Raumtemperatur funktionieren – ein Ziel, das verschiedene Gruppen weltweit seit rund zehn Jahren verfolgen“, erläutert Schneider. Im Mai dieses Jahres hatte ein anderes Team ebenfalls Hinweise für kohärente Laser-Emissionen von Exziton-Polaritonen in einlagigen Kristallen bei Raumtemperatur entdeckt. „Das bestärkt uns darin, dass unsere Resultate korrekt sind“, sagt Anton-Solanas. Die starke Wechselwirkung zwischen Licht und zweidimensionalen Materialien hat überdies besondere Eigenschaften, die sie interessant für Schaltkreise macht, in denen Licht elektrische Ströme kontrollieren könnte.

Die aktuelle Arbeit ist das Resultat einer Kooperation der Oldenburger Forscher mit Kollegen von der Universität Jena, der Universität Würzburg, der Arizona State University (USA), der Westlake University (China) und des Nationalinstituts für Materialwissenschaften in Tsukuba (Japan).

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Carlos Anton-Solanas, Tel.: 0441/798-3718, E-Mail: carlos.anton-solanas@uol.de

Originalpublikation:

Hangyong Shan et al: „Spatial coherence of room-temperature monolayer WSe2 exciton-polaritons in a trap”, Nature Communications 2021, DOI: 10.1038/s41467-021-26715-9

Weitere Informationen:

http://uol.de/quantenmaterialien

Media Contact

Dr. Corinna Dahm-Brey Presse & Kommunikation
Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg

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