Rezept für eine Atomuhr

Eine PTB-Atomuhr im Braunschweigischen Landesmuseum

Man nehme Cäsium, Mikrowellen, Magnetfelder und ein Zählwerk, gebe reichlich Technik, handwerkliches Geschick und viel physikalisches Wissen hinzu. Nach diesem Rezept werden in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) Atomuhren gebaut, die zu den besten der Welt zählen. Eine von ihnen, die primäre Atomuhr CS4, ist nun ins Braunschweigische Landesmuseum umgezogen. In einer Dauerausstellung rund um CS4 können Interessierte erfahren, wie eine Atomuhr aufgebaut ist, woher Funkuhren die Zeit nehmen und warum es gut ist, dass man die Zeit so ungeheuer genau realisieren kann. Außerdem können Sie hier – und nur hier – einmal die Länge von Sekunde, Minute, Stunde und Tag verändern.

Genau 50 Jahre vor dem Eröffnungstag dieser Ausstellung, nämlich am 16. Juni 1955, setzte der Direktor des englischen National Physical Laboratory (NPL), E.C. Bullard, das Datum unter einen kurzen Artikel und schickte ihn an die renommierte Fachzeitschrift Nature. Er schlug darin vor, die Sekunde fortan neu zu definieren, und zwar auf der Grundlage der Eigenschaften von Cäsium-Atomen. Er hatte allen Grund für diesen Vorschlag: In derselben Ausgabe von Nature beschrieben seine Kollegen Louis Essen und John Parry, wie es ihnen gelungen war, eine Cäsiumuhr erstmals „ticken“ zu lassen. Damit hatten sie ihre Konkurrenten in den USA deutlich geschlagen, die erst ein Jahr später mit einer funktionsfähigen Uhr nachzogen.

Die Zeit war insgesamt reif für Atomuhren, deren „Pendel“ schneller schlugen als die der bis dahin besten Quarzuhren. Auch die PTB sprang – wegen der Nachkriegsprobleme etwas verspätet – auf den Zug auf, gehört aber heute zu den wichtigsten „Zeitmachern“ weltweit. Unter den 200 Atomuhren, die die Internationale Atomzeit (TAI) realisieren, spielen die PTB-Uhren eine führende Rolle.

In Deutschland ist die PTB die Lieferantin der gesetzlichen Zeit, die sie von ihren Atomuhren ableitet. Über den Langwellensender DCF77 in Mainflingen bei Frankfurt sendet sie Zeitsignale aus und jeder, der dies will, kann sie mit Hilfe einer Funkuhr empfangen und frei nutzen. Wie das funktioniert und wo die genaue Zeit von Atomuhren sonst noch gebraucht wird, erklärt die Ausstellung ebenso wie die Frage, warum die Sekunde so lang ist, wie sie ist (und nicht etwa länger oder kürzer). Wenn Sie die Ausstellung besuchen, können Sie im Angesicht der leibhaftigen Atomuhr CS4 (die übrigens eine Zwillingsschwester in der Atomuhrenhalle der PTB hat) darüber grübeln, ob man bei dieser Art Uhr überhaupt noch von einem „Pendel“ und von „Ticken“ sprechen darf.

Und wenn Sie dann zu den wirklich schwierigen Fragen kommen und darüber nachzudenken beginnen, was denn die Zeit überhaupt ist, dann befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Denn trotz vieler Erklärungsversuche (von denen Sie einige als Zitate in der Ausstellung finden) hat noch niemand eine zufriedenstellende Erklärung gefunden. Und so wurde es zum Motto dieser PTB-Ausstellung im Braunschweigischen Landesmuseum: „Was ist die Zeit? Wir wissen es auch nicht. Aber wir wissen, wie man sie macht.“

„Rezept für eine Atomuhr“ – eine Dauerausstellung der PTB im Braunschweigischen Landesmuseum am Burgplatz. Die Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr, Sa, So: 10:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Do: 13:00 Uhr bis 20:00 Uhr. Eintritt frei.

Media Contact

Dipl.-Journ. Erika Schow idw

Weitere Informationen:

http://www.ptb.de

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