Internationale Zusammenarbeit liefert Hinweise auf den Ursprung der Materie im Universum

Wo immer wir uns auch befinden, ein kurzer Rundumblick reicht aus, um zu bestätigen, dass sich unsere Welt aus Kernmaterie zusammensetzt, d.h. aus Protonen, Neutronen und Elektronen. Vor einiger Zeit haben Wissenschaftler jedoch Antimaterie-Teilchen entdeckt, die identisch mit den Materie-Teilchen zu sein scheinen mit Ausnahme der Tatsache, dass sie sich gegenseitig auslöschen, wenn sie sich in großer Nähe zueinander befinden.

Heute geht man davon aus, dass kurz nach dem Urknall Materie- und Antimaterie-Teilchen in gleichen Mengen vorhanden waren. Angesichts der Tendenz, sich gegenseitig auszulöschen, dürften eigentlich überhaupt keine Teilchen mehr übrig geblieben sein. Theoretiker argumentieren jedoch, dass aufgrund eines winzigen Unterschieds im Verhalten von Materie und Antimaterie, der als CP-Verletzung bezeichnet wird, pro Milliarde vernichteter Teilchen ein Materieteilchen überlebte – ein winziges Ungleichgewicht, das jedoch ausreichte, um das gesamte sichtbare Universum entstehen zu lassen.

Die genaue Ursache der CP-Verletzung ist immer noch nicht bekannt. Derzeit versuchen Hunderte von Wissenschaftlern weltweit, dieses Geheimnis zu lüften. Eine der größten Forschungskooperationen erzielte kürzlich einen wissenschaftlichen Durchbruch, indem ein fundamentaler Unterschied im Verhalten von Materie und Antimaterie nachgewiesen wurde, der die Suche nach der Antwort erheblich erleichtern könnte.

Das BABAR-Team ist eine Vereinigung von 600 Wissenschaftlern aus 75 Institutionen weltweit, unter anderem aus Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Russland und Großbritannien. Das Forschungsteam nutzt die Ausrüstung des Stanford Linear Acceleration Centre (SLAC) in den USA, um Elektronen mit den ihnen entsprechenden Antimaterie-Teilchen, den sog. Positronen, kollidieren zu lassen. Auf diese Weise werden Millionen Paare von Teilchen und Antiteilchen erzeugt, die sog. B-Mesonen und Anti-B-Mesonen. Diese Teilchenpaare zerfallen sehr schnell in leichtere subatomare Teilchen, z.B. Kaone und Pione, die von den Wissenschaftlern nachgewiesen werden können.

Marcello Giorgi vom italienischen nationalen Institut für Kernphysik und Sprecher des BABAR-Projekts, erläutert: „Wenn es keinen Unterschied zwischen Materie und Antimaterie gäbe, würden B-Mesonen und Anti-B-Mesonen exakt dasselbe Zerfallverhalten zeigen. Unsere neuen Messungen zeigen jedoch unterschiedliche Zerfallsraten.“

Mittels Analyse des Zerfallverhaltens von über 200 Millionen Paaren von B-Mesonen und Anti-B-Mesonen stellten die Forscher eine erstaunliche Asymmetrie fest. „In 910 Fällen zerfiel das B-Meson in ein Kaon oder Pion. Beim Anti-B-Meson war dies nur 696 Mal der Fall“, erläutert Giorgi. Damit wurde erstmalig eine derartige Asymmetrie durch einfaches Zählen der Fälle ermittelt, in denen B-Mesonen und Anti-B-Mesonen in das gleiche Endprodukt zerfallen. Dieser Effekt wird als direkte CP-Verletzung bezeichnet.

„Dies ist ein klarer, überzeugender Hinweis für eine direkte CP-Verletzung beim Zerfall von B-Mesonen, eine Art Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie, die zwar vermutet wurde, jedoch bislang nie nachgewiesen werden konnte“, fügte Christos Touramanis, Forschungsleiter des BABAR-Projekts an der Universität Liverpool, hinzu. „Mit dieser Entdeckung fügt sich der gesamte Komplex der Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie zu einem kohärenten Bild zusammen.“

Professor Ian Halliday, Geschäftsführer des britischen Particle Physics and Astronomy Research Council und einer der Gründer von BABAR, schlussfolgerte: „Wir wissen immer noch nicht genau, wie das von Materie dominierte Universum, in dem wir leben, entstanden ist. Dieses neue Ergebnis und die jüngsten verbundenen Messungen im BABAR-Projekt und in anderen Experimenten weltweit haben unser Wissen in diesem Bereich jedoch ein wesentliches Stück vorangebracht.“ Professor Halliday fügte allerdings hinzu: „In dieser grundlegenden Frage gibt es immer noch viel zu entdecken und zu lernen.“

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cn

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